Ausländische Studierende

Ausländische Studierende mit deutschem Abitur – viele studieren, zu viele hören auf

Haben ausländische Schüler in Deutschland das Abitur in der Tasche, studieren sie deutlich häufiger als ihre deutschen Altersgenossen. Sie schließen das Studium aber auch seltener ab weil sie häufiger jobben müssen.

Mittwoch, 07.12.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Rund 63.500 ausländische Studierende, die in Deutschland ihr Abitur gemacht haben, studierten im Jahr 2010 an deutschen Hochschulen – Tendenz steigend. Die positive Entwicklung der Zahl der Bildungsinländer an deutschen Hochschulen vollzieht sich vor dem Hintergrund eines steigenden Anteils ausländischer Schulabgänger mit Hochschulreife: 13 Prozent im Jahr 2009. Damit ist das Potenzial von jungen Ausländern in Deutschland immer noch zu wenig genutzt, denn deutsche Schulabgänger haben mit 34 Prozent deutlich häufiger eine Hochschulzugangsberechtigung.

Haben ausländische Schüler in Deutschland aber einmal das Abitur in der Tasche, studieren sie deutlich häufiger als ihre deutschen Altersgenossen. Während nur 72 Prozent der deutschen Studienberechtigten des Jahres 2008 ein Studium aufgenommen haben oder dies sicher planen, liegt der Prozentsatz bei den Bildungsinländern bei 84 Prozent. Insgesamt hat gut ein Viertel aller Bildungsinländer türkische Wurzeln. Weitere wichtige Herkunftsländer sind Kroatien, Italien, Griechenland, Russland, Polen, Ukraine, Bosnien-Herzegowina, China, Österreich und Vietnam.

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Bildungsinländer entscheiden sich überdurchschnittlich häufig für ein Studium an einer Fachhochschule. Der entsprechende Anteil beträgt 38 Prozent, wohingegen lediglich 32 Prozent der deutschen Studierenden an einer Fachhochschule eingeschrieben sind. Besonders häufig studieren die Bildungsinländer dort Informatik und Ingenieurwissenschaften. An den Universitäten sind sie dagegen auch überdurchschnittlich häufig in rechts-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fächern immatrikuliert. Auffällig ist ihre nach wie vor vergleichsweise geringe Zahl in den Lehramtsstudiengängen.

Ausländische Studenten müssen jobben
Im Studienalltag sind die bildungsinländischen Studierenden mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert. „Bei zu vielen Studierenden bestehen noch sprachliche Defizite. Auch fühlen sie sich häufig nicht ausreichend an der Hochschule integriert“, so Simone Burkhart, Leiterin des Referats Evaluation und Statistik beim DAAD. Daneben bereitet die Studienfinanzierung einem beträchtlichen Teil der Bildungsinländer Probleme. „Keine andere Gruppe von Studierenden muss so häufig während des Studiums durchgehend einer Erwerbstätigkeit nachgehen“, erläutert Ulrich Heublein vom HIS-Institut für Hochschulforschung.

Download: Die ausführlichen Ergebnisse der Studie sind im ersten „Datenreport Bildungsinländer“ veröffentlicht, der vom HIS-Institut für Hochschulforschung (HIS-HF) im Auftrag des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) erarbeitet wurde.

Von den Bildungsinländern der Studienanfänger 2002 bis 2005 haben 59 Prozent ihr Studium erfolgreich beendet. Damit liegt der Studienerfolg der Bildungsinländer hinter dem der deutschen Studierenden, von denen etwa drei Viertel die Hochschule mit einem Abschluss verlassen. Allerdings schneiden die Bildungsinländer beim Studienerfolg besser ab als Bildungsausländer. Etwa die Hälfte aller Bildungsausländer, also der ausländischen Studierenden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben, erreicht derzeit einen Hochschulabschluss in Deutschland.

Seit einigen Jahren ist der Studienerfolg aller ausländischen Studierenden – sowohl Bildungsinländer als auch Bildungsausländer – deutlich gewachsen. Das hängt unter anderem mit einer besseren Betreuung durch die Hochschulen zusammen. „Angesichts einer Vielzahl von Fördermaßnahmen gehen wir davon aus, dass sich die positive Entwicklung fortsetzen wird“, sagt Burkhart. „Mit unserem PROFIN-Programm aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung fördern wir aktiv die Integration ausländischer Studierender an den deutschen Hochschulen.“ (hs)
Gesellschaft Leitartikel Studien

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  1. Pepe sagt:

    Wozu sich anstrengen und nach einem Abschluß streben, wenn man so wie so aufgrund der Herkunft keinen Job findet?

  2. Optimist sagt:

    Da ich selber (noch) Student bin, kann ich das gut nachvollziehen. Ich möchte an dieser Stelle auf Weiteres hinweisen.

    Erst letzten Monat (November) hatten wir an unserer Uni eine Gastrednerin, die stolz von ihrer neuen Initiative erzählte, welche ausländische Studierende ins Ausland vermittelt, inklusive Kontaktaufbau &-pflege und sogar Kostenbegünstigungen zur Überführung ins gewählte Wunschland.

    Als sie mit ihrer Lobeshymne an sich selbst fertig war, konnten Fragen gestellt werden. Ich war der Erste und wollte wissen, was denn für die ausländischen Studenten im Inland getan werde, die evtl hier in Deutschland bleiben wollten. Daraufhin kam die Gute etwas aus ihrem Konzept und wusste wohl nicht so recht, was sie mit dieser Frage anstellen sollte. Also wollte sie mir den Zweck ihrer Initiative noch mal genauer erklären (sie ging davon aus, daß ich den Sinn ihrer Initiative sprachlich nicht ganz verstanden hatte), der ja darauf beruht, diie Ausländer zurück zu schicken und nicht hier zu halten.

    Also musste ich die Gute unterbrechen und ihr erstmal klar machen, daß ich perfekt und akzentfrei deutsch spreche (war ihr selbst offenbar vorher nicht aufgefallen) und daß ich sie sehr wohl verstanden hatte, sie aber mich nicht. Als sie dann endlich verstand, was meine Frage war, verwies sie mich ans Arbeitsamt. Da konnte ich dann nur noch mit dem Kopf schütteln, war ziemlich enttäuscht und hatte keine weiteren Fragen mehr.

    Die oberste Sekretärin der Uni kam später zu mir und fragte, was denn der Grund für meine offensichtliche Enttäuschung sei. Ich erklärte ihr, daß ich vor der Uni bereits häufiger mit dem Arbeitsamt zu tun hatte und daß sie mir keinen Nutzen bisher gebracht hatte, außer meinen Unterhalt in Notzeiten zu finanzieren. Ich erzählte ihr von den Schwierigkeiten und Steinen, die mir in den Weg gelegt wurden, als ich vor der Uni noch versuchte, beim Amt eine Umschulung zu erreichen. So musste ich beispielsweise von sämtlichen Unternehmen, wo ich gearbeitet hatte, eine Bescheinigung einreichen, daß ich dort überhaupt gearbeitet hatte (unabhängig von den Verträgen und Lohnnachweisen, die ich hatte), nur um nachzuweisen, daß ich überhaupt einen Anpruch auf die Umschulung hätte. Dabei haben die doch beim Amt sämtliche Daten vorliegen. Das war für mich reine Schikane und ich sah dessen Sinn nur darin, mich bei meinem Vorhaben zu behindern (das genannte Beispiel war nur eins meiner vielen erfolglosen Bemühungen). Da dürfte es wohl kaum verwundern, daß ich mit dem Arbeitsamt nix mehr zu tun haben will und Hilfe das Letzte ist, was ich von ihnen erwarte („Die sollen mir helfen, nach dem Studium einen Job zu finden? Pah, Witz komm raus!!!“).

    Ich möchte noch auf etwas anderes hinweisen. Ich gebe private Nachhilfen in Mathe und Physik. Dabei erzählen mir die (überwiegend ausländischen) Schüler von gelegentlichen rassistischen Sticheleien, die ja nur so ganz nebenher mal seitens mancher Lehrern/innen geäußert werden. Ein Mädchen (8. Klasse), die sich privat sehr für Literatur interessiert, Bücher ohne Ende liest und noch im siebten Jahr unter einem anderen Lehrer 2+ stand und jetzt bei der Neuen nur noch 4- und sich vor allen anderen Schülern anhören muss, daß sie mit ner (gelegentlichen) 3- als Ausländerin nicht so schlecht sei, mit der Begründung „Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn“.

    Und solcherlei Geschichten hab ich zuhauf (sollte vllt mal nen Buch schreiben). Viele haben überhaupt keine Ahnung, was an den Schulen abgeht, was für ein Schlag ins Gesicht das für ein Kind sein muss, wenn es sich mit Rassismus auseinandersetzen muss, wo es doch nix mehr möchte, als einfach dazuzugehören.

    Ich wäre dafür, mal ne Kontrolle einiger Lehrer in Deutschland durchzuführen und auffallend (zahlenmäßig viele) negative Noten von ausländischen Schülern (die zB bei nem anderen Lehrer noch eklatant besser waren) unter die Lupe zu nehmen. Ich bin sicher, da würde das Eine oder Andere ans Tageslicht kommen und das könnte vllt ein paar Kindern helfen, eine normale Schullaufbahn zu absolvieren.

  3. Handy sagt:

    Nun wenn einen das Studium überfordert, dann hört man eben auf. Jobben tun übrigens die meißten derjenigen, die das Studium schaffen auch. So wie ich es geschafft habe. Das Problem ist eher, das heute fast jeder das Abi geschenkt bekommt, außer in Bayern natürlich.