Buchtipp zum Wochenende
Migrationsreport 2010 – Fakten, Analysen, Perspektiven
Der Migrationsreport 2010 unterzieht die Islampolitik der Bundesrepublik, die vor einem Dilemma steht und nach dem Modell von Zuckerbrot und Peitsche vorgeht, einer kritischen Analyse.
Freitag, 16.09.2011, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 18.11.2011, 6:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ausgangspunkt ist, dass derzeit eine gegenläufige Tendenz zu beobachten ist: Einerseits werden verstärkt integrative Anstrengungen unternommen mit dem Ziel, den Islam als Teil der gesellschaftlichen Normalität in Deutschland akzeptieren; entsprechende Stichworte sind unter anderem Islamkonferenz, Imamausbildung, Unterrichtsmöglichkeiten in Fragen islamischer Religion und die Einrichtung von Instituten für Islamische bzw. –Islamwissenschaftliche Theologie an mehreren deutschen Universitäten. Andererseits wird zunehmender Druck auf bestimmte Gemeinden ausgeübt, die mit einer Serie von zum Teil mittlerweile eingestellten Verfahren überzogen wurden.
Beide Seiten der Islampolitik stehen in einem inneren Zusammenhang. In ihnen kommt Grundwiderspruch der Islampolitik zum Ausdruck, der letztendlich mit dem von der Politik favorisierten Leitbild eines reformierten europäischen Islam zusammenhängt. Die im Koordinationsrat vertretenen Gemeinden entsprechen diesem Bild nicht.
Dilemma
Die Islampolitik steht daher vor dem Dilemma, einerseits mit den islamischen Dachverbänden nicht kooperieren zu wollen, andererseits aber nicht an ihnen vorbeizukommen, weil sie die entscheidenden Anbieter religiöser Dienstleistungen sind – schließlich werden 70 Prozent der in Deutschland existierenden Moschee von ihnen betrieben.
Auf diesem Hintergrund wird mit einer Politik nach dem Modell von Zuckerbrot und Peitsche vorgegangen: Auf einen Teil der Gemeinden wird über die Schaffung von Chancenstrukturen und „Dialogangeboten“ dahingehend einzuwirken versucht, dass sie sich in Richtung des von der deutschen Politik formulierten Leitbildes bewegen. Gleichzeitig wird ihr Einfluss begrenzt und neutralisiert.
Blind
Eine wichtige Rolle spielen dabei die nicht-organisierte „säkularen Muslime“, die über staatlich ernannte Vertreter, mittlerweile in praktisch allen Gremien und Beiräten vertreten sind. Gemeinden, die gegen diese Politik Widerstand leisten, werden dagegen zunehmend ausgegrenzt. An ihnen bzw. ihren Vertretern wird ein Exempel statuiert.
Das Problem dieser Politik besteht darin, dass sie blind gegenüber den Bewegungen ist, die aus den Gemeinden selbst kommt. Wie im Rahmen dieser Politik agiert wird, wie sie sich historisch entwickelt hat und wie sie sich auswirkt ist Gegenstand der Beiträge des Bandes.
Die Herausgeber
Marianne Krüger-Potratz ist Leiterin der Arbeitsstelle Interkulturelle Pädagogik der Universität Münster. Werner Schiffauer lehrt Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). (pm/eb)
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