Bundesfamilienministerium

Rechtsextremismus? Ja, aber nur präventiv.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wolle keine Stellungnahme zu der aktuellen Rechtsterrorismusdebatte abgeben. Schließlich sei das Familienministerium für Rechtsextremismus ja „nur präventiv“ zuständig.

Ob Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eine Stellungnahme zu den rechtsterroristischen Akten abzugeben gedenke, wollte die MiGAZIN Redaktion gestern wissen. „Nein“, lautete die Antwort aus dem Bundesfamilienministerium – verdutzt. Schließlich habe das Familienministerium nichts mit der Thematik zu tun.

– „Ist das Familienministerium denn nicht zuständig für Rechtsextremismus?

___STEADY_PAYWALL___

– „Ja, aber nur präventiv“.

– „Eben!

Die Antwort des Ministeriums lässt tief blicken und ist bezeichnend für den Umgang mit Rechtsextremismus. Jetzt, wo die Taten bereits geschehen sind, scheint für Prävention kein Raum mehr zu bleiben. Schließlich kann man das Geschehene nicht mehr rückgängig machen. Hier gilt aber: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Mehr sogar: Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist ein Fortwährender, ohne Halbzeit- und ohne Schlusspfiff.

Als Cem Özdemir am Sonntagabend bei Günther Jauch von einem Aussteiger wissen wollte, ob Äußerungen von Politikern und Publizisten, rechtsextreme Gewalttaten möglicherweise fördern, sagte dieser: „Genau das ist der springende Punkt.“ Solche Täter handeln in dem Bewusstsein, das zu tun, was der Rest sich nicht traut. Sie meinen, im Namen der sog. „schweigenden Mehrheit“ zu handeln. Sie legitimieren ihre Handlung also durch eine vermeintliche Zustimmung von außen.

Um solche Wahnvorstellungen erst überhaupt nicht entstehen zu lassen, muss man tätig werden – präventiv. Und dazu gehört insbesondere, dass die dafür zuständige Bundesfamilienministerin sich äußert. Zeitnah, unmissverständlich und mit aller Schärfe. Schließlich soll niemand auch nur im entferntesten auf die dumme Idee kommen, dass Schweigen Zustimmung bedeuten könnte.

Zum Glück hat sich Angela Merkel geäußert – diesmal, wenn auch mit einigen Tagen Verzögerung. Gestern auf dem CDU-Parteitag bezeichnete sie die Taten als eine „Schande für Deutschland“. Nach dem Mord an Marwa El-Sherbini im Dresdener Gerichtssaal, wartete man vergeblich auf ein Statement der „auch unserer Bundeskanzlerin“.

Auch die Innenminister der Länder und des Bundes haben die Taten bereits verurteilt – kühl, analytisch, differenziert und gezwungenermaßen. Denn die Verfassungsschutzbehörden, die den Innenministerien unterliegen, stehen im Verdacht, die Täter gekannt zu haben und dennoch untätig geblieben zu sein. Darauf ist auch die nahezu gesamte mediale Aufmerksamkeit gerichtet. Sollten sich die Vermutungen erhärten, käme das einem Watergate Made in Germany gleich. Ein Skandal.

Dabei gibt es viele Skandale, die selten beachtet und thematisiert werden. In den jährlichen Verfassungsschutzberichten ist ohne erkennbaren Grund eine deutliche Verschiebung der Prioritäten von rechts nach links zu erkennen. Internetportale wie „Politically Incorrect“ werden mit dreisten Begründungen nicht einmal beobachtet. Es ließen sich noch unzählige Beispiele aufführen, wie Präventionsarbeit im oben genannten Sinne in die falsche Richtung geht – senden von unterschwelligen Signalen, die rechtsextreme Täter in ihrem Handeln bestärken.

Die Zahlen jedenfalls sprechen für sich. Monat für Monat werden in Deutschland Hunderte politisch rechts motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund registriert, die MiGAZIN – und sonst kaum ein Medium – monatlich veröffentlicht. Und niemanden interessiert‘s.

Auch die Bundesfamilienministerin nicht. Ungeachtet dieser Zahlen gehörten zu ihren ersten Amtshandlungen unter anderem die Etablierung des Begriffs „Deutschenfeindlichkeit“ unter Ausländern. Auch eine Art von Präventionsarbeit – ebenfalls falsch. Denn nicht nur die Nichtbeachtung von Rechtsextremismus bestärkt die Täter in ihrem Handeln, sondern auch die Schaffung von Feindbildern, die auch mal als „zu viele kriminelle Ausländer“, mal als „Integrationsverweigerer“, mal als „Sozialschmarotzer“ usw. bezeichnet werden.

Schließlich, soll man das ja wohl noch sagen dürfen. Zu Recht. Aber bitte sachlich, differenziert und mit kühlem Kopf – kurz: präventiv. Sonst wird auch die nächste Quittung nicht lange auf sich warten lassen. Die Intervalle sind eh schon bedrohlich kurz genug geworden.