Berufsbildungsbericht 2012

Ausbildungslage für junge Migranten leicht besser – aber erheblicher Nachholbedarf

Die Ausbildungsmarktsituation hat sich in Deutschland verbessert – auch für junge Migranten. Grund zur Entwarnung gibt es dennoch nicht. Mit Migrationshintergrund gibt es deutlich mehr Hürden bei der Ausbidlungsplatzsuche.

Donnerstag, 10.05.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Ausbildungsmarktsituation für jungen Menschen hat sich laut Auswertung der Bundesregierung in Deutschland weiter verbessert. Im Ausbildungsjahr 2010/2011 wurden 570.140 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Gegenüber 2010 (559.960) bedeutet dies eine Steigerung um 1,8 Prozent. Und zum vierten Mal hintereinander gab es mehr unbesetzte Ausbildungsplätze (29.689) als unversorgte Bewerber (11.550). Das geht aus dem am Mittwoch im Bundeskabinett vorgestellten Berufsbildungsberichts 2012 hervor.

Erheblicher Handlungsbedarf besteht allerdings bei Menschen mit Migrationserfahrung. Deren Ausbildungschancen müssen weiter verbessert werden. Denn in der Berufsausbildung sind ausländische Jugendliche weiterhin stark unterrepräsentiert. 2010 fiel die Ausbildungsbeteiligungsquote junger Ausländer mit 33,5% (2009: 31,4%) nur etwa halb so hoch aus wie die der deutschen jungen Menschen mit 65,4% (2009: 64,3%).

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Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige
Vorrangiges Ziel der Bundesregierung sei es daher, vorhandene Zugangsbarrieren in Ausbildung und Beschäftigung für Jugendliche mit Migrationshintergrund abzubauen. Wie das gelingen soll, steht derzeit in den Sternen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), appellierte vielmehr an die Eltern und an die Arbeitgeber, die Jugendlichen zu unterstützen und nicht abzukoppeln. Konkrete Maßnahmen stellte die Bundesregierung nicht vor.

Stattdessen fordert Böhmer, die Eltern verstärkt einzubeziehen. Außerdem mahnte die CDU-Politikerin eine veränderte Datenerhebung an. Da die Statistik bisher lediglich die Staatsangehörigkeit erfasst, sei nur ein eingeschränkter Blick auf die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund möglich. „Um über eine der Realität entsprechende Datengrundlage zu verfügen und damit die richtigen politischen Schlussfolgerungen ziehen zu können, ist dringend die Erfassung des Migrationshintergrundes notwendig“, forderte Böhmer.

Probleme bekannt
Dabei liegen die Probleme ganz woanders: Zum einen gelingt es dem deutschen Bildungssystem nicht, Schüler mit Migrationshintergrund derart zu fördern, dass sie die Schule zumindest mit einem Abschluss verlassen. So verließen im Jahr 2010 ausländische Jugendliche mehr als doppelt so häufig die Schule ohne Abschluss wie deutsche Jugendliche (12,8 Prozent gegenüber 5,4 Prozent).

Download: Der Berufsbildungsbericht 2012 und eine Zusammenfassung des Berichts können kostenlos heruntergeladen werden.

Zum anderen gestaltet sich die Ausbildungsplatzsuche für junge Menschen mit Migrationserfahrung schwieriger als für junge Menschen ohne Migrationshintergrund. Das belegt eine Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) aus dem Jahr 2010: Bei gleichen schulischen Voraussetzungen sind die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund signifikant niedriger als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund.

Rassistische Selektionsprozesse
Woran das liegt? Als möglicher Erklärungsansatz werden Selektionsprozesse der Betriebe bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen angeführt. Darüber hinaus gibt es auch innerhalb der Gruppe der jungen Migranten große Unterschiede nach Herkunftsregionen. So ist es insbesondere für junge Menschen türkischer/arabischer Herkunft deutlich schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Welche Folgen diese Selektion haben wird, zeigen andere Zahlen: Bis 2030 wird die Altersgruppe junger Menschen zwischen 17 und 25 Jahren um rund ein Fünftel schrumpfen. Parallel hält der Trend zu höheren Schulabschlüssen an. Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU): „Wir müssen alle Potenziale nützen, um den Fachkräftebedarf zu sichern.“

Bleibt zu hoffen, dass das gelingt. Derzeit sieht es aber eher danach aus, dass auch die nächsten Jahre ungenutzt vergeudet werden – mit Sammeln von Daten und Einbeziehung der Eltern, die nichts bewirken können, solange Betriebe bei Auswahlverfahren aus rassistischen Gründen diskriminieren. (etb) Leitartikel Studien Wirtschaft

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  1. Socke sagt:

    Vielleicht können die Eltern doch etwas bewirken – sie könnten dem Nachwuchs zum Beispiel immer und immer und immer wieder sagen wie wichtig BILDUNG und auch die Deutsche SPRACHE in Deutschland ist.
    Es mag anderso auch anders sein, hier kommt man ohne diese nicht weit.

    „Das Bildungssystem förder Schüler mit Migratiosnhitergrund nicht genug“. Ich mag es irgendwie nicht mehr hören. Es stehen einem hier so viele Chancen zur Verfügung – und Migranten sind ja oftmals hier hergekommen weil es in der „Heimat“ eben nicht so gut ausschaut (warum sonst sollten sie migrieren?).
    Die erste Generation hat diese Chancen sehr vielfältig genutzt, die aktuelle läßt vieles einfach liegen. Ich verzweifle jedes Mal wenn ich sehe dass sich solche Gruppen lieber am Schultag VOR der Schule treffen und auf die Pause warten um dann mit einige nwenigen „abzuhängen“.

    Am Wochenende makieren diese dann den dicken Macher – und haben leider doch nichts vorzuweisen.

    Spannendes Detail aus meinem Umfeld – in der Regel betrifft dies die Mehrzahl der männlichen Migrationshintergründler, während die weiblichen da noch etwas weiter vorne liegen (sofern sie von den eltern nicht aus der Schule genommen werden um zu Heiraten, alles schon erlebt!)

    Im übrigen ist das Niveau der deutschen Schule wohl kaum schlechter geworden, trotzdem beklagen sich die Betriebe darüber wie unreif die Abgänger heutzitage sind. Mit 16 in die Lehre? Neee, während mein Opa mit 14 anfing und selbstredend gleich voll dabei sein musste (und wollte) wollen diese lieber noch ein bischen Zeit daheim ,am PC oder in der Clique verbringen.

  2. Socke sagt:

    Weil ich es vergessen habe eine kleine ERgänzung – die schlechte Ausbildungslage betrifft nicht nur Migrationshintergründler sondern leider allgemein die aktuelle Jugend für die Facebook/WOW/Skype wichtiger erscheinen als ein Buch zu lesen.

    Und das mag auch daran liegen, dass einem heute Wissne so leicht zugä#nglich ge4macht wird durch das Netz. Während ich mir früher Inhalte in der Bücherei mühsam zusammenlesen und erarbeiten musste, Probleme sich nicht durch „ergooglen“ sondern durch eigene eEfahrung und probieren lösen ließen – brauchen die heute für ein Referat nur einen Browser und 30 Minuten Zit. „Copy and Paste“ aus Wikipedia und ein zwei anderen Seiten – fertig.

    Mit „lernen“ hat das nicht mehr viel zu tun. Wenn mancher hauptschüler schon daran scheiter die benötige Menge an Farbe für eine Wand auszurechnen wundert mich in diesem Sinne nichts mshr. Wenn dann dazu kommt, dass die eventuell den Eimer nicht lesen können (z.B. weil sie keine Muttersprachlicher Deutscher sind) wird das nicht besser, diese müssen sich also doppelt anstrengen – nur leider machen es zu wenige.

  3. xyz sagt:

    ²Mit 16 in die Lehre? Neee, während mein Opa mit 14 anfing und selbstredend gleich voll dabei sein musste (und wollte) wollen diese lieber noch ein bischen Zeit daheim ,am PC oder in der Clique verbringen.“

    Das war wann genau mit 14??? Wir sind hier nicht mehr in den 1950er Jahren! Die Berufe verändern sich, werden anspruchsvoller, technischer, überall braucht man IT-Kenntnisse… die Firmen sind heute einem erheblichen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, seit das Quartalsdenken eingezogen ist. Ich halte es nicht mehr für sinnvoll Jugendliche als Vollzeitarbeitnehmer in den Arbeitsmarkt zu integrieren!

    Warum wohl unterrichten im Ausland in vielen Ländern viele die Kinder bis zum Erwachsenenalter — diese Länder betreiben auch Bildungsforschung – ich bin sicher es gibt einen guten Grund dafür, dass man möglichst viele bis zum Erwachsenenalter schulisch ausbildet und erst danach der Beruf kommt!

    Berufe verändern sich -haben sie sich mal angesehen was eigentlich ein Landwirt heute alles an KnowHow haben muss?? Oder welche Bereiche an Geräte-Intensivmedizin es mittlerweile in Krankenhäusern gibt ??

    es macht keinen Sinn 15-16jährige ins Berufsleben zu integrieren, denn die Betriebe nehmen nur noch erwachsene Azubis – das System passt vorn und hinten nicht mehr zusammen in Deutschland!

    Einstellungsalter Ausbildungsbeginn ist im Schnitt 19,8 Jahre — wieso gibts dann noch Schulen die 15jährige abschulen??? Kein Wunder, dass die dann in Warteschleifen landen. Nur 28% sind noch unter 18. Nur 22,5 % der Betriebe bilden überhaupt aus, gewerbliche Wirtschaft 11%.

    und die Azubis die man mittlerweile aus dem Ausland herlockt, werden auch betrogen! Meistens haben diese im selben Fachbereich bereits eine Ausbildung im Ausland gemacht – von daher müsste man sie sofort fest einstellen und nicht erst als Azubis! Man versucht nur wieder Geld zu sparen und die Leute zu betrügen! Das ist die Wirtschaft heute.

    DE hat übrigens 17% Ungelernte — das sollen mehr sein als in Ländern die parallel schulisch ausbilden statt auf die Gnade von Betrieben zu warten!

    außerdem können die Schüler nichts dafür, wenn die Schulen so schlecht sind! Hauptschulen sind unterfinanziert und nicht mehr zeitgemäß. Auf so einer schlechten Schule wär ich auch unmotiviert.

  4. xyz sagt:

    Sie müssen es auch mal so sehen Socke: es ist ziemlich unorganisiert alles in DE.. man verlässt sich also darauf, dass die Firmen die 16jährigen trotz schulischen Defiziten einstellt (unter 16 geht nicht wegen JugendschutzG). Dann sollen die Firmen sich mit denen hinsetzen und Nachhilfe machen, damit die die Ausbildung überhaupt schaffen und die schulischen Probleme ausgleichen und so die Reife herstellen.

    ich verrate Ihnen mal was: meine Onkel haben auch Betriebe, deshalb kann ich das mal so einfach sagen:

    Das passt nicht in eine Firma! Das ist ein Wirtschaftsbetrieb und man hat da weder Zeit noch Lust pupertierende Kinder zu unterrichten! Deshalb nehmen viele lieber ältere Azubis mit Vorkenntnissen oder eben keine mehr.

    wie macht man das denn in anderen Ländern:

    es wird sie überraschen zu hören, dass man in vielen entwickelten Ländern gar nicht so oft so früh abschult!
    nehmen wir mal Neuseeland/Kanada/USA als Beispiel:

    dort hat man ein HighschoolSystem — die meisten gehen 12 bis 13 Jahre zur Schule. Dann sind sie ca. 17 bis 19 Jahre alt. Erst danach kommt die weitere Bildungsmaßnahme. Man hatte vorher genug Zeit, die Reife herzustellen! Der Bildungsansatz in den Schulen ist holistisch – ich kann handwerkliche Kurse genauso belegen wie Childcare oder Psychologie.

    Finnland hat auch 2 Arten von Abitur: ein beruflich-polytechnisches (Ausbildung mit Abitur/Allgemeinbildung) und ein allgemeines.

    die Ausbildung in DE ist übrigens auch eine Sekundarstufe 2, zählt damit international zum Highschoolabschluss, wenn man die macht. Daher kam auch der „Akademikermangel“ – denn anderswo lernt man den Beruf erst tertiär.

  5. Socke sagt:

    Es gibt durchaus eine ganze Reihe von Jobs hier bei uns die auch ohne It-Kenntnisse auszuführen wären.
    Die meisten handwerklichen Betriebe kommen ohne die Nutzung eines Computers aus, egal ob Zimmermann, Klempner, Galabauer, Abfallwwerkler oder Maurer.
    „Das sind ja nur einfache Berufe!“ – ja , aber auch diese müssen besetzt werden.

    Worum es mir geht – die Jugendlichen zeigene eine enorme Diskrepanz zw. dem wie sie sich verhalten „ich will alles dürfen, Auto fahren, Wählen, Rauchen, saufen….“ und dem was sie erbringen „Ich will nicht arbeiten und früh aufstehen“.
    Keiner hat etwas dagegen wenn die länger in der Schule bleiben – nur bedeutet „länger“ bei dieser Klientel nicht automatisch „besser“ werden.