Bundesfamilienministerium

Rechtsextremismus? Ja, aber nur präventiv.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wolle keine Stellungnahme zu der aktuellen Rechtsterrorismusdebatte abgeben. Schließlich sei das Familienministerium für Rechtsextremismus ja „nur präventiv“ zuständig.

Von Dienstag, 15.11.2011, 7:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 20.11.2011, 23:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Ob Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eine Stellungnahme zu den rechtsterroristischen Akten abzugeben gedenke, wollte die MiGAZIN Redaktion gestern wissen. „Nein“, lautete die Antwort aus dem Bundesfamilienministerium – verdutzt. Schließlich habe das Familienministerium nichts mit der Thematik zu tun.

– „Ist das Familienministerium denn nicht zuständig für Rechtsextremismus?

___STEADY_PAYWALL___

– „Ja, aber nur präventiv“.

– „Eben!

Die Antwort des Ministeriums lässt tief blicken und ist bezeichnend für den Umgang mit Rechtsextremismus. Jetzt, wo die Taten bereits geschehen sind, scheint für Prävention kein Raum mehr zu bleiben. Schließlich kann man das Geschehene nicht mehr rückgängig machen. Hier gilt aber: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Mehr sogar: Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist ein Fortwährender, ohne Halbzeit- und ohne Schlusspfiff.

Als Cem Özdemir am Sonntagabend bei Günther Jauch von einem Aussteiger wissen wollte, ob Äußerungen von Politikern und Publizisten, rechtsextreme Gewalttaten möglicherweise fördern, sagte dieser: „Genau das ist der springende Punkt.“ Solche Täter handeln in dem Bewusstsein, das zu tun, was der Rest sich nicht traut. Sie meinen, im Namen der sog. „schweigenden Mehrheit“ zu handeln. Sie legitimieren ihre Handlung also durch eine vermeintliche Zustimmung von außen.

Um solche Wahnvorstellungen erst überhaupt nicht entstehen zu lassen, muss man tätig werden – präventiv. Und dazu gehört insbesondere, dass die dafür zuständige Bundesfamilienministerin sich äußert. Zeitnah, unmissverständlich und mit aller Schärfe. Schließlich soll niemand auch nur im entferntesten auf die dumme Idee kommen, dass Schweigen Zustimmung bedeuten könnte.

Zum Glück hat sich Angela Merkel geäußert – diesmal, wenn auch mit einigen Tagen Verzögerung. Gestern auf dem CDU-Parteitag bezeichnete sie die Taten als eine „Schande für Deutschland“. Nach dem Mord an Marwa El-Sherbini im Dresdener Gerichtssaal, wartete man vergeblich auf ein Statement der „auch unserer Bundeskanzlerin“.

Auch die Innenminister der Länder und des Bundes haben die Taten bereits verurteilt – kühl, analytisch, differenziert und gezwungenermaßen. Denn die Verfassungsschutzbehörden, die den Innenministerien unterliegen, stehen im Verdacht, die Täter gekannt zu haben und dennoch untätig geblieben zu sein. Darauf ist auch die nahezu gesamte mediale Aufmerksamkeit gerichtet. Sollten sich die Vermutungen erhärten, käme das einem Watergate Made in Germany gleich. Ein Skandal.

Dabei gibt es viele Skandale, die selten beachtet und thematisiert werden. In den jährlichen Verfassungsschutzberichten ist ohne erkennbaren Grund eine deutliche Verschiebung der Prioritäten von rechts nach links zu erkennen. Internetportale wie „Politically Incorrect“ werden mit dreisten Begründungen nicht einmal beobachtet. Es ließen sich noch unzählige Beispiele aufführen, wie Präventionsarbeit im oben genannten Sinne in die falsche Richtung geht – senden von unterschwelligen Signalen, die rechtsextreme Täter in ihrem Handeln bestärken.

Die Zahlen jedenfalls sprechen für sich. Monat für Monat werden in Deutschland Hunderte politisch rechts motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund registriert, die MiGAZIN – und sonst kaum ein Medium – monatlich veröffentlicht. Und niemanden interessiert‘s.

Auch die Bundesfamilienministerin nicht. Ungeachtet dieser Zahlen gehörten zu ihren ersten Amtshandlungen unter anderem die Etablierung des Begriffs „Deutschenfeindlichkeit“ unter Ausländern. Auch eine Art von Präventionsarbeit – ebenfalls falsch. Denn nicht nur die Nichtbeachtung von Rechtsextremismus bestärkt die Täter in ihrem Handeln, sondern auch die Schaffung von Feindbildern, die auch mal als „zu viele kriminelle Ausländer“, mal als „Integrationsverweigerer“, mal als „Sozialschmarotzer“ usw. bezeichnet werden.

Schließlich, soll man das ja wohl noch sagen dürfen. Zu Recht. Aber bitte sachlich, differenziert und mit kühlem Kopf – kurz: präventiv. Sonst wird auch die nächste Quittung nicht lange auf sich warten lassen. Die Intervalle sind eh schon bedrohlich kurz genug geworden.
Leitartikel Meinung

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Naja sagt:

    @ Yilmaz

    Glaubt Ihnen doch eh keiner…

  2. Bert sagt:

    @Naja:

    Ich kann Yilmaz schon verstehen !

    Wenn ich in einem Land leben würde, in dem man mich nicht mag, mich beschimpft, mich nicht versteht, bedroht, beleidigt, das meine Religion nicht will und das mich in der Ausübung selbiger behindert, mit dem ich mich nur ganz wenig identifizieren kann und dessen Menschen und Lebensweise ich verachte, – dann würde ich auch in ein anderes Land gehen!

  3. Pragmatikerin sagt:

    @Yilmaz

    als was leben Sie dann in der Türkei? Als Deutschtürke (Deutschländer), der sich auch erst die Anerkennung der Türken erkämpfen muss?

    Ich wünsche Ihnen auf jeden Falle alles Gute.

    Pragmatikerin

  4. delphin sagt:

    Herr Sezer,

    alle hier lebenden Muslime sind also Demokraten und fügen sich perfekt in die westliche Lebenswirklichkeit ein. Dem gegenüber stehen böse deutsche Rechtspopulisten – querstrich – Rechtsextreme – querstrick – Islamkritiker! Erschreckend einseitig gedacht.

    Grundtenor: arme, brave Muslime VS. böse, von Rechtsextremen durchsetzte Deutsche.

    Ich denke eher, was Zensus denkt: Archaische Sitten und frömmelnde Religionsanhänger sind nicht kompatibel mit aufgeklärten, demokratisch-westlichen Strukturen. DAS ist das Problem.

  5. MoBo sagt:

    delphin: Und deswegen soll die Regierung nichts gegen Terror von rechts machen?! Sie lenken mit ihrer Ablehnung von Ausländern doch nur von dem Thema ab, nämlich dass der deutsche Staat versagt hat.

    Das Problem hier sind die Morde.

  6. nanni 60 sagt:

    wieder mal wird auf die tränendrüse gedrückt. hat irgendwer auch nur EIN wort gehört, als rechtsextreme, nationalistische türken die christen in malatya hingerichtet,nein, abgeschlachtet, haben? ich nicht.
    aber das waren ja bloß christen, nicht wahr?
    natürlich ist es fatal, denn jetzt wird wieder die nazikeule geschwungen und unsere regierung gibt nach. wer will schon nazi sein.
    jetzt wird wieder so getan, als ob in der türkei nix passieren würde. ob da nicht journalisten mit billigung der sicherheitsorgane auf offener straße erschossen würden. nein, in der türkei doch nicht……
    ich kanns nicht mehr hören.

  7. delphin sagt:

    „Und deswegen soll die Regierung nichts gegen Terror von rechts machen?“

    Wo sagte ich das? Die Regierung soll gegen JEDE FORM des Terrors was machen! ist doch vollkommen logisch!

  8. Fikret sagt:

    Der Rechtsextreme aus Norwegen hat 77 Menschen getötet und sagte danach –> Ich bin unschuldig — Das ist die Logik der Nazi’s. Eine Diskussion ist sinnlos.man muss sie bekämpfen wo man die Ungeziefer sieht. Möglichtst Gewalt frei.

  9. nunja sagt:

    zu nanni60
    nicht soweit zurück
    aktuell ist dies doch eher,
    aber sowas wird keine beachtung finden ………..

    Die jüngste Serie brutaler Angriffe in Nord-Nigeria zeigt, wie gefährlich die Lage für Christen in dieser Region auch weiterhin ist. Radikale Muslime gehen immer wieder mit Gewalt gegen Kirchengemeinden vor. Das Hilfswerk Open Doors führt Nord-Nigeria auf dem Weltverfolgungsindex an der 23. Stelle. Es bittet um Gebet für die Christen in dem Land, um ihnen in dieser schweren Zeit beizustehen.

    Zehn Kirchen zerstört

    Mindestens 150 Menschen wurden im Bundesstaat Yobe bei einer Serie von Angriffen der radikal-islamischen Sekte „Boko Haram“ (zu Deutsch „moderne Erziehung ist Sünde“) getötet, darunter mehr als 130 Christen. Hunderte weitere Menschen werden noch vermisst. Mindestens zehn Kirchen wurden bei Sprengstoffschlägen zerstört. Am 4. November stürmten über 200 Angreifer die Landeshauptstadt von Yobe, Damaturu, und blockierten die Hauptverkehrsstraßen. Dann verübten sie Bombenanschläge auf das Polizeihauptquartier, Polizeiwachen und Kirchen. In dem überwiegend von Christen bewohnten Viertel „New Jerusalem“ wurden viele Christen regelrecht hingerichtet, weil sie das islamische Glaubensbekenntnis nicht aufsagen konnten.

  10. Fikret sagt:

    @ nunja,sie sind dabei geschichkt das Thema zu ändern, Andere Radikale sind auch Gefährlich,Das wissen wir bereits,wie die innerfamiliäre Gewalt. Dadurch werden die Rechtsradikale nicht neutralisiert.