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USA © cloudbuilding @ flickr.com (CC2.0), barb. MiG

Flüchtlingsdebatte in den USA

Das Einwanderungsland möchte keine syrischen Flüchtlinge

Die USA sind bekannt als Einwanderungsland. Seit Jahrhunderten finden dort Migranten ein neues Zuhause. Im Fall von syrischen Flüchtlingen zeigt das Land aber ein anderes Gesicht. Die Einwanderungsgegner haben die Oberhand. Von Konrad Ege

Von Konrad Ege Freitag, 04.12.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 06.12.2015, 19:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die USA legen Wert auf ihr Image als Einwanderer-Nation, in der Migranten und Verfolgte seit Jahrhunderten ein neues Zuhause finden. Doch beim Streit um die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien offenbaren sich spätestens seit den Anschlägen von Paris im November Grenzen zur vermeintlichen Willkommenskultur. Im politischen Washington sind selbst die Pläne der Aufnahmebefürworter bescheiden.

In der Republikanischen Partei hat sich eine wortgewaltige Bewegung mit der Forderung gebildet, keine Flüchtlinge aus Syrien ins Land zu lassen. Denn die Regierung könne „nicht garantieren, dass syrische Flüchtlinge nicht an einer terroristischen Aktivität teilnehmen“, argumentiert der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott. Mehr als die Hälfte der 50 Gouverneure will niemanden aus Syrien aufnehmen.

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Christliche und jüdische Organisationen kritisieren diese Abwehrhaltung. Die Hilfsorganisation „Hebrew Immigrant Aid Society“ betonte nach den Terroranschlägen von Paris, es gebe „keinen Widerspruch zwischen Willkommen und nationaler Sicherheit“. Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg habe es so viele Flüchtlinge wie derzeit gegeben.

Syrischen Flüchtlingen die Grenzen zu verschließen, wäre gleichbedeutend mit einem Todesurteil für viele Menschen, warnte der Lutherische Immigrations- und Flüchtlingsdienst. Der Präsident des „Nationalen Verbandes der Evangelikalen“, Leith Anderson, sagte, das US-Einwanderungssystem sei darauf ausgerichtet, „Terroristen fern zu halten und verzweifelten Familien mit kleinen Kindern zu helfen“.

Befürworter der Flüchtlingshilfe verweisen auch auf die Geschichte. Das Holocaust-Museum in Washington betonte, die syrischen Flüchtlinge seien Opfer des Assad-Regimes und der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Das Museum erinnere auch an die schlimmen Folgen für die Juden, die der Nazi-Herrschaft in Europa nicht hätten entkommen können. Rabbiner Jeffrey Salkin vom Tempel „Solel“ in Hollywood in Florida schreibt auf religionnews.com, es gehe bei der Flüchtlingsdebatte um „Amerikas Seele“.

Das Schicksal der syrischen Flüchtlinge sei zwar nicht genau vergleichbar mit dem der Flüchtlinge aus Nazi-Europa, doch es sei „vergleichbar genug“, dass wir „davon lernen und nicht wieder den selben Fehler machen“, mahnt Salkin. Bei einer Erhebung 1939 hätten sich zwei Drittel der US-Amerikaner gegen „die Aufnahme von 10.000 jüdischen Flüchtlingskindern ausgesprochen“. Europäische Juden seien damals als potenzielle Kommunisten verdächtigt worden. Nach Angaben des Holocaust Museums sind von 1933 bis 1945 mehr als 200.000 jüdische Flüchtlinge in den USA aufgenommen worden. Die meisten Einreiseanträge seien jedoch abgelehnt worden.

Die US-Regierung versucht unterdessen, Fakten einzuspeisen in die Diskussionsrunden in Talkshows, in denen vor „250.000 syrischen Flüchtlingen“ gewarnt und Personenüberprüfungen als nicht ausreichend kritisiert werden. Das US-Außenministerium teilte Ende November mit, die USA hätten seit Oktober 2010 nur 2.234 syrische Flüchtlinge aufgenommen, zwei Prozent davon alleinreisende junge Männer.

Alle Flüchtlinge würden vor der Aufnahme gründlich geprüft, versicherte das Ministerium. Daran beteiligt seien unter anderem das Nationale Zentrum zur Terrorismusbekämpfung, die bundesweite Ermittlungsbehörde FBI, das US-Ministerium für Heimatschutz sowie das Verteidigungsministerium. Biometrische Daten würden erfasst, syrische Flüchtlinge besonders intensiv überprüft.

Doch die Einwanderungsgegner haben offenbar die Oberhand. Hilfsorganisationen forderten die Aufnahme von Zehntausenden syrischen Flüchtlingen. Unter dem Eindruck auch internationaler Kritik hatte Präsident Barack Obama im September angekündigt, die USA würden im nächsten Haushaltsjahr 10.000 Menschen aus dem Bürgerkriegsland einreisen lassen. Denkbar wenige verglichen mit den Flüchtlingszahlen in Europa und besonders in Deutschland. Kanada hat immerhin in Aussicht gestellt, 25.000 Syrer aufzunehmen. (epd/mig) Aktuell Ausland

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