Bildungsstudie

Lehrer mit Migrationshintergrund sind von unschätzbarem Wert

Erstmals wurde das Selbstverständnis von Lehrkräften mit Migrationshintergrund untersucht: Welche Diskriminierungserfahrungen werden gemacht? Welche Berufsmotivationen sind erkennbar? Wie wurden Studium und Referendariat erlebt, welche Erfahrungen prägen den Schulalltag?

Mittwoch, 22.09.2010, 8:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 7 Minuten  |  

Unter der Leitung von Prof. Dr. Viola B. Georgi hat der Arbeitsbereich Interkulturelle Erziehungswissenschaft der Freien Universität Berlin im Frühjahr 2010 eine Fragebogenerhebung mit 200 Lehrenden und 60 biografische Interviews durchgeführt.

„Die schnell wachsende Zahl von Schülern sprachlich und kulturell unterschiedlicher Herkunft in Deutschland findet in der Lehrerschaft bisher keine Entsprechung. Studien aus klassischen Einwanderungsländern legen aber nahe, dass Lehrende mit Migrationshintergrund zur Gestaltung von interkulturell orientierten Bildungsprozessen beitragen können und überdies als Rollenvorbilder dienen. Eine Erhöhung des Anteils an Lehrenden mit Migrationshintergrund erscheint als ein Schlüssel für mehr Integration, Teilhabe und Schulerfolg von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, weshalb die Rolle dieser Lehrkräfte in der politischen Debatte zunehmend wichtig wird“, so die Forscher.

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Info: Am 24. September 2010 laden die Heinrich Böll Stiftung, die Freie Universität und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius in Berlin zur Diskussion der Ergebnisse der Studie im Rahmen der Konferenz „Vom multikulturellen Klassenzimmer zum multikulturellen Lehrerzimmer“ ein.

Schlüssel zur interkulturellen Schulentwicklung
In der Studie „Lehrende mit Migrationshintergrund in Deutschland: Eine empirische Untersuchung zu Bildungsbiographien, professionellem Selbstverständnis und schulischer Integration“ werden Befunde und Erwartungen aufgegriffen und einer qualitativen und quantitativen empirischen Überprüfung unterzogen. „Die Ergebnisse“, resümiert Viola B. Georgi, „zeigen, dass Lehrende mit Migrationshintergrund ein Schlüssel zur interkulturellen Schulentwicklung in Deutschland sind, aber nicht zum Allheilmittel gesellschaftlicher Integration taugen. Neben der gezielten Werbung und Rekrutierung von Lehrenden mit Zuwanderungsbiographie bedarf es flankierender Maßnahmen, etwa in der Lehreraus- und Weiterbildung, die Schule und ihre Akteure angemessen auf den Umgang mit Heterogenität vorzubereiten.“

Familienorientierung wirkt sich positiv auf den Bildungserfolg aus
Laut Studie stammt der überwiegende Teil der befragten Lehrkräfte aus Familien von Einwandern, die im Zuge der Anwerbung von Arbeitsmigranten in den 50er und 60er Jahren oder in Folge der Familienzusammenführung nach Deutschland kamen. Obwohl die Elterngeneration zumeist nur über eine geringe formale Bildung verfügt, bescheinigen die Befragten ihren Familien eine Form der emotionalen und moralischen Unterstützung, die sie als unabdingbare Voraussetzung für den eigenen Bildungserfolg charakterisieren. In einer Vielzahl der untersuchten Fälle waren die Eltern in der Lage, ihren Kindern eine positive Haltung zur Bildung sowie ein gesellschaftliches Aufstiegsversprechen zu vermitteln.

Bewusster Umgang mit sprachlicher und kultureller Differenz
Die befragten Lehrerinnen und Lehrer sind aufgrund ihres Migrationshintergrundes mit Themen kultureller Differenz und Dominanz lebensgeschichtlich befasst, wie die Studie ergab. Daraus resultiert offenbar ein bewusster Umgang mit sprachlicher und kultureller Heterogenität in der Schule. Knapp 78 Prozent der Befragten geben an, dass sie bewusst mit der sprachlichen und kulturellen Differenz innerhalb der Schülerschaft umgehen, etwa 67 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: „Ich sorge dafür, dass kulturelle und sprachliche Unterschiede an unserer Schule als Bereicherung erlebt werden“. Aktuell Gesellschaft Studien

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