Kriegsflüchtlinge

Syrische Familien deutscher Staatsbürger

Im Syrienkrieg sind bereits 70.000 Menschen ums Leben gekommen, zwei Millionen sind auf der Flucht. Darunter auch engste Verwandte von deutschen Staatsbürgern. Trotzdem dürfen sie nicht in das sichere Deutschland. In einem Antrag fordern die Grünen Abhilfe.

Von Emran Feroz Donnerstag, 14.03.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.09.2014, 15:13 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der Krieg in Syrien tobt unaufhaltsam. Während die meisten Staaten dieser Welt längst Partei ergriffen haben und die jeweiligen Gruppierungen mit Waffen und Geld unterstützen, wird das Schicksal syrischer Kriegsflüchtlinge weitestgehend außen vor gelassen.

Während die Regierung Merkel zusammen mit zahlreichen weiteren westlichen Staaten die sogenannte „syrische Opposition“ anerkennt und ihre Vertreter auf der Münchner Sicherheitskonferenz fast schon mit Applaus empfangen hat, ist ein positiver Asylbescheid für den „einfachen“ Syrer an strenge Bedingungen geknüpft.

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Schafft es ein syrischer Staatsbürger nach Deutschland, beginnt auch schon der bürokratische Albtraum. Und es sind nicht wenige Betroffene: So hat sich laut Bundesinnenministerium die Anzahl syrischer Asylanträge im Jahr 2012 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Während 2011 gerade mal knapp 3.400 Syrer politisches Asyl beantragten, waren es ein Jahr später fast 8.000.

Und obwohl es offensichtlich ist, dass das Leben der Syrer gefährdet ist, ist es nicht selbstverständlich, dass Deutschland sie aufnimmt. Und die Behörden machen es selbst deutschen Staatsbürgern mit syrischem Migrationshintergrund schwer, die ihre Verwandten ins sichere Deutschland holen wollen. Selbst dann, wenn der Deutschlandaufenthalt des Familienmitglieds vollständig und garantiert finanziert wird.

Um dieser Praxis ein Ende zu setzen, haben die Grünen nun einen Antrag gestellt. Es müsse „in Bezug auf syrische Staatsangehörige dringend eine Lösung außerhalb der strengen Regelungen zum Familiennachzug gefunden werden“, heißt es darin. Angesichts der Doppelmoral, den die Bundesregierung bisher an den Tag gelegt hat, darf allerdings bezweifelt werden, dass sich etwas ändern wird.

Auf der einen Seite unterstützt der Westen – Deutschland inklusive – die „Freie Syrische Armee“ gegen Baschar al-Assad, eine zutiefst heterogene Gruppierung, die nicht nur extrem gewaltbereit, sondern auch von Terroristen, Söldnern und Bombenlegern infiltriert ist. Des Weiteren beteiligt sich Deutschland aufgrund des Patriot-Einsatzes aktiv am Syrienkonflikt. Deutsche Politiker warnen seit Monaten vor dem „bösen Despoten Assad“, der sein Volk „unterdrückt“ und „abschlachtet“. Man spricht von einer „Demokratisierung Syriens“. Auch das Wort „Frieden“ fällt nicht selten, während man gleichzeitig den Krieg unterstützt, bei dem nach Schätzungen der Vereinten Nationen bereits 70.000 Menschen getötet wurden.

Während man auf der einen Seite das syrische Volk „befreien“ will, will man auf der anderen Seite möglichst wenige Syrer im eigenen Land haben. Obwohl es nur allzu verständlich ist, dass ein Mensch vor einem Krieg so weit wie möglich flüchten will und Sicherheit sucht, stellt sich die deutsche Regierung in diesem Fall stumm und taub. Während man vorgibt, im Nahen Osten auf Menschenrechte und Demokratie zu setzen, wird man innerhalb der Landesgrenzen von sturen Bürokraten und Sachbearbeitern überrannt, die ja „nur ihren Job machen“.

Dabei hat jeder Mensch das Recht auf Asyl. Im Fall von Syrien steht dies außer Frage. Wenigstens das haben auch die deutschen Behörden erkannt, denn bis jetzt wurde kein Syrer abgeschoben. Dass der Familiennachzug allerdings so schwer wie möglich gestaltet wird, ist unverständlich. Wer hat das Recht zu entscheiden, welche Personen zur „Kernfamilie“ gehören dürfen und welche nicht? Wer hat das Recht zu behaupten, dass minderjährige Kinder ein Anrecht auf die Einreise haben, während dies für Eltern, meist schon im Greisenalter, nicht der Fall ist? Nach was für einem Maßstab wird gemessen? Gibt es diesen Maßstab überhaupt oder will man nur so wenig Flüchtlinge wie möglich aufnehmen?

Dass sich selbst deutsche Staatsbürger mit syrischen Wurzeln diese Fragen stellen müssen, ist mehr als beschämend. In diesem Fall kann man mit gutem Recht behaupten, dass der Pass nicht viel zu bedeuten hat. Andernfalls würde man die Familien von Menschen, die laut Papier „deutsche“ sind, in einem Krieg nicht ihrem Schicksal überlassen.

Deutschland und andere westliche Staaten mischen bei diesem Krieg mit. Entsprechend haben sie alle auch eine gewisse Verantwortung für jeden einzelnen syrischen Flüchtling zu tragen. Man darf sie weder abschieben, noch sich auf irgendeine Weise vor ihnen drücken. Sie müssen aufgenommen werden. Alles andere wäre Heuchelei.

Deshalb kann man nur hoffen, dass sich diesbezüglich so bald wie möglich etwas ändert. Es wäre wünschenswert, wenn die Bundesregierung den Antrag der Grünen ernst nimmt und richtig handelt. Das wäre die Aufnahme von allen Syrern, die Schutz in Deutschland suchen. Erst recht muss das für Familienmitglieder deutscher Staatsbürger gelten. Leitartikel Meinung

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