Vertragsverletzungsverfahren
Geheimniskrämerei bei Nachbesserung des Diskriminierungsschutzes
Deutschland ist mit einem Vertragsverletzungsverfahren vonseiten der EU konfrontiert. Die Bundesregierung ist aber eher damit beschäftigt, Geheimniskrämerei zu betreiben, wie die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aufzeigt.
Von GastautorIn Freitag, 22.01.2010, 8:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 17:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Deutschland ist mit einem Vertragsverletzungsverfahren vonseiten der EU konfrontiert. Richtlinien, die die Gleichbehandlung von ethnischen Minderheiten, Frauen und Männern, Menschen mit Behinderung, Alten oder Homosexuellen garantieren sollen, wurden unzureichend umgesetzt. Moniert wurde von der EU, dass beispielsweise in der Arbeitswelt die Verpflichtung zur Schaffung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung nicht ausreichend im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) abgedeckt wird. Gleichfalls ist die Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Beamten- und Soldatenrecht, als auch in der Hinterbliebenenversorgung nicht ausreichend gewährleistet. Obwohl Gleichbehandlung, z.B. von ethnischen Minderheiten, auch den Kündigungsschutz abdecken muss, verweißt das AGG bislang nur auf die Regelungen im Kündigungsschutzgesetz. Das Niveau des Diskriminierungsschutzes dort ist jedoch niedriger als von der entsprechenden Richtlinie verlangt.
Hier wird von der EU erwartet, dass in Deutschland nachgebessert wird. Die Bundesregierung steht in der Pflicht, zu handeln.
Bündnis90/Die Grünen haben nun kurz vor Weihnachten in einer parlamentarischen Anfrage nachgehackt, was die Bundesregierung plant, um den EU Anforderungen nachzukommen. Die am 12. Januar 2010 veröffentlichte Antwort der Bundesregierung [pdf] ist ernüchternd.
Auf die Frage der Grünen, welche Maßnahmen in den jeweiligen Bereichen geplant sind, antwortet die Bundesregierung „sie prüfe die Rüge derzeit“. Gefolgt wird dies rosenkranzartig mit dem Hinweis, die Bundesregierung könne sich „gegenwärtig zu den möglichen Maßnahmen nicht äußern“. Zur Rechtfertigung wird Artikel 258 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU herangezogen. Dieser besagt, dass sowohl die Europäische Kommission als auch die Mitgliedsstaaten Verhandlungen zu Vertragsverletzungsverfahren vertraulich behandeln. Die Bundesregierung unterstreicht hier ganz besonders die hohe Erfolgsquote von Verhandlungen in Vertragsverletzungsverfahren, die in der Vergangenheit ohne den Europäischen Gerichtshof geregelt werden konnten.
Will uns die Bundesregierung sagen, sie sei besonders versiert in der Nichtumsetzung von EU Richtlinien und dem Einlenken in allerletzter Minute?
Wie dem auch sei: Ob die Verhandlungen weniger erfolgreich geführt würden, wenn diese weniger geheimniskrämerisch durchgeführt würden, kann leider nicht festgestellt werden. Die Bundesregierung scheint ernsthaft gewillt solche Verhandlungen hinter verschlossenen Türen zu führen.
Was jedoch offensichtlich ist: Wenn Politik und Zivilgesellschaft gemeinsam Wege entwickeln, um Diskriminierungsschutz besser (denn darum geht es hier) und EU konform zu gestalten, wäre weniger Unterschied zwischen der Theorie der Gleichbehandlung und ihrer Praxis. Deshalb muss auf Courage vonseiten der Bundesregierung gehofft werden, um EU Regeln nicht nur strikt zu folgen, sondern gemeinsam, mit Betroffenenverbänden und sozialpolitischen Interessengruppen, Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu erarbeiten. Meinung
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