US-Fall: Cenk Uygur

Wenn Politiker Einfluss auf Medien nehmen, leidet die Meinungsvielfalt

Wenn Medien und Politik das Establishment bilden, bleibt die Meinungsvielfalt auf der Strecke. Die Diskussionen um die US-Sendung „The Young Turks“ wirft die Frage auf, ob solche Polit-Shows auch in Deutschland möglich sind.

Von Alpay Yalçın Dienstag, 20.03.2012, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 23.03.2012, 7:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach dem Weggang der Star-Moderatoren Keith Olberman und Ed Shultz suchte der liberale US-Sender MSNBC nach einem neuen Star-Moderator und fand Cenk Uygur, der bis dahin mit seiner online Sendung The Young Turks (Jungtürken) etablierte Sendeformate in den Schatten stellte. Er schaffte mit der ersten Web-TV-Nachrichten-Show weltweit mehr als 23 Millionen Klicks und ist unter den ersten 50 Youtube-Partnern. Mittlerweile hat die Show über 672 Millionen Ansichten auf Youtube. 2009 bekam The Young Turks den „Best Political Podcast“-Preis und wurde als beste politische Nachrichten-Seite mit dem Mashable Awards ausgezeichnet. Aktuell sind er und sein Team für den Webby Award 2012 nominiert, dessen Publikumspreis er mit The Young Turks letztes Jahr gewann.

Bei MSNBC blieb er seiner Linie treu: Ob gleichgeschlechtliche Lebens- und Ehegemeinschaften, angebliche Einschaltquoten konservativer Sendeformate, Gesundheitsversorgung oder gesellschaftliche Ereignisse, Uygur nahm kein Blatt vor dem Mund und kritisierte aggressiv das politische und gesellschaftliche Establishment der USA. Gäste wie, Jimmy Carter, Julian, Assange, Madeleine Albright, Mel Brooks oder Noam Chomsky gaben sich bei Uygur die Klinke in die Hand.

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Cenk Uygur ist gebürtiger Istanbuler und kam mit 8 Jahren in die USA. Er ist Absolvent der University of Pennsylvania – Wharton School of Business und der Columbia University Law School. Er arbeitete als Anwalt, als Fernseh-Texter und Moderator, bevor er The Young Turks startete. Uygur blogt zusätzlich bei der Huffington Post, Daily Kos, ABC News und Politico. Im Web geht es meistens um die Qualität seiner Auftritte.

Problematisch nur, dass sich nach kurzer Zeit gewisse Kreise in Washington gestört fühlten. Ein anderer Sendeplatz wurde angedacht. MSNBC bot ihm sogar Geld und Sachleistungen an, damit er sanftere Töne schlägt und bitte nicht mehr mit den Armen wedelt. Die Leitkultur bei The Young Turks ist aber: „Die Wahrheit sagen.“ Entsprechend fiel Uygurs Antwort aus: „Wenn die Einschaltquoten stimmen und Sie die Show nicht wollen, bringt mich das dazu zu glauben, dass das Ganze etwas mit Macht zu tun hat. Ich möchte nicht in einem Unternehmen arbeiten, das nicht wünscht, dass ich die Show auf meine Art präsentiere, und nicht interessiert daran ist, Herrschaftsverhältnisse herauszufordern.“ Die Antwort von MSNBC: „Wir sind das Establishment.“

Es folgte die Trennung. Die Stimmen aus Washington waren dem Sender bedeutender als die sonst so wichtigen Einschaltquoten. Dabei diskutieren nicht nur Wissenschaftler, Fachleute und Medienmacher, wie sehr das Verhältnis von Medien und Politik das Leben bestimmen. Wenn diese beiden Mächte, egal ob rechts oder links, das Establishment bilden, bleibt die Meinungsvielfalt, auf der Strecke – darüber herrscht Einigkeit. Gerade in diesem Zusammenhang ist das Diktum von Böckenförde, dass die Demokratie ihre eigenen Grundlagen nicht sichern kann, von Bedeutung.

In Rechten Medien freut man sich derweil über das angebliche Versagen von Uygur. Verschwiegen wird, dass er den rechten Sender Fox und den Marktführer CNN zeitweise in die Reihen verwies. Was aber auffällt, ist, dass bei der gesamten Diskussion Uygurs Herkunft kaum thematisiert wird. Es geht meistens um die Qualität seiner Auftritte – Trotz des Titels der Sendung. Auf die Frage, wieso die Sendung The Young Turks heißt, antwortet der Cenk Uygur: Weil ich bei den ersten öffentlichen Sendungen ein junger Türke war, und der Begriff für eine Auflehnung gegen bestehende Ordnungen steht.

Seit Dezember 2011 ist Uygur in der The Young Turks auf Current TV zu sehen – Primetime. Er läutet Star-Moderator Olberman ein, gibt dem us-amerikanischen sozio-politischen Diskurs neue Impulse, zeigt neue Perspektiven auf und rudert immer noch wie wild mit den Armen. In Amerika ist das möglich. Aktuell Meinung

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  1. Selçuk sagt:

    Dass TYT ein Dorn im Auge der (rechten) Konservativen ist, kann man gut verstehen, wenn man sich die Sendung bzw. die Clips auf YouTube anschaut. Sie zeigen nämlich, mit welchem dummen Geschwafel diese Politiker versuchen Wahlkampf zu betreiben.

    Also ich finde TYT klasse. Ich teile zwar nicht immer die gleiche Meinung, aber trotzdem: Go TYT!!!