Visafreiheit für Türken

Bundesregierung verweigert rationale Debatte

„Weil offenbar nicht sein kann, was nicht sein darf, verweigert die Bundesregierung jede rationale Debatte zu den Auswirkungen des so genannten Soysal-Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Februar 2009“, so Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, anlässlich der Beantwortung ihrer Kleinen Anfrage.

Donnerstag, 23.04.2009, 12:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 21.08.2010, 0:08 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Dagdelen weiter: „Ich weiß nicht, ob das Wort Realitätsverweigerung für die Antwort auf meine Kleine Anfrage (Drucksache 16/12562) noch ausreicht. Obwohl nach einer mehrheitlichen Auffassung von Rechtsexperten aus dem Urteil folgt, dass türkische Staatsangehörige z.B. als Touristinnen oder Touristen im Rahmen der Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit nun visumsfrei nach Deutschland einreisen können, bestreitet die Bundesregierung genau dies. Argumente? Fehlanzeige!“

Die Bundesregierung verweigert laut Dagdelen jede inhaltliche Auseinandersetzung mit den von ihr in der Anfrage vorgebrachten Argumenten der juristischen Mehrheitsmeinung. Die Bundesregierung bleibe jeden Beleg und jedes Argument schuldig, die der Ansicht sei, das vom EuGH entwickelte Verständnis von „Dienstleistungsfreiheit“ könne nicht auf das Assoziierungsabkommen der EU mit der Türkei übertragen werden.

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„Ausdrücklich hatte ich um eine Stellungnahme dazu gebeten, da ihre Rechtsauffassung mit Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen unvereinbar ist. Denn dort wurde vereinbart, dass Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des EU-Vertrags aufzuheben sind – doch auch hierauf antwortete die Bundesregierung nicht.“, so Dagdelen.

Pikant sei auch, dass die Bundesregierung keine Auskunft zur Zahl der abgelehnten Visumsanträge türkischer Staatsangehöriger mit dem Argument geben will, dies „könnte nachteilige Auswirkungen auf die jeweiligen bilateralen Beziehungen haben und zudem Versuche des Visummissbrauchs begünstigen.“ Doch nachteilige Auswirkungen seien wohl
eher durch die jetzige Verweigerungshaltung der Bundesregierung gegenüber den türkischen Staatsangehörigen zu erwarten, und einen ‚Visumsmissbrauch’ begehe zurzeit vor allem die Bundesregierung!

„Die Bundesregierung muss endlich der Rechtsauffassung der Experten folgen und das Soysal-Urteil voll umsetzen.“, forderte Dagdelen abschließend.

Download: Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der DIE LINKE (BT-Drucksache 16/12562) zum Soysal-Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Politik
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  1. Battal Gazi sagt:

    Das Verhalten der Bundesregierung ist eine FRECHHEIT. Wo ist denn die Kanzlerin die sich neulich auch als MEINE Kanzlerin vorgestellt hat?
    Interessiert sich überhaupt irgendeine Partei dafür ausser die LINKE isbesondere Frau Dagdelen?
    Einfach nix sagen, totstellen, irgendwann wird das Thema schon vergessen.
    Die CDU ist einfach unfähig das Land zu regieren.

    Die vermeintlichen Sperren von Kinderpornoseiten… Wer Kinderpornos sucht, der findet auch innerhalb von 5 Minuten Möglichkeiten diese Sperren zu umgehen. Das ist einfach nur Volksverarschung was da betrieben wird, kurz vor den Wahlen. Von den Medien wird die Bauernfängerrei auch noch groß gefeiert.
    Das sperren von Seiten bringt gar nichts! Kinder werden immer noch Misshandelt. So fängst du zwar die Hühner ein, das Loch im Zaun ist aber immer noch da. Egal, hauptsache n Paar Stimmen von Ahnungslosen Wählern bekommen.

    Und der Schäuble übt schon fleißig mit seiner Datensammelwut. Erst mal bei den Ausländern, sobald er genug Erfahrungen hat geht es auch Inländern an den Kragen. Aber soweit denken die CDU-Wähler ja nicht.

    Ach ja, Bürger die in einem Land Urlaub machen in denen es mutmaßliche Terrorkämps gibt, müssen nach Willen der Regierung beweisen dass sie keinen Urlaub auf einem Trainingsgelände gemacht haben. DU mußt beweisen dass du unschuldig bist. Wo führt das noch hin, wo hört es auf? Das schlimme ist es interessiert niemanden.

    Ihr wollt dass ich mich einbürgere? Könnt ihr haben, aber meine Stimme bekommt die CDU und der Mist der da dranhängt ganz bestimmt NICHT!

    • delice sagt:

      Wenn schon Heinrich Heine am Deutschen Volke verzweilt war, dann bist also nicht der Einzige!

      Ich will das mal so ähnlich wiedergeben, was er über die „Deutschen“ schrieb und dachte, schier in der letzten Konsequenz:

      Die „Deutschen“ lieben wahrlich über Freiheitsrechte zu reden und auch zu schreiben. Sie darin die größten Meister! Siehe auch den Einfluss in den Befreiungskriegen der USA.

      Aber sie lieben auch, ein um das Weitere mehr, die Knute der Obrigkeit! Ohne dieses heftige Treten der Herrschaftselite fühlt der deutsche Michel sich so sehr verloren, in der Welt. Denn es muss immer einen Treter geben, der ihnen den Weg zeigt, wenn es denn sein muss, eben auch bis zum bitteren Ende, was ja schon mal öfters geschah!

      Sehr irritoerend ist auch die tatsache, dass man freiwillig Abschied nehmen will – von geschenkten Grundrechten. Schließlich kann ein Geschenk wohl nicht viel Wert sein! Eine nicht zu verachtende Minderheit, hätte auch nicht viel bzw. nichts dagegen, wenn in Deutschland nach 1949, z.B. eine Diktatur errichtet werden würde. So zumindest nach dem Ergebnis eine Studie der Jenaer-Uni, des „Thüringer Monotoring“ in der Ausgabe von 2008 auf der Seite 78! Ich denke dieses Ergebnis ist auf den Osten beschränkt!

      Quelle: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/homepage/politisch/thueringen_monitor_2008.pdf

      Und, wenn gewerkschaftlich organisierte in Niederbayern mehr im braunen Sumpf verharren, als nich gewerkschaftliche organisierte Mitglieder, so zumindest nach der Lektüre einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die der SPD gehört, dann belegt es die Vermutung, dass bald etwas unsägliches einkehren könnte!

      „…„Jeder Fünfte der insgesamt rund sieben Millionen Gewerkschaftsmitglieder in Deutschland hat eine rechtsextreme Einstellung. Besonders stark ist der Rechtsextremismus unter ostdeutschen Gewerkschaftern verbreitet. Rechtsextreme Orientierungen finden sich im Osten Deutschlands (27 Prozent) im Schnitt anderthalb Mal so häufig wie im Westen (18 Prozent). Laut Studie ist eine rechtsextreme Einstellung bei Gewerkschaftern, vor allem unter ‚einfachen Arbeitern‘ (34 Prozent) und unter ‚Facharbeitern’ (20 Prozent) verbreitet. Damit tritt bei einfachen Arbeitern, die gewerkschaftlich organisiert sind, eine rechtsextreme Einstellung fast doppelt so häufig auf wie bei einfachen Arbeitern, die nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind (18 Prozent). Als Grund für diese Entwicklung nennt die Studie ‚massive Ängste’ bei vielen Gewerkschaftsmitgliedern: ‚Als Arbeitnehmern droht ihnen das Schicksal von sozialen Verlierern, als Gewerkschaftsmitgliedern droht ihnen das Schicksal von politischen Verlierern.’

      Nach Erkenntnissen der Studie ist der Rechtsextremismus unter Gewerkschaftsmitgliedern (19,1 Prozent) fast genauso stark wie unter Nicht-Gewerkschaftern (20 Prozent).“ (DIE WELT, 27.6.2005)…“ usw.

      Quelle: http://www.fes.de/rechtsextremismus/pdf/rechtestrukturen.pdf

  2. delice sagt:

    Ich kann nur alle deutschen Staatsbürger mit einem Hintergrund aus der Türkei nur dazu auffordern, demnächst eure Stimme nicht diesen Parteien zu geben, weder einer SPD, CDU/CSU, FDP, noch den Grünen!

    In der Regierung sitzt nämlich auch die SPD mittendrin! Im Innenausschuss ist sogar ein SPD-Mitglied der Vorsitzende!

    Über die CDU und CSU ist alles hinreichend ja bekannt!

    Der FDP, weil sie sich ein weiteres Mal Türkenfeindlich in den parlamentarischen Kommissionen verhalten hat, z.B. bei der neuerlichen Fassung des StAG zum 05. Februar 2009, um die doppelte Staatsbürgerschaft!

    Die Grünen, weil sie bis zum Knochenmark ohnehin verlogen waren und immer noch sind!

    Einzig bleiben, wohl oder übel, ja nur noch DIE LINKE! (Siehe oben!!!!)

    • Umut sagt:

      @Delice: Ich wähle auch die Linke, mit der Hoffnung neuen Schwung in Sachen Menschenrechte nach Deutschland zu bringen und das Miteinander zu fördern anstatt das Gegeneinander !

  3. Umut sagt:

    Die Bundesregierung macht sich echt lächerlich ! Wozu gibt es denn europäisches Recht, wenn man sich nicht da dran hält ?

  4. delice sagt:

    „So hat auch der EuGH in Entscheidungen zum Assoziati-onsrecht EWG-Türkei diese Begriffe stets im Sinne des EG-Vertrags ausgelegt oder angewendet.19 Nirgends gibt der EuGH zu erkennen, dass die Begriffe enger als im EG-Vertrag auszulegen20 oder abweichend anzuwenden sind.

    Zur Übung der Vertragsparteien ist festzustellen, dass die Türkei den Empfang von Dienstleistungen durch Touristen nach dem 01.01.1973 nicht eingeschränkt hat. Sie räumt – vertragsgerecht gem. dem Europäischen Übereinkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats vom 13.12.195721 weiterhin den Staatsangehörigen der Vertragsstaaten die visumfreie Einreise zu touristischen Zwecken ein.

    Es ist weder einer Erklärung noch einer zeitlichen oder inhaltlichen Argumentation zu entnehmen, dass die Ge-meinschaft, die Mitgliedstaaten oder die Türkei bei Ver-tragsabschluss einen anderen als den im Gemeinschaftsrecht bekannten und akzeptierten Begriff der Dienstleitungsfrei-heit in das Assoziierungsrecht einbringen wollte. Somit kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass der im As-sAbkEWG-TK und im ZP genannte Begriff der Dienstleis-tungsfreiheit dem entspricht, wie er auch im EG-Vertrag verstanden wird. …“

    Quelle: http://www.westphal-stoppa.de/O-Tuerkei-Einreise/Aufsatz%20Visumfreie%20Einreise%20von%20Tuerken%20SPA.pdf
    _________

    Ausländerrecht für die Polizei von Volker Westphal und Edgar Stoppa
    Quelle: http://www.westphal-stoppa.de/Tuerken-Einreise.htm

  5. bogo70 sagt:

    Die Regierung schießt sich damit selbst ins Knie.
    Mein Schwager ein erfolgreicher Unternehmer mit Zweigstellen in Deutschland, musste im letzten Jahr über Belgien einreisen.
    Er bekam kein Visum, um seine eigene Firma zu besuchen!
    Das muss man sich mal verinnerlichen, wie will Deutschland mit der Türkei Geschäfte tätigen, wenn es die Türken so vor den Kopf stößt?
    Mein Schwager wird die Zweigstellen hier natürlich nicht schließen, aber sein Vermögen an anderer Stelle nicht weiter nach Deutschland einbringen.
    Dann noch dieser schrecklich verblödete Artikel in der Welt heute
    Als drehe sich alles um Importbräute und als wäre die Türkei ohne die EU verloren.
    Wenn EU weiter auf Arroganz setzt statt auf eine wirtschaftsfördernde Politik, wird sie nicht viel von dem Reichtum Asiens sehen, Länder wie China, Indonesien und Afrika haben das Potenzial der Türkei längst erkannt und sichern schon seit Jahren die wirtschaftlichen Beziehungen durch weniger Bürokratie.
    Fragt sich, wem man nun gratulieren darf!?

    • Battal Gazi sagt:

      Ist doch egal. Wer zuletzt lacht lacht am besten. Und die Türkei hält sich mit dem Lachen noch ziemlich zurück. ;-)

  6. delice sagt:

    Nun, jetzt müssten demnach eigentlich jede Berufsgruppe für sich dann vor das EuGH ziehen, und auch die Touristen und Besucher!

    Das kann doch dann nur ein Witz sein!

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