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Einbürgerungsstatistik 2011

Mehr als jeder Zweite bekam Doppelpass

Im Jahr 2011 wurden knapp 106 900 Ausländer eingebürgert - plus 5 % im Vorjahresvergleich, Minus 40 % im Vergleich zum Jahr 2000. Die Doppelpassquote betrug 51 %, unter Ausländern aus EU- Beitrittskandidatenländern lag diese Quote bei nur 26 %.

Donnerstag, 05.07.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 11.07.2012, 2:01 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Im Verlauf des Jahres 2011 wurden in Deutschland knapp 106 900 Ausländer eingebürgert. Das waren 5 300 Einbürgerungen mehr als 2010 (+ 5,2 %) und 10 800 mehr als 2009 (+ 11,2 %). Damit setzte sich der leicht ansteigende Trend der letzten vier Jahre fort. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mit.

Allerdings ist man von den Einbürgerungszahlen vor der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 noch weit entfernt. Damals ließen sich pro Jahr noch rund 190 000 Ausländer einbürgern. Verglichen mit heute bedeutet das einen Rückgang von weit über 40 Prozent. Selbst im Vergleich zum Jahr 1999, wo noch das alte Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz aus dem Jahre 1913 galt, gab es noch weit über 140 000 Einbürgerungen.

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Die Eingebürgerten waren im Schnitt 30 Jahre alt und lebten seit fast 16 Jahren in Deutschland. Die größte Gruppe der Eingebürgerten stellten 2011 – wie schon in den Jahren zuvor – Menschen aus der Türkei mit 28 100 Personen. Danach folgten Personen aus dem ehemaligen Serbien und Montenegro und seinen Nachfolgestaaten (rund 6 300 Einbürgerungen), aus dem Irak (fast 4 800 Einbürgerungen) und aus Polen (knapp 4 300 Einbürgerungen).

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Doppelpass die Regel
Ein Gefälle ist auch bei der Vergabe von Doppelpässen vorhanden. So behielten weit über 90 % der Ausländer aus den EU- und EWR-Staaten (Schweiz, Norwegen, Lichtenstein, Island) ihre bisherige Staatsbürgerschaft bei. Bei Amerikanern lag diese Quote bei knapp 80 %, bei Afrikanern bei 61,9 % und bei Asiaten immerhin noch bei 57,2 %. Überraschend ist, dass die Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft im übrigen Europa (bspw. Kosovo, Ukraine oder Serbien) bei vergleichsweise deutlich niedrigen 26,4 % lag. Noch niedriger und damit kaum mehr nachvollziehbar wird dieses Gefälle bei Ausländern aus den EU-Beitrittskandidatenländern Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Türkei. Hier liegt die Doppelpassquote bei 25,6 %. Eine aktuelle Studie zur Integrationserfahrung von Zuwanderern aus Drittstaaten hatte ergeben, dass größtes Hindernis für Einbürgerung in Deutschland, die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit ist.

Insgesamt durfte mehr als jeder Zweite (50,4 %) seine bisherige Staatsbürgerschaft beibehalten. Rechnet man die größte Gruppe der Eingebürgerten (die Türken) weg, steigt die Doppelpassquote sogar auf über 59 %.

Doppelpass = hohe Einbürgerungsquoten © MiG

Doppelpass = hohe Einbürgerungsquoten © MiG

Die meisten Eingebürgerten (74 %) erwarben die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grundlage des Paragraphen 10 Absatz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz, der für die Einbürgerung einen mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland sowie eine gültige Aufenthaltserlaubnis voraussetzt. Insgesamt lag diese Regelung 78 700 Einbürgerungen zugrunde (+ 7 % gegenüber 2010). An zweiter Stelle standen mit rund 10 800 Fällen die Miteinbürgerungen von in Deutschland lebenden ausländischen Ehegatten und minderjährigen Kindern. An dritter Stelle folgten Einbürgerungen von Ausländern mit einem deutschen Ehe- oder Lebenspartner (rund 7 000 Fälle).

Einbürgerungspotenzial kaum ausgeschöpft
Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial – also das Verhältnis von erfolgten Einbürgerungen zur Zahl jener Ausländerinnen und Ausländer, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben – betrug im Jahr 2011 durchschnittlich 2,3 %. Die höchsten Werte hatten Kamerun (29,6 % bei 824 Einbürgerungen), Irak (21,0 % bei 4 790 Einbürgerungen) und Nigeria (14,0 % bei 813 Einbürgerungen). Bei der größten Gruppe der Eingebürgerten, den Türken, lag dieser Wert bei unterdurchschnittlichen 2 %.

An diesen Zahlen misst die integrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dağdelen, den Erfolg. Die leicht gestiegene Zahl der Einbürgerungen sei angesichts des ausgeschöpften Einbürgerungspotenzials von 2,3 % keine Erfolgsmeldung. Ursächlich sind nach Auffassung der Linkspolitikerin die Verschärfungen der letzten Jahre im Einbürgerungsrecht. „Mit Symbolpolitik à la Einbürgerungszeremonien im Kanzleramt wird sich das nicht ändern“, so ihre Kritik. Diese Zahlen seien auch „die persönliche Misserfolgs-Bilanz der Staatsministerin Böhmer, die sich auch bei den Verschärfungen im Einbürgerungsrecht als schlechte Interessenvertreterin“ Migranten präsentiert habe.

Armutszeugnis
Für den migrationspolitischen Sprecher der Bundestagsgrünen, Memet Kılıç, sind diese Zahlen ein „Armutszeugnis“ für Deutschland. Im europäischen Vergleich liege Deutschland mit dieser Einbürgerungsquote immer noch auf den hinteren Plätzen. Die Lösung sei: „Die Hürden für eine Einbürgerung müssen gesenkt werden. Die doppelte Staatsangehörigkeit darf nicht mehr abgelehnt und der Einbürgerungstest muss abgeschafft werden“. Außerdem müsste die Einbürgerung von Rentnern ohne Sprachkenntnis- und Lebensunterhaltsnachweisen ermöglicht werden.

Dağdelens Kritik geht noch einen Schritt weiter: „Mit ihrer Einbürgerungspolitik verhindert die Bundesregierung die Gleichstellung von Menschen, die im Durchschnitt bereits seit fast 20 Jahren hier leben. Sie macht damit Millionen Migranten zu Bürgern zweiter Klasse. Damit muss endlich Schluss sein. Die rigide Einbürgerungspraxis muss beendet werden, und natürlich auch die besonders ausgrenzende Praxis gegenüber türkischen Staatsangehörigen. Das gilt vor allem für Bayern und Baden-Württemberg. Beide sind unter den westlichen Bundesländern absolute Schlusslichter bei den Einbürgerungsquoten – und dies schon seit Jahren.“ (bk) Gesellschaft Leitartikel

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  1. Zensus sagt:

    „Das gilt vor allem für Bayern und Baden-Württemberg. Beide sind unter den westlichen Bundesländern absolute Schlusslichter bei den Einbürgerungsquoten – und dies schon seit Jahren“
    Ich weise darauf hin, daß in deutschen Bundesländer Politik nach dem Willen der Bevölkerung gestaltet wird.
    So ist das in Demokratien

  2. andres sagt:

    Bitte keine Vergleiche ziehen die für einen solchen Sachverhalt irreführend sind und eben das Grundproblem dieser Thematik ausblenden.
    Im Jahre 2000 war DE tatsächlich noch ein Hort von Wohlstand, gerade im Vergleich mit vielen anderen Ländern dieser Erde, darum auch die exorbitante Einwanderung.
    Diese Zeiten nähern sich aber unaufhaltsam ihrem Ende und deshalb steigen eben auch die Erwartungen an Einwanderer, die eben diesem Land auch sein Weiterbestehen mit sichern müssen in einer zunehmenden internationalen Konkurrenzsituation.