EU-Marathon der Türkei

„Visa-Mauern“ statt Freiheit

Das Rückübernahmeabkommen mit der Türkei wurde im Februar dieses Jahres fertig gestellt. An der Visumpflicht ändert dies bislang jedoch noch nichts. Der türkische Außenminister sieht das kritisch und unterstellt der EU, „Visa-Mauern“ zu errichten.

Von Freitag, 18.03.2011, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 25.11.2011, 23:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Rückübernahmeabkommen steht fest, jedoch pocht die Türkei im Gegenzug darauf, Visaerleichterungen für ihre Bürger zu erhalten. Die deutsche Bundesregierung hält indes an der Visumpflicht fest, obwohl das Verwaltungsgericht in München im Februar dieses Jahres ein anderes Urteil gefällt und die visafreie Einreise auf drei Monate begrenzt hat (Az. M 23 K 10.1983).


“Visa-Mauern“

Unterdessen wirft der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu der EU die Errichtung von „Visa-Mauern“ vor. Die Türkei verfolge dagegen eine Politik der Aufhebung von Grenzen im Nahen Osten und in den Balkanstaaten. Die EU müsse nunmehr endlich entscheiden, ob sie die Türken als Gewinn oder als Risiko betrachte.

Die Türkei als Risiko?

Offensichtlich wird die Türkei als Risiko eingestuft. Nicht zuletzt ist das den 36 000 Flüchtlingen geschuldet. Denn diese massive Zahl von (afrikanischen) Flüchtlingen war letztes Jahr über die Türkei nach Griechenland geflohen und hatte zum ersten Mal die für die Koordination der Grenzsicherheit zuständige Agentur Frontex auf den Plan gerufen. Die Türkei hat sich jedoch nunmehr bereit erklärt, die Rücknahme zukünftiger Flüchtlinge auf türkischem Boden zu gewährleisten. Mit der visafreien Einreise ist zudem keine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis verbunden, welche das Schreckgespenst der Europäer darstellen. Nein, dies wäre wohl nicht einmal möglich, wenn die Türkei die Vollmitgliedschaft erhielte. Welch ein Glück für das vor starken und jungen Arbeiterinnen und Arbeitern strotzende Europa!

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„Alle Länder will ich als eigenen Besitz betrachten, den meinigen als den aller“ (Lucius Annaeus Seneca 4 v.Chr.-65 n.Chr.)

Visaerleichterungen als Gegenmittel zum Stillstand der Beitrittsverhandlungen
Die Visaerleichterungen wären ein großartiges Signal der EU, die festgefahrenen Beitrittsverhandlungen wieder voranzubringen. Diese stehen wegen des Zypernproblems und Vetos von Frankreich nahezu still. Die EU könnte zudem verlorengegangenes Vertrauen sowohl bei der türkischen Regierung als auch bei der türkischen Bevölkerung zurückgewinnen. Der Zuspruch dieser für den EU-Beitritt sank, nachdem in der EU die Stimmen der Beitrittsgegner immer zahlreicher und lauter geworden waren. Einen der lautesten Beitrittsgegner verkörpert der französische Präsident Sarkozy, der in Artikel 88-5 der französischen Verfassung ein obligatorisches Referendum einfügte, in dem über den endgültigen Beitritt eines Kandidatenlandes entschieden werden wird. Vor diesem Hintergrund fielen die Umfragewerte für einen EU-Beitritt in der Türkei in dem Maße, wie die Glaubwürdigkeit der Beitrittsperspektive der EU abnahm. Während die EU durch Sanktionen gegen ihre Mitgliedstaaten, die Angleichung von Gesetzen durchsetzen kann, hat sie in Bezug auf die Beitrittskandidaten lediglich die Möglichkeit der Setzung von Anreizen, wovon der stärkste eine glaubwürdige Beitrittsperspektive darstellt. Solange die Türkei an diese Beitrittsperspektive glauben kann, wird sie ihr Rechtssystem dem der EU angleichen.

Die EU kann mehr!
Als die EU 1999 der Türkei den offiziellen Kandidatenstatus verliehen und damit ihr die Glaubwürdigkeit der Beitrittsperspektive versichert hatte, verabschiedete das türkische Parlament unmittelbar darauf 9 Reformpakete. Dies veränderte dauerhaft das politische Antlitz der Türkei. Heute bleiben jedoch mangels Zusicherung einer glaubwürdigen Beitrittsperspektitve der EU die erwünschten Reformen in der Türkei aus. Dabei könnte die EU in der Türkei regelrecht Berge versetzen, wie sie bereits in der Vergangeheit (1999-2004) offenkundig gezeigt hat. Sie zaudert jedoch schon zu lange und verspielt ihren Einfluss in einem Land, dessen politische und wirtschaftliche Macht in der Welt zunimmt. Aktuell Meinung

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  1. Pat sagt:

    Hakan Demir

    Wann werdet ihr Türken endlich einsehen das ihr NICHT willkommen seid in Europa???? Wann werden diese billigen Erpressungsversuche, dieses ständige Rumgeheule (Opferrolle) und Rassistengeschwätz sowie sogar irgendwelche Drohungen von eurer Seite eingestellt? Wie kann man nur so bescheuert sein und sich einer Union anschließen wollen, die einen mit großer Mehrheit NICHT WILL???? Trotzdem wälzen sich die Türken mit aller Macht und allen möglichen Tricks Richtung Europa.(…) wenn ihr Gespräche mit Europa wünscht dann sollt ihr diese erhalten. Aber es sollte dabei nicht um euren Beitritt zur EU gehen, sondern um die RÜCKFÜHRUNG aller in Europa lebenden Türken in die Türkei. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, sollte man eine 100m hohe Mauer an allen EU-Außengrenzen zur Türkei bauen und eine riesige Mittelmeerflotte aufstellen, die den Seeweg nach Europa sichert. Bleibt (…) nochmal auf eurer Seite und widmet euch den Völkern die euch nahe stehen und mit denen ihr geschichtlich, kulturell und religiös verbunden seid. Bildet eure eigene Union mit euren Brüdervölkern Azerbaidschan, Turkmenistan und Mongolei. Lasst Europa endlich in Ruhe!

  2. Europa sagt:

    Die Türkei versucht für jeden Schritt den sie in Richtung EU macht eine Gegenleistung von der EU zu bekommen und das obwohl bereits etliche EU-Milliarden in Richtung Türkei geflossen sind. Die Türkei hat sich der EU anzupassen und zwar komplett bis zum letzten Paragraphen. Bis Heute hat die Türkei die einfachsten und wichtigsten Reformen in Fragen der Menschenrechte, Religionsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit nicht erfüllen können. Nicht die EU ist das Problem, sondern ganz alleine die Türkei, denn man darf nciht vergessen dass die Türkei immer noch EU-Gebiet (Nord-Zypern) besetzt. Warum man mit solch einem land einen Beitritt verhandelt ist mir ein Rätsel. Ein Krieg wäre wohl angebrachter!
    Es wäre heuchlerisch von der EU die Türkei nur aus dem Grund aufzunehmen, weil es ein islamisch geprägtes Land ist. Die EU sollte sich als Christenclub gegenüber anderen Nationen isolieren, denn gibts auch weniger Probleme mit Muslimen.

    Vorallem waren Türken und Europäer sich noch nie so einig über das nciht eintreten der Türkei wie Heute.

    „Welch ein Glück für das vor starken und jungen Arbeiterinnen und Arbeitern strotzende Europa! “

    Die Lösung für das Problem ist nicht, dass man massenweise junge Menschen aus einer fremdartigen Kultur wie der Türkei importiert, sondern dass man den Menschen einen Rahmen schafft in denen sie gerne Kinder auf die Welt bringen wollten. Wie blöd drauf losvögeln, kann jeder, aber man muss seinem Kind auch eine Zukunft bieten können und darauf scheinen viele im arabischen Raum zu sch***. Vorallem kommt es den Kindern der Einheimischen nicht entgegen, wenn die hälfte der Klasse kein Deutsch sprechen kann.

  3. MoBo sagt:

    @ Pat: „Aber es sollte dabei nicht um euren Beitritt zur EU gehen, sondern um die RÜCKFÜHRUNG aller in Europa lebenden Türken in die Türkei. “

    Hahaha, also auch der 10% türkischer Bulgaren die EU Bürger sind und deren Vorfahren vor über 400 Jahren dort eingewandert sind? Was für ein Wahnsinn.

    (im Übrigen: schreien macht eine Argumentation nicht besser, all caps ist Schreien im Internet)

  4. Karl Willemsen sagt:

    „…Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis verbunden, welche das Schreckgespenst der Europäer darstellen.“

    Das „Schreckgespenst“ ist nicht die Arbeits- und Aufenthalts- , sondern die Sozialleistungsentnahmeerlaubnis™! Die Einwanderung ins Sozialsystem ist bekanntlich nicht nur eine finanzielle Belastung, sondern schafft überhaupt erst den so genannten Integrationsbedarf, den diese – hier zynischerweise als „starke und junge Arbeiterinnen und Arbeiter“ benannten – fast ausschliesslich generieren (wobei „stark“ hier nichts weiter als ein Synonym für „ungebildet“ ist). Davon haben wir bereits mehr als genug.

    Noch schreckgespenstlicher ist allerdings die Tatsache, dass diese simple, empirische Erkenntis auch heute immer noch nicht angesprochen werden darf und das Volk (incl. aller Migranten) stattdessen für dumm verkauft wird.

  5. Jos. Blatter sagt:

    Es wundert mich, dass es noch Menschen gibt, die einen EU-Beitritt der Türkei für möglich halten. Die EU ist als Christenclub(Adenauer/De Gaulle) konzipiert und wird es in Zukunft auch bleiben.
    Jeder Trottel kann sehen, ob in Neukölln, Rotterdam oder in Istanbul, was eine Beteiligung kulturfremder Gruppen bedeutet, sie bedeutet Gewalt, Frauenapartheid, wirtschaftlicher Niedergang. Das können doch selbst die Türken in Deutschland nicht wollen, es sei denn, es ist der 3. Versuch!
    Aber dann sollten sie es auch sagen.

  6. EU-Beitritt sagt:

    Hi,

    die Türkei möchte die Beitrittsverhandlungen und den EU-Beitritt, weil sie dann Milliardensubventionen erhalten würde. Ich finde die Türkei arrogant und selbstverliebt.

  7. Pat sagt:

    @MoBo
    Natürlich! Fragen Sie doch mal die Bulgaren was die von dem „edlen“ Geschlecht der Türken halten, welche vor langer Zeit in ihr Land eingefallen sind und dort mittlerweile Autonomiebestrebungen hegen.

    Und ob ich Wörter groß schreibe oder nicht hat Sie nicht weiter zu interessieren. Jeder schreibt wie er möchte, also konzentrieren Sie sich lieber auf Ihren Stil anstatt andere diesbezüglich zu kritisieren/belehren.

  8. Miro sagt:

    Wolgang Schäuble hat kürzlich in einem Guardianinterview ehrliche und zutreffende Worte gefunden. Er sagte das es ein Fehler war so viele türkische Gastarbeiter nach Deutschland zu lassen. Man hatte die naive Hoffnung sie würden sich langfristig genauso integriegen wie andere Einwanderer vor ihnen (ich denk da zb an Polen und Hugenotten).
    Aber, so Schäuble weiter, die Probleme wären in der 3ten Generation schlimmer geworden, anstatt besser. Daher müsse sich die Politk in dieser Frage ändern.
    http://www.guardian.co.uk/world/2011/mar/18/german-finance-minister-guest-workers-row
    Wow immer mehr aus der politischen Klasse wachen auf und erkennen die Wirklichkeit. Danke Thilo!
    Die Visafreiheit für Türken wäre im Lichte dieser Erkenntnisse ein Rückschritt.

  9. Karmel sagt:

    Dass es keine Erleichterung in der Visa Frage gibt, ist halt den hier lebenden Landsleuten geschuldet.

  10. Melih Özkardes sagt:

    Bitte diese Petition für Visumfreheit der Türken unterschreiben:

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=16662