Abendgymnasium

Der Zweite Bildungsweg eine faire Chance für Viele

Es gibt viele Erfolgsgeschichten von jungen Erwachsenen, die ihr Abitur an einem Abendgymnasium machen. Diese Möglichkeit nutzen auch viele Migranten - aus unterschiedlichen Gründen aber mit dem selben Ziel: Sie wollen eine faire Zukunftsperspektive haben.

Von Hildegard Fuhrmann, Burgel Langer Dienstag, 24.07.2012, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.07.2012, 2:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die junge Iranerin musste ihr Abitur in Deutschland ein zweites Mal machen, weil ihr Abschluss aus dem Heimatland von den hiesigen Schulbehörden nicht anerkannt wurde. Auch die allein erziehende Mutter, die auf dem Gymnasium zweimal nicht versetzt worden war und dann die Schule ganz geschmissen hatte, holte ihr Abitur nach. Ebenso der Industriemechaniker aus Baden-Württemberg, der als Jugendlicher keine Empfehlung für das Gymnasium bekommen hatte, weil er aus einer bildungsfernen Familie kommt. Drei Erfolgsgeschichten von jungen Erwachsenen, die letztes Jahr am Kölner Abendgymnasium ein glänzendes Abitur gemacht haben, nun studieren und eine faire Zukunftsperspektive haben.

Die Idee des Abendgymnasiums gibt es seit der Weimarer Republik. Die erste „höhere Abendschule für Erwachsene“ wurde 1927 in Berlin ins Leben gerufen. Sie sollte Berufstätigen die Chance geben, sich weiterzubilden und den Zugang zur Universität zu erwerben. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ein Gründungsboom der Abendgymnasien ein: vor allem in den industriellen Zentren des Landes, beispielsweise im Ruhrgebiet. Ehemalige Kriegsteilnehmer, Handwerker und junge Erwachsene, deren schulische Ausbildung durch Krieg, Flucht und Vertreibung unterbrochen war, sollten die Chance bekommen, das Abitur nachzuholen.

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Eine Erweiterungswelle erlebte der Zweite Bildungsweg in den 1980er Jahren. Nicht mehr das Nachholen eines Abschlusses, den politische Ereignisse verhindert hatten, spielte die zentrale Rolle, sondern Arbeitslosigkeit und erhöhte Anforderungen an Schulbildung und Schulabschlüsse waren ausschlaggebend.

Eine späte Rehabilitation
Heute sind es wieder andere Gründe, die Menschen daran hindern, das Abitur zu machen: die Scheidung der Eltern, eine ungeplante Schwangerschaft, arme oder bildungsferne Elternhäuser, Flucht und Asyl, fehlende Integration. „Als ich 11 Jahre alt war, haben sich meine Eltern getrennt. Von da an musste ich die Verantwortung für meine fünf jüngeren Geschwister übernehmen“, erzählt der 35 Jahre alte Industriemechaniker. Die Familie lebte damals von der Sozialhilfe, der Junge fühlte sich in der Realschule, die er nur mit Ach und Krach schaffte, stigmatisiert. Jetzt ist sein Abiturzeugnis mit der Bestnote 1,2 für ihn so etwas wie eine späte Rehabilitation.
Biografien wie diese führen den LehrerInnen immer wieder vor Augen, wie sinnvoll die Arbeit an einem Abendgymnasium ist. „Wir dürfen junge Erwachsene, denen das Leben nicht gut mitgespielt hat, ein paar Jahre begleiten, sie fördern und erleben, wie sie sich verändern, selbst- und zielbewusst werden.“

Eine zweite Chance
Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft wächst wieder. In keinem anderen europäischen Land hängt der berufliche Erfolg so sehr von der sozialen Herkunft ab wie in Deutschland. Jedem eine zweite Chance zu geben, ist heute notwendiger denn je. Das Abendgymnasium kann zumindest ein bisschen dazu beitragen, frühere negative Schulkarrieren zu korrigieren. Für viele AbsolventInnen ist eine bessere Schulbildung – und der damit verbundene Erwerb von Kompetenzen und Qualifikationen – die einzige Chance, einem Leben mit Arbeitslosigkeit oder prekären Beschäftigungsverhältnissen zu entkommen.

Die multikulturelle Schule
Derzeit besuchen 900 SchülerInnen mit kulturellen Wurzeln in nahezu 50 Ländern das Kölner Abendgymnasium. Etwa 120 von ihnen machen jedes Jahr das Abitur. Den größten Zulauf hat der Lehrgang Abitur online, ein Lehrgang speziell für Berufstätige, die unregelmäßige Arbeitszeiten haben. Sie gehen nur an zwei und nicht an fünf Abenden in der Woche zur Schule. Die Hälfte des Unterrichtsstoffes müssen sie sich über eine Lernplattform selbst erarbeiten. So kann auch der Jobber in der Gastronomie oder die Mitarbeiterin im Callcenter das Abitur nachholen. Der Schulbesuch ist kostenfrei, da die Abendgymnasien in Nordrhein-Westfalen staatliche Schulen sind. Eine wesentliche Voraussetzung für viele, die zweite Chance auch ergreifen zu können. Aktuell Gesellschaft

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  1. Sinan A. sagt:

    Den Text muss man wirklich aufmerksam lesen, dann kommt man dem Weltbild der Autorinnen, die sich vorgeblich um Chancengleichheit bemühen, etwas näher. Besonders die Passage, in der Menschen ohne Abitur charakterisiert werden:

    – Scheidung der Eltern
    – ungeplante Schwangerschaft
    – arm
    – bildungsfern
    – Flucht
    – Asyl
    – fehlende Integration

    Also insgesamt irgendwie krankhaft, merkwürdige Leute.

    Man kann eigentlich jedem jungen Menschen nur den guten Rat geben, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, statt sich auf ein Nachsitzen durch solche Institutionen einzulassen, die nur 1% Vorzeigeleute hervorbringen, und ansonsten jede Menge Frust und Scheitern.

  2. menschenfreund sagt:

    „Also insgesamt irgendwie krankhaft, merkwürdige Leute“ Ich hoffe, dass ich mich verlesen habe. Menschen, sind nur, weil man arm ist oder weil die Eltern geschieden sind oder weil die Eltern nicht an Unis und Gymnasien gegangen sind, krankhaft und merkwürdig??? Geht es noch härter? Ich kenne Hauptschüler, die sind intelligenter und fleißiger als, welche auf meinem Gymnasium! Also überhaupt so zu verallgemeinern und überhaupt bestimmte Gruppen so zu nennen, ist definitiv hart und unmenschlich und gefühlslos!..Wenn sie diesen Satz nicht geschrieben hätten, hätte ich mich mich mit Ihrer Kritik befasst!

  3. Christian sagt:

    „Die junge Iranerin musste ihr Abitur in Deutschland ein zweites Mal machen, weil ihr Abschluss aus dem Heimatland von den hiesigen Schulbehörden nicht anerkannt wurde.“

    Musste sie nicht. Gerade für „solche Fälle“, also dass die ausländischen Hochschulzugangsberechtigung der deutschen nicht als gleichwertig anerkannt wird, gibt es die Feststellungsprüfung. Auf die bereitet das Studienkolleg in einem einjährigen Kurs vor… Also wohl zwei Jahre am Abendgymnasium „verschenkt“, na ja…

  4. Songül sagt:

    @menschenfreund

    Da haben Sie sich schon mehr Mühe gemacht, als der Kommentar es wert war …