Feiertagsdebatte

Religion ist Privatsache

Der Zentralrat der Muslime fordert zwei gesetzliche Feiertage für muslimische Mitbürger. Die Politik lehnt ab. In Sachen Feiertage ist sie jedoch weit entfernt von einer Trennung von Staat und Religion.

Von Emran Feroz Dienstag, 02.04.2013, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.04.2013, 8:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Zentralvorsitzende der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, fordert muslimische Feiertage, die gesetzlich festgelegt werden sollen. Konkret geht es dabei um einen Tag im Fastenmonat Ramadan und während des islamischen Opferfests. Da es mittlerweile üblich ist, dass derartige Diskussionen schnell ins Nachbarland überschwappen, wurde kurz danach derselbe Vorschlag auch seitens der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich vorgelegt.

Die Vertreter der Muslime in beiden Ländern würden eine solche Regelung als wichtige Integrationsmaßnahme sehen. Gesetzliche Feiertage werden in Österreich unter anderem auch von der jüdischen Kultusgemeinde gefordert. Aufgrund des Widerstandes seitens der österreichischen Wirtschaftskammer ist es jedoch bis jetzt nicht dazu gekommen.

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Im Falle der Forderung des Zentralrats der Muslime hört man jedoch ein weiteres Mal die altbewährten, populistischen „Argumente“. Deshalb stehen erneut Begriffe wie „Islamisierung“ oder „Überfremdung“ auf der Tagesordnung. Es war offensichtlich, dass Politiker wie Wolfgang Bosbach (CDU) wieder einmal behaupten, dass „der Islam in Deutschland keine Tradition habe“. Deshalb sieht der CDU-Politiker, der gerne Saudi-Arabien mit Deutschland vergleicht, dafür „weit und breit keine Notwendigkeit“.

Fakt ist jedoch, dass das gegenwärtige Feiertagsgesetz alle Nichtchristen benachteiligt. In Anbetracht der zahlreichen christlichen Feiertage, die im Gesetz verankert sind, kann diesbezüglich von einer „wahren“ Trennung von Religion und Staat keine Rede sein. Selbst wenn die Feiertage aller anderen Religionsgemeinschaften, nicht nur die von Muslimen und Juden, gesetzlich festgeschrieben wären, wäre es ungerecht gegenüber jenen, die keiner Religion folgen.

Religion ist Privatsache. Dies wird schon den Kindern in der Schule so vermittelt. Aus diesem Grund hat ein Kreuz im Klassenraum nichts zu suchen. Falls ein Kreuz hängt, sollte man fair genug sein und die Symbole der anderen Religionen, die in der Klasse vertreten sind, daneben platzieren. Aber auch dann gibt es Schüler, die konfessionslos sind. Deshalb sollte am besten gar nichts hängen.

Dasselbe gilt für religiöse Feiertage. Man sollte sie abschaffen und mehr Urlaubstage einführen. Dann kann sich jeder aussuchen, wann er freihaben will. Die Gründe dafür – ob nun christlich, muslimisch, jüdisch oder buddhistisch – haben dann niemanden mehr zu interessieren. Im Alltag ist das Ganze ohnehin kein großes Problem. Die meisten Firmenleiter, Lehrer und Universitätsprofessoren berücksichtigen die religiösen Feiertage des Arbeitnehmers, Schülers oder Studenten. Es ist wie gewohnt die Politik, die alles unnötig aufbauscht. Aktuell Meinung

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  1. Wolfram Obermanns sagt:

    Es gibt keine Trennung von Religion und Staat in D. Der einfache Grund dafür ist, daß der Begriff Religion nicht klar zu definieren ist.

    Das Recht kennt aber sehr wohl eine Trennung von Kirche und Staat. Diese Trennung ist nicht so fundamental wie sich das manche wünschen. Dabei wird regelmäßig übersehen, daß das GG grundsätzlich inkludierende Strukturen separierenden vorzieht. Ein Konstruktion mit der D bisher gut gefahren ist. Aus diesem Grund genießen übrigens auch andere weltanschauliche Vereinigungen diesselben Rechte wie Kirchen.

    Es wäre schön, wenn sich „aufgeklärte“ Autoren über die Rechtslage informieren und für sich die Begrifflichkeiten klären würden, bevor bevor sie publizieren.

  2. Rolf Kessler sagt:

    Erstmal sollte man die Kirchensteuer für Muslime einführen. DAS ist ungerecht! Oder zahlen die auch schon brav, wie jeder Christ es muss?

  3. Wendy sagt:

    Diesen Aufruf kann ich nur unterschreiben ! Wir brauchen keine christlichen, islamischen oder sonstwelchen Feiertage – die jetzigen „Feiertage“ werden auch von allen Religionen genutzt – also ist ads eh quatsh das zu differenzieren. Extra-Ramadan Feeirtag? Nonsens!

    Christi Himmelfahrt – ist Vatertag – und da sind auch sehr viele Muslime dabei wenn es ums Feiern geht (und ums trinken leider…)

  4. La sagt:

    @wendy und allen die diesem Artikel zustimmen

    Ganz im Ernst, wenn sie Toleranz von religiösen Menschen gegenüber Nichtreligiösen erwarten, dann bitte auch umgekehrt. Es ist schon schade wie wenig Respekt und Toleranz heutzutage Religionen allgemein gezollt wird. Man sollte so tolerant sein und allen wenigstens erlauben an ihren Ferien freizunehmen und wenigstens in der Hinsicht deren Feiertage offiziell anerkennen, ob man dann Feiertage für alle macht, ist eine andere Frage und da stehe ich neutral ohne Meinung dazu im Moment. Aber die Feiertage so gesetzlich anerkennen, dass die Gläubigen dass ausleben dürfen ist wohl das Mindeste, was auch definitiv im GG mehr als nur zugestanden wird!

  5. Wendy sagt:

    @La – und wie sollen wir das dann festmachen? Nehmen wir dann alle Religionen und alle Feiertage? oder von jeder ein bischen? ODer ermitteln wir das statistisch aus, jedes JAhr neu?

    Das ist doch unfug – wie gesagt – schon jetzt leben viele Menschen die Feiertage so aus wie sie es für richtig halten. Und dann gibt es auch noch viele Menschen die gar keine Wahl haben diese auszuleben, was ist mit denen?
    Sollen dann die „ungläubigen“ für die „gläubigen“ arbeiten gehen weil das wichtiger ist?
    Sie wollen sicher auch dass am 24.12 Strom und Wasser fließen, egal was passiert.

    Zudem haben sie den Artiikel glaube ich nicht korrekt verstanden – es geht darum, dass der Staat keine Vorgaben bzgl. religiöser Feste machen sollte. Das können die religiösen Menschen dann gerne selber entscheiden wie wichtig ihnen Weihnachten/Ramadan/Jom Kippur ist (und z.B. einfach URLAUB nehmen). Trotzdem sollte es eine gewisse Anzahl von Tagen geben an denen die Menschen als familie etwas machen können, ohne das jeder Urlaub nehmen muss.

    Relifgion ist Privatsache – fertig!

  6. Wolfram Obermanns sagt:

    @wendy
    Unabhängig davon, daß viele Menschen glauben „Religion ist Privatsache“, entspricht dies nicht geltendem Recht in D.

  7. Lynx sagt:

    @ Rolf Kessler
    Eine „Kirchensteuer“ für die Muslime ist nicht realisierbar, da es im Islam keine den christlichen Kirchen vergleichbare Institution gibt. Bei Einführung einer solchen Kirchensteuer würden sich viele Muslime als „ohne Religionszugehörigkeit“ registrieren lassen und trotzdem den Islam praktizieren und die Moscheen besuchen, während es für die Christen „außerhalb der Kirche kein Heil“ gibt. Von den meisten Salafiten wird dies, wie überhaupt Zusammenarbeit mit einem nichtislamischen Staat, als verwerfliche Neuerung oder sogar Götzendienst angesehen.
    Vielmehr ist der deutsche Staat gefordert, die gesetzlichen Grundlagen zur Erleichterung der Einrichtung und Führung von religiösen Stiftungen der Muslime zu schaffen, mit denen sie ihre Moscheen und sozialen Dienste und die Gehälter der darin Beschäftigten in Unabhängigkeit von ausländischen Organisationen finanzieren können.

    Die Feiertagsregelung in der BRD mit zwangsweiser Ladenschließung ist ein Unding. In den arabischen Ländern bedeutet Feiertag nur gesetzlich arbeitsfrei in Behörden, bzw. unterrichtsfrei in Schulen und Universitäten, oder ansonsten in großen Firmen mit zahlreichen Angestellten, während kleinere Geschäfte je nach Bedarf und Willen ihres Inhabers geöffnet oder geschlossen haben. Ich kann mich noch an die schreckliche Zeit erinnern, wo in der BRD die Geschäfte bereits um 18.30 Uhr nachmittags schlossen und von Samstag mittag bis Montag früh kein Brot zu bekommen war. Gerade nach dem Freitagsgebet wollen die Moscheegänger noch Einkäufe für das Mittagessen tätigen. Eine gesetzliche Ladenschlußregelung wegen Feiertag, wie am Sonntag in den christlichen Ländern, wäre hier eine Katastrophe für die Geschäftsinhaber.
    Ein Unding ist auch der Sonntag als offizieller Feiertag in der laizistischen Türkei, während der Freitag dort ein gewöhnlicher Werktag ist. Das hat mit der Trennung von Staat und Religion überhaupt nichts zu tun, sondern ist schlichtweg eine Repressalie der herrschenden Säkularisten gegen die muslimische Bevölkerungsmehrheit, um im öffentlichen Dienst Tätige, Schüler und Studenten usw. möglichst an der Verrichtung des pflichtmäßigen Freitagsgebets zu hindern.
    Die Feiertagsregelung je nach konfessioneller Mehrheit auf der Grundlage von Bundesländern scheint mir überholt. Es gibt immer mehr Bundesbürger die offiziell konfessionslos sind, und insbesondere die evangelischen Kirchen haben einen verhältnismäßig großen Mitgliederschwund, während nach der demographischen Entwicklung in wenigen Jahrzehnten in einigen Ballungszentren die Muslime die Bevölkerungsmehrheit stellen werden. Anstelle der Feiertagsregelung auf Länderebene wäre meines Erachtens eine solche auf regionaler, bzw. von Großräumen, angebrachter. Dann könnten die Muslime in den Ballungszentren mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit vielleicht schon in einigen Jahrzehnten mit der Vergabe von gesetzlichen Feiertagen berücksichtigt werden, während die bisherigen Regelungen in denjenigen Regionen derselben Bundesländer mit nur wenig muslimischer Bevölkerung bestehen blieben, falls bis dahin nicht eine überwiegend konfessionslose Mehrheit etwas anderes wünschte.

  8. Mathis sagt:

    @Lynx – Wenn der Schuh an so vielen Stellen gleichzeitig drückt, weiß man halt gar nicht, worüber man sich am meisten beschweren möchte.Mein Rat:Ziehen Sie sich am christlich inspirierten Sonntag die Decke über den Kopf und schauen Sie erst am Montag wieder hervor.Dann ist die Welt ja (zumindest bis Freitag) wieder in Ordnung.Wer viele „Druckstellen“ hat, sollte aber auch mal entspannt die Füße hochlegen. Das hilft auch.

  9. Christine B sagt:

    Grundsätzlich kann ich den Gedanken ja nachvollziehen, dass man sagt, man schaffe alle „religiösen“ Feiertage ab und bekommt dafür mehr Urlaub. Leider wird es in der Praxis nicht funktionieren. Denn hierzu wäre eine Gleichverteilung der unterschiedlichen Religionen in den einzelnen Betrieben notwendig oder eben eine entsprechende Separierung. Ich stelle mir grad vor: Ein Handwerksbetrieb mit 10 Mitarbeitern, einer davon ist Moslem, alle anderen Christen. Nun steht Weihnachten vor der Tür, alle wollen freimachen (nehmen also Urlaub) und der Moslem? Er feiert kein Weihnachten, würde also gern arbeiten, aber an den betreffenden Tagen will nur eine einzige Familie die Dienste der Firma in Anspruch nehmen, es handelt sich aber um Arbeit, die man zu zweit machen muss. Was ist nun? Ist der Arbeitgeber gezwungen seinen Mitarbeiter für die Tage irgendeine „Ersatzbeschäftigung“ zu geben? Soll er sich solidarisieren und Urlaub nehmen? Wird ein anderer Kollege gezwungen an Weihnachten zu arbeiten, damit der Auftrag erledigt werden kann?
    Es gibt sicher bestimmte Branchen, in denen es normal ist, dass man auch an Feiertagen mal arbeiten muss – wo vielleicht auch ein Christ „in der Ausübung seines Glaubens gehindert wird“. Man entscheidet sich ja (meist) recht bewusst für eine Tätigkeit. Ich sehe aber auch immer wieder, dass es manchmal zu einem regelrechten „Kampf“ ausartet, wenn es um die Urlaubsplanung geht. Ein Arbeitgeber muss jedem seiner Arbeitnehmer gerecht werden und so eine Balance zwischen den unterschiedlichen Urlaubswünschen finden. Je mehr Urlaubstage man hat, desto schwerer wird dieser Balanceakt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass damit jemanden geholfen ist.

    Zuletzt nehm ich mich selbst als Beispiel: Ich bin vor kurzem in eine Karnevalshochburg gezogen. Nachdem ich selbst ostdeutsche Wurzeln habe und im Norden Deutschlands aufgewachsen bin, kann ich mit Karneval nichts anfangen. Ich durfte trotzdem an Rosenmontag nicht arbeiten, es ist kein gesetzlicher Feiertag, aber er wird so behandelt, es gilt zur örtlichen Brauchtumspflege. Hat mit Religion nix zu tun, zeigt aber, dass es auch andere Fälle gibt. Die Mehrheitsgesellschaft ist nach wie vor christlich, danach richten sich die Feiertage. Ich denke, die wenigsten Personen anderer Religionen stören sich daran. Sie nehmen an ihren religiösen Feiertagen entsprechend Urlaub und die wenigsten Arbeitgeber stören sich daran. (Jedenfalls hoffe ich, dass es so ist)
    Nicht alles ist ein Politikum.

  10. Christine B sagt:

    P.S.: Ich hätte übrigens kein Problem damit, wenn bestimmte Feiertage „verschoben“ würden. Etwa Fronleichnam oder Himmelfahrt oder Pfingsten, die haben für mich keine größere Bedeutung, insofern könnten sie durchaus durch muslimische oder jüdische Feiertage ersetzt werden, wenn dadurch alle glücklicher wären :)