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Ist Frau Necla Kelek eine Verschwörungstheoretikerin?

Warum ärgert sich Frau Kelek so sehr, wenn Studien positive Ergebnisse zu Migration und Integration in Deutschland liefern? Liegt es vielleicht daran, dass Frau Kelek möglicherweise eine ethnische Unternehmerin ist, für die Integrationsfortschritte und Nicht-Ethnisierung von Problemen eher einen Nachteil darstellen?

Von Coşkun Canan Freitag, 13.05.2011, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.05.2011, 1:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Neulich ist in der FAZ wieder ein erfrischender Beitrag zum Thema Integration erschienen. Der Titel: „Professor Bade gibt den Anti-Sarrazin“, die Autorin: Necla Kelek. Darin geht es um Professor Klaus Bade, den Vorsitzenden des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration und seine angebliche Macht, neue Bilder zu schaffen – Bilder von Menschen mit Migrationshintergrund die nicht in das Bild anderer z.B. Necla Kelek passen.

Frau Kelek zufolge, arbeitet Herr Bade nicht wissenschaftlich, er sei Mitglied in einem einflussreichen Netzwerk, das Professoren, Doktoranden und Studenten diskriminiere. Und das alles nur, weil Herr Bade ein anderes Bild von Migration und Integration in Deutschland zeichnet als Frau Kelek selbst. Natürlich kann sie das alles nicht belegen, sie nimmt es bloß so wahr, weil Betroffene das so erzählt hätten oder weil sie die Repräsentativität der Studie des Sachverständigenrats Migrationsland 2011 anzweifelt.

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Nun habe ich mich unweigerlich gefragt, warum ärgert sich Frau Kelek so sehr, wenn Studien positive Ergebnisse zu Migration und Integration in Deutschland liefern und warum sie auf solche absurde Gedanken kommt, dass ein einzelner Professor den ganzen Wissenschaftsbetrieb zum Thema Integration und Migration beherrscht und manipuliert? Der Sachverständigenrat, dem Bade vorsteht sammelt und analysiert das Wissen in Deutschland zum Thema Integration und Migration. Kelek hat keinen Zugang zu diesem Wissen – ihre Basis und ihr Erfolg ist die anekdotische Evidenz – nach dem Motto: „Neulich ging ich in Neukölln über die Straße, da kam mir eine Gruppe von Importbräuten entgegen …“

Hier nun meine „verschwörungstheoretischen“ Gedanken: Liegt es vielleicht daran, dass Frau Kelek möglicherweise eine ethnische Unternehmerin ist, für die Integrationsfortschritte und Nicht-Ethnisierung von Problemen eher einen Nachteil darstellen, weil sie sonst kein Thema mehr hätte, an dem sie sich abarbeiten könnte, was wiederum zu mangelnder Aufmerksamkeit und Anerkennung führen würde? Wäre dem so, so müsste sie als ethnische Unternehmerin ein Interesse daran haben, dass bestimmte Bilder von Menschen mit Migrationshintergrund weiterhin bestehen und in die dritte Generation getragen werden, obwohl hier die Welt ganz anders aussieht. Das würde auch erklären, warum sie Herrn Sarrazin, der offenkundig unwissenschaftlich und mit ähnlichen Bildern arbeitet, zur Seite steht.

Situative Verhaltensänderungen sind bei Frau Kelek natürlich auch möglich, nämlich immer dann, wenn sie sieht, dass an den Bildern der Anderen auch etwas Wahres dran ist. Dann nämlich kann sie die Integrationserfolge für sich beanspruchen, indem sie behauptet, sie habe schließlich die Debatten angestoßen, wodurch sie wieder mit Aufmerksamkeit und Anerkennung rechnen könnte. Und das, obwohl sich Integrationserfolge quantitativ schon vorher -unabhängig von Frau Kelek – abgezeichnet hatten und mittlerweile immer mehr zutage treten – das wäre also eine Art von Freeridertum.

Nun ja, Herr Bade scheint ihr doch ein Dorn im Auge zu sein, da er ihre ethnischen Unternehmungen anscheinend stört und ihre anekdotische Evidenz sich in „früher-war-doch-alles-anders-Erzählungen“ verflüchtigen. Entsprechend reagiert sie missmutig. Aber ganz ehrlich: Würden wir es anders machen, wenn unsere Bilder, mit denen wir uns so sehr identifizieren und die sich jahrelang gut verkauft haben, plötzlich out wären und immer blasser würden?

PS: Die Studie des Sachverständigenrats ist repräsentativ, weil es sich um eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe handelt: Kleine Gruppen werden überproportional in die Stichprobe aufgenommen. Durch dieses Oversampling soll zunächst eine größere Varianz gewährleistet werden. Danach wird das Oversample durch Gewichtung so aufgehoben, dass die überproportional in die Stichprobe eingegangenen Gruppen ihren eigentlichen Anteilen in der Bevölkerung entsprechen. Diese Vorgehensweise ist in der empirischen Sozialforschung eine gängige Methode (z.B. ALLBUS), um detailliertere und aussagekräftigere Daten über kleine Gruppen zu erhalten. Aber als Soziologin müssten Sie das wissen Frau Kelek, wenn nicht, dann schlagen Sie es nach. Aktuell Meinung

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  1. Mika sagt:

    Tja, viele Kommentatoren sind in der Tat armselig und naiv: Da spricht beispielsweise Frau Kelek an, dass angeblich überproportional viele junge muslimische Mädchen vom Schwimmunterricht abgemeldet werden. Dieses wurde eindeutig widerlegt:

    Bahners: Sie haben 2006 im Auftrag der Islam-Konferenz eine Expertise über das Problem der Abmeldungen vom Sportund Schwimmunterricht eingereicht. Es stellte sich heraus, dass sich daraus gar keine belastbaren Daten ableiten lassen. Es handelt sich um Gerüchte.

    Kelek: Haben Sie in irgendeiner Schule nachgefragt?

    Bahners: Der Kollege Martin Spiewak von der “Zeit” hat bei den Schulen nachgefragt und Ihre Darstellung widerlegt. Alle Kultusministerien geben übereinstimmend an, das Problem sei nicht erheblich. An die Stelle der Empirie treten bei Ihnen Verschwörungstheorien, wonach ein Kartell der Gutmenschen dafür sorgt, dass über die Probleme nicht geredet werden darf.

    Und genauso verhält es sich mit den anderen „Gerüchten“! Frau Kelek ist einfach nur Gift für das Verhältnis von Deutschen und Migranten. Sie macht alles nur noch schlimmer. Es ist eine Sache, Missstände aufzugreifen und Kritik zu üben, eine andere ist es jedoch Publicity in eigener Person zu betreiben und sich als Rampensau aufzuführen, nur damit sich ihre Bücher verkaufen! Und das alles auf den Rücken der Migranten! Eine Expertin kann ich wahrlich nicht erkennen!

  2. Fikret sagt:

    @ keton
    Seyran Ates ist in Ordnung. Da gibt es nicht viel zu kritisieren. Die ganze Kritik gilt hier der Alleswisserin Necla Kelek (die davon profitieren will). Man muss schon differenzieren können.

  3. keton sagt:

    @ Fikret
    Gerade Ihnen hätte ich eine derart feinsinnige Unterscheidung eher nicht zugetraut.
    Normalerweise wird hier Ates zusammen mit Kelek und Hirsi Ali und allen anderen in die selbe Schublade gesteckt. Meiner Meinung nach liegt der Unterschied in der größeren argumentativen Schärfe und damit der größeren Duchschlagskraft von Kelek.
    Soso, sie will profitieren. Was sagen Sie denn zur staatlich üppig alimentierten Integrationsindustrie samt den anhängigen Instituten, die Kelek so treffend wie immer auf’s Korn genommen hat? Die könnte man eher als Profiteure bezeichnen. Wie zufällig muß ich da gerade an das argumentative Sperrfeuer eines Leo Brux denken- warum bloß!?
    Erklären Sie doch bitte mal worin Sie den so gravierenden Unterschied zwischen Kelek und Ates sehen? Würde mich wirklich interessieren.

  4. Bogomil sagt:

    @Manfred O.

    Ihre Aussage „Sagen Sie es doch kurz und einfach:… “ finde ich stereotypengerecht. Natürlich wird von außen jede Kritik erst einmal in die Schublade „Ehrkränkung, Kritik an Nestbeschmutzern, etc.“ gesteckt. Allerdings ist die Grundlage meiner Kritik nicht eine derartige. Ich finde einfach, wenn das eigentliche Ziel in diesem Land es ist, dass Ausländer, in diesem Fall Türken, und Deutsche ein besseres Zusammenleben erlangen sollen, dann müssen produktive Diskussionen angeregt/ Lösungswege gesucht werden. Dies ist aber nicht über den Weg, Defizite/ Mängel der eigenen oder auch der anderen Kultur aufzudecken, möglich – allerdings ist das für die Allgemeinbevölkerung viel interessanter (ebenso werden Türken sehr aufmerksam, wenn es um negative Schlagzeilen von Deutschen geht). Würde der Offenlegung solcher kulturellen Defizite, wie sie z.B. von Frau Kelek angesprochen werden, eine produktive Problembewältigung bzw. Lösungssuche folgen, würde ich sie als „Integrationsbefürworterin/ -förderin“ ebenfalls unterstützen. Aber es geht nicht, dass man immer nur kritisiert und sich nicht vom eigenen Standpunkt wegbewegt, um dem Kritikinhalt den Kampf anzusagen. Ob diese Personen das Risiko von der eigenen/anderen Gruppe evtl. auch mit Morddrohungen belästigt zu werden, in Kauf nehmen oder nicht, ist für mich persönlich erst mal nicht relevant, ob ich diese Personen allein aufgrund dieser Tatsache in ihrer Meinung unterstütze. Andere Profite scheinen wohl doch stärker zu sein als dieses Risiko in Gefahr zu nehmen – und ich wünschte mir, dieses Profit hätte zum Ziel, das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen in diesem Land positiv zu fördern.

    Ist “im Programm” nicht vorgesehen. Nennt sich SELBSTKRITIK.

  5. Leon sagt:

    @ Bogomil
    Ich stelle mir schon die Frage, wie man reale Konflikte und Probleme, die nicht benannt werden dürfen, überhaupt gelöst werden können.

  6. Bogomil sagt:

    @Leon:

    Diese Frage würde ich mir auch stellen, wenn es so eine Behauptung gebe!!!!! Man sollte die Beiträge bitte genau lesen und nicht nur ein-zwei Sätze herauspicken, die dann kommentiert werden. Ich schrieb, dass auf eine Kritik etwas folgen muss – wozu kritisiert man sonst??? Aber Frau Kelek bringt keine Taten, auch nicht in ihren Diskussionen – zumindest vermittelt sie mir nicht das Gefühl, an einer Lösung interessiert zu sein, denn in den letzten Jahren hat sie nichts getan außer kritisieren!!! Auf (Selbst- oder Fremd-) Kritik muss immer ein Vorschlag, wie es besser gehen könnte, folgen. Frau Kelek mag mal eine Diskussionsantreiberin gewesen sein, aber darüber hinaus hat sie nichts beigetragen, daher verdient sie es nicht als „Vorzeigebeispiel für Deutsch-Türken“ zu sein!!!! Also nochmal für alle: Kritik ist essentiell für jegliches Zusammenleben, aber nur dann produktiv, wenn sie den Anspruch hat, das Problem zu lösen.

  7. leila sagt:

    Ist Coşkun Canan ist ein Verschwörungstheoretiker?
    Oder mangelt es ihm lediglich am Leseverständnis. Frau Kelek geht es in ihrem FAZ-Artikel weitaus weniger um die Studie, sondern um die Unterbindung offener Debatten durch ein alimentiertes Migrationsforschungskartell. Die Studie ist lediglich ein randthema, Keleks Kernsatz lautet :“So zerredet ein in seinen Forschungen redlicher, aber als Migrationspolitiker letztlich erfolgloser Professor seine Reputation und verheddert sich in der Politik, die wahrlich nicht sein Feld ist.“
    Tatsächlich hat sich Professor Bade bei der Präsentation der Studie zu Aussagen hinreißen lassen, die weder Im Zusammenhang mit den Fragen noch den Ergebnissen der Studie standen, sondern auf seine eigenen Verschwörungstheorien beruhten.

  8. Tupac sagt:

    was ist das denn für eine argumentation bitte, nur weil es ein randthema ist kann man die Unwahrheit sagen oder was? und offene Debatten finden statt, Kelek-Debatten finden anscheinend nicht mehr so statt, wie sie es gerne hätte.