Neuerscheinung

Deutschland neu erfinden

Daniela Kayas Einspruch ist dem sozialpolitischen Niveau ihrer Partei weit voraus. Leichtfüßig links überholt sie das integrationspolitisch schwerfällige Denken der Parteien. (Mely Kiyak)

Mittwoch, 17.04.2013, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 19.04.2013, 13:09 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Für viele Wähler mit Migrationshintergrund ist das Kreuz neben der SPD auf dem Wahlzettel schon aus Tradition ein Muss. Seit der Entdeckung der Integrationspolitik auf der großen politischen Bühne ist das keine Selbstverständlichkeit mehr. Die CDU, die Grünen und die Linkspartei mischen groß mit. Selbst die FDP buhlt seit Neuestem um die immer zahlreicher werdenden Stimmen der „Migranten“. Über der SPD hingegen schwebt die immer noch präsente Sarrazin-Debatte.

Was also muss die SPD tun, damit das Kreuz auch in Zukunft dort landet, wo sie aus ihrer Sicht hingehört. Das Buch „Deutschland neu erfinden“ 1 liefert zahlreiche Antworten. Die Hauptautorin, Daniela Kaya, liefert das ABC sozialdemokratischer Integrationspolitik. Sie richtet den Blick nach vorn und zeigt auf, welche Wege progressive sozialdemokratische Politik weiter gehen muss, um die deutsche Einwanderungsgesellschaft zu gestalten. Wer gehört dazu? Wer bewertet Deutschsein und was macht Deutschsein aus?

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Daniela Kaya liefert Antworten, die zu Positionierungen und zum Handeln anregen. Die Autorin dechiffriert dominante Integrationsdiskurse in Deutschland und unterbreitet zukunftsgewandte Vorschläge für eine linke Politik der Anerkennung und Teilhabe. Sie reformuliert das Aufstiegsversprechen der Sozialdemokratie und schließt Bindesstrich-Deutsche ein. Sie stellt die Kernfrage nach den Bedingungen des Deutschseins und fordert ein klares politisches Bekenntnis zum pluralen Deutschland ein.

Dazu gehört etwa eine gemeinsame Großerzählung, eine „gemeinsam erlebbare und praktizierte Anerkennungs- und Erinnerungskultur“ also, „die die Geschichte des Einwanderungslandes Deutschland umschreibt“. Die SPD ist laut Autorin aber auch angehalten, sich mit ihren eigenen Widersprüchen auseinanderzusetzen. Insbesondere in Wahlkampfzeiten „brechen“ SPD-Akteure, so ihr Zwischenfazit, die „Diskursstrategie“ und „kurieren dann zu oft auf die Imagination einer homogenen deutschen Nation“.

Die Hauptautorin Daniela Kaya, geb. 1983, ist als Referentin für Innenpolitik im Deutschen Bundestag tätig. Sie hat Rechts- und Sozialwissenschaften in Berlin, Istanbul und Erfurt studiert. Daniela Kaya ist gesellschaftspolitisch engagiert, u.a. im Forum der Brückenbauer– ein bundesweites, multiethnisches und -konfessionelles Netzwerk von Nachwuchsführungskräften aus Migrantenverbänden, die sich in Kommunen, auf Länder- oder Bundesebene für Integration engagieren. 2011 erschien ihr Buch „Die neuen Bildungsaufsteigerinnen: Aufstiegsorientierte Postmigrantinnen in der Einwanderungsgesellschaft“.

Insgesamt lässt das Buch den traditionellen SPD-Wähler mit Migrationshintergrund hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, dass er auch weiterhin und mit ruhigem Gewissen sein Kreuz neben die SPD setzen kann – vorausgesetzt, die SPD folgt nicht nur dem Titel des Buches, sondern setzt auch die Inhalte um.

Für alle anderen SPD- und Nicht-SPD-Wähler mit oder ohne Migrationshintergrund bietet das Buch eine prima Gelegenheit zu erfahren, welches Potenzial und Mehrwert eine durchdachte und einbeziehende Integrationspolitik zu bieten hat. Für die SPD-Konkurrenz hingegen ist es ein prima Nachschlagewerk, auch wenn der roten Faden des Buches deutlich ist: Es geht in der Integrationspolitik primär um die soziale Frage. (mig)

  1. Erschienen im März 2013, roration Verlag
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