Offen, sympathisch, türkisch

Kölner Polizei informiert türkeistämmige Eltern und Jugendliche über Polizeiberuf

Die Polizei muss den Anteil an Beamten mit Migrationshintergrund erhöhen. Zu diesem Zweck lud das Polizeipräsidium Köln türkeistämmige Eltern und Jugendliche ein. Gesprochen wurde türkisch – ein Novum in Deutschland.

Dienstag, 14.02.2012, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.02.2012, 8:23 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mehrere Studien belegen, dass Polizisten überdurchschnittlich stark rechtsextreme Parteien wählen und entsprechende Verhaltensmuster aufweisen. Daher kommt es vor, dass Polizisten bei ausländischen Mitbürgern eher Strenge walten lassen, als bei Deutschen.

Ob das auch unter Kollegen der Fall sei, wollte eine Mutter gestern (13.02.2012) in Köln von der Polizeikommissarin Emine Tayfur wissen. Sie war gekommen, um sich über den Polizeiberuf zu informieren. Auf Initiative des Deutsch-Türkischen Vereins Köln e.V. (dtvk) hatte die Kölner Polizei türkische Eltern und Jugendliche auf eine Informationsveranstaltung zum Polizeiberuf eingeladen.

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„Nein“, lautete die Antwort der Polizeikommissarin Tayfur. Aliye Albayrak, eine der vier Polizisten mit türkischen Wurzeln auf dem Podium, bestätigte: „Vielleicht kam so etwas früher mal vor. Ich jedenfalls habe bei der Polizei weder Benachteiligung noch Diskriminierung erlebt. Weder unter Kollegen noch von meinen Vorgesetzten.“ Auf Nachhaken der besorgten Mutter räumte Tayfur aber ein, dass anfangs auch Frauen mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hatten, als sie in bei der Polizei anfingen. Heute seien Frauen in Uniform normal und von den männlichen Kollegen respektiert und anerkannt. Solche Prozesse bräuchten einfach nur Zeit. Und man sei auf bestem Wege, das Gleiche in Bezug auf Polizisten mit Zuwanderungsgeschichte zu erreichen. Wieso sonst veranstalte die Polizei so einen Tag in türkischer Sprache?

Polizeikommissarin Emine Tayfur informiert das Publikum © MiG

Polizeikommissarin Emine Tayfur informiert das Publikum © MiG

Großes Interesse
„Das ist Bedingung, wenn so eine Informationsveranstaltung erfolgreich sein soll“, erklärte dtvk-Vorstandsmitglied Tayfun Keltek dem MiGAZIN. „Der Saal ist gut gefüllt, die Eltern sind begeistert dabei. Man muss nur wissen, wie man sie anspricht, wie man an sie herankommt. Mit schriftlichen Einladungen tun sich Türkeistämmige schwer. Wir rufen bei den Eltern an und erklären, was sie erwartet, wenn sie kommen.“

Und es kamen viele. „Zunächst hatten wir nur die Hälfte des Saals reserviert. Aber eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn mussten wir schon die Trennwände wegmachen und den Raum vergrößern. Ich bin froh, dass so viele Eltern gekommen sind“, erklärte Tayfur dem MiGAZIN. „Türkische Eltern sind keinesfalls uninteressiert. Ganz im Gegenteil“, ergänzte Keltek und machte darauf aufmerksam, dass man den Menschen gegenüber eine gewisse Wertschätzung zeigen müsse. „Man kann nicht den Körper haben und die Person dahinter mit seiner Kultur, der Sprache außen vor lassen.“

Viele werden wiederkommen
Wie hoch der Anteil der türkeistämmigen Polizisten sei, konnte die Polizei nicht beantworten. In Köln habe man in dieser Hinsicht aber ein Luxusproblem im Vergleich zu anderen Polizeipräsidien und könne sich nicht beschweren.

Und weitere Bewerbungen werden nach diesem Infotag folgen. Mit zufriedenen und hoffnungsvollen Gesichtern verließen Eltern, Töchter und Söhne das Gebäude – vorerst. Wie und wo man sich bewerben kann und welche Voraussetzungen sie mitbringen müssen, wissen sie jetzt – und dass die Beherrschung der türkischen Sprache ein großer Vorteil ist und wertgeschätzt wird, ebenfalls. (es)
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  1. Bierdurst sagt:

    Werden diese Veranstaltungen dann auch auf serbokroatisch, vietnamesisch, arabisch, italienisch, polnisch und spanisch wiederholt?

    Ich fände diesen Migrantengruppen sollte man auch nicht die Bürde des Erlernens und Verstehens der Deutschen Sprache auferlegen.
    Gleiches Recht für alle.

    Und die Informationen an den Kölschen Nachwuchs haben gefälligst auf Kölsch zu erfolgen.

  2. Mathis sagt:

    @Bierdurst, aber außer Ihnen waren alle zufrieden!
    Hauptsache ist doch, dass offensichtlich der „richtige Ton“ und die passende Ansprache gefunden wurde.Gut für den Nachwuchs, dass die Eltern sich eingeladen fühlten und zur Infoveranstaltung kamen. Lösungen ergeben sich so mit „Leichtigkeit“. Grundsatzdiskussionen erbringen dagegen niemals verwertbare Resultate.Die können Sie nur noch mit Ihren eigenen Bedürfnissen rechtfertigen, worin diese auch immer bestehen mögen.

  3. Goldmann sagt:

    Keine schlechte Idee! Wir Deutsche müssen uns daran gewöhnen, dass hier viele Türken leben. Verdrängen kann man das nicht. Also das beste draus machen.

  4. Bierdurst sagt:

    da in einem anderen Thread gerade das Thema USA ist:
    Glauben Sie dass zum Beispiel in Chicago mit seiner großen polnischstämmigen Gemeinschaft die Polizei dort Veranstaltungen auf Polnisch abhält?

    „There are around 10 million Americans of Polish descent. Chicago bills itself as the largest Polish city outside the Polish capital of Warsaw, and there are approximately 185,000 Polish speakers in the Chicago metropolitan area. Chicago’s Polish presence is felt in the large number of Polish-American organizations located here beginning with the Polish Museum of America, the Polish American Association, the Polish National Alliance and the Polish Highlander’s Alliance of North America.“

    (aus en.wikipedia)

  5. Mathis sagt:

    @Bierdurst, Sie könnens nicht lassen, aber bitte!

  6. Peters sagt:

    Mathis hat eine rationale herangehensweise. „Egal ob die Katze schwarz oder weiß, Hauptsache sie fängt maeuse“. Diese Satz stammte auch von einem „relativ“ rationalen Menschen. Er hat geholfen 700 Millionen Menschen aus der Armut zu führen.

  7. Pragmatikerin sagt:

    Ich habe mir überlegt, dass diese Veranstaltung der 2. Generation der türkischen Einwanderer – also den Eltern (nicht den früheren Gastarbeitern den Grosseltern) angeboten wurde. Warum können diese Menschen nicht soviel Deutsch, so dass sie nur in türkisch angeschrieben und angesprochen werden können. Und die – zukünftigen – Beamten sprechen die auch nur wenig Deutsch?

    Pragmatikerin