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Bundessozialgericht

Nur ausnahmsweise Sozialhilfe für Deutsche im Ausland

Sozialhilfeleistungen für im Ausland lebende Deutsche sind grundsätzlich ausgeschlossen. Von diesem Grundsatz kann es einer Entscheidung des Bundessozialgerichts zufolge bei einer "außergewöhnlichen Notlage" Ausnahmen geben.

Donnerstag, 05.10.2017, 6:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05.10.2017, 12:37 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Geraten im Ausland lebende deutsche Minderjährige wegen gesundheitlicher Probleme in eine außergewöhnliche Notlage, kann das Sozialamt für die Kostenübernahme der medizinischen Behandlung nicht die Rückkehr nach Deutschland verlangen. Denn ein Kind könne nicht gegen den Willen der Eltern die Rückkehr durchsetzen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Im Ausnahmefall könne dann der Sozialhilfeträger für die Behandlungskosten im Ausland aufkommen. (Az: B 8 SO 5/16 R)

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Sozialhilfeleistungen für im Ausland lebende Deutsche grundsätzlich ausgeschlossen. Anders sieht dies im Einzelfall bei einer „außergewöhnlichen Notlage“ aus. Hier kann die Sozialhilfe einspringen, wenn die Hilfeleistung „unabweisbar“ und eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist.

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Landschaftsverband forderte Rückkehr

Im jetzt entschiedenen Fall ging es um eine in Andalusien lebende deutsche Familie. Die schwer pflegebedürftige Mutter litt infolge eines Hirntumors an epileptischen Anfällen und verletzte sich an den Zähnen. Sie zahlte zunächst auf eigene Kosten eine erforderliche Zahnbehandlung. Die minderjährige Tochter hatte ebenfalls Zahnprobleme und ließ sich wegen Zahnfehlstellungen kieferorthopädisch behandeln.

Der Landschaftsverband Rheinland lehnte als Sozialhilfeträger die Übernahme der Behandlungskosten von mehreren tausend Euro ab. Mutter und Tochter hätten nach Deutschland zurückkehren können, um sich dort behandeln zu lassen, argumentierte der Landschaftsverband. Sozialhilfe im Ausland könne damit nicht gewährt werden.

Nicht gegen Willen der Eltern

Das BSG urteilte, dass zumindest die Mutter keinerlei Ansprüche geltend machen könne. Diese sei zwar schwer pflegebedürftig. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts sei sie aber transportfähig, so dass eine Rückkehrpflicht bestand.

Anders sehe dies bei der Tochter aus. Da sie minderjährig sei, könne sie nicht gegen den Willen der Eltern nach Deutschland zurückkehren. Ob sie für ihre kieferorthopädische Behandlung Sozialhilfeleistungen erhalten könne, müsse aber vom Landessozialgericht geklärt werden. So könne sie grundsätzlich nur Leistungen verlangen, wenn anderenfalls irreversible Schäden drohen. (epd/mig) Aktuell Recht

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  1. karakal sagt:

    Die Erfahrung, daß man vom deutschen Staat als im Ausland lebender Bundesbürger deutscher Herkunft keinerlei Unterstützung bekommt, nicht einmal solche, die in der BRD lebende Ausländer erhalten, habe ich auch schon gemacht. Man empfindet sich dadurch wie ein Bürger zweiter oder dritter Klasse.
    Um Sozialhilfe erhalten zu können, muß man seinen Wohnsitz in der BRD haben, auch wenn das dortige Klima einem unbekömmlich ist, und sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung halten, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, eine Arbeit vermittelt zu bekommen, gleich null ist. Man muß dann für einen unnütze Maßnahmen mitmachen, und ist in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil man sich zur Verfügung halten und zu bestimmten Terminen erscheinen muß, nur aus bürokratischer Routine.
    Wenn man in dem außereuropäischen Land, in dem man verhältnismäßig billig leben kann, nicht krankenversichert ist, hilft einem der deutsche Staat nicht, sondern läßt einen verrecken. Die Tatsache, daß man durch seinen ständigen Aufenthalt in jenem Land mit weniger Sozialhilfe auskommen könnte als in der BRD, geht anscheinend an den Köpfen der Politiker vorbei. Dieser Umgang des deutschen Staates mit einem ist nicht dazu angetan, Liebe für ihn zu erzeugen, sondern eher das Gegenteil davon.