
Nach langem Zögern
Ministerium verspricht Aufnahme eines „Großteils“ der Afghanen
Im Streit über die Aufnahme von Afghanen, denen Deutschland ein Schutzversprechen gegeben hat, gibt es offenbar Bewegung. Das Innenministerium will bis Jahresende einen Großteil von ihnen nach Deutschland holen. Für Menschen aus früheren Aufnahmeprogrammen hingegen gibt es kaum noch Hoffnung. Die Kritik ist scharf.
Von Corinna Buschow Mittwoch, 26.11.2025, 15:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.11.2025, 15:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach langem Zögern der Bundesregierung können in den kommenden Wochen wahrscheinlich doch viele Afghaninnen und Afghanen, denen Schutz versprochen wurde, nach Deutschland kommen. Es sei anvisiert, bis Jahresende dem Großteil dieser Menschen in Pakistan mit rechtsverbindlichen Aufnahmezusagen Einreisen zu ermöglichen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin. Minister Alexander Dobrindt (CSU) musste sich zuvor im Innenausschuss zu seinem Zögern bei der Aufnahme erklären. Die Opposition fürchtet weiter um viele Menschen, die wahrscheinlich nicht kommen können.
Als rechtsverbindlich werden nach zahlreichen Verfahren in Deutschland, die Betroffene angestrengt hatten, Zusagen über das von der Ampel-Koalition aufgelegte Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan angesehen. Dabei geht es um rund 1.200 Afghaninnen und Afghanen, von denen bislang nur ein kleiner Teil in den vergangenen Wochen eingereist ist. Sie werden nun wahrscheinlich kommen können. Auch ehemalige Ortskräfte – gut 200 Menschen – sollen einreisen dürfen.
Kaum noch Chancen für Menschen aus früheren Aufnahmeprogrammen
Für Menschen, die über zwei noch unter der Regierung von Angela Merkel (CDU) eingerichtete Programme – die sogenannte Menschenrechtsliste und das Überbrückungsprogramm – Zusagen erhalten hatten, gibt es dagegen kaum noch Hoffnung auf ein Visum. Das sind rund 700 Menschen.
Ihnen hatte das Bundesinnenministerium Geldzahlungen angeboten, wenn sie von sich aus den Aufnahmewunsch zurückziehen. Nur wenige haben das bislang angenommen. Es geht dabei um Menschen, die wegen ihres Engagements für den Aufbau eines demokratischen Staats heute Verfolgung durch die Taliban fürchten müssen. Ein afghanischer Richter, dem damals Aufnahme in Deutschland versprochen wurde, hat eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Gar nicht mehr die Rede ist derweil von den rund 250 Menschen, die Pakistan im Sommer bereits nach Afghanistan abgeschoben hatte. Nur ein kleiner Teil konnte nach deutscher Intervention nach Pakistan zurückkommen. Inzwischen drängt für alle in Pakistan Wartenden die Zeit: Nach dem Jahresende müssen sie alle befürchten, abgeschoben zu werden, weil es nur bis dahin eine Zusage der pakistanischen Regierung gibt.
Die Einreisen müssen also schnell erfolgen. In einer Mitteilung des Bundestags über die nicht-öffentliche Sitzung des Innenausschusses hieß es, Dobrindt habe angekündigt, dass es in den kommenden Wochen weitere Aufnahmen geben werde, „möglicherweise auch in verstärkter Form“.
Grüne: Dobrindts Haltung „erschütternd“
Der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir sagte nach der Sitzung des Innenausschusses dem Evangelischen Pressedienst, sein Gefühl sei, „dass endlich ein wenig Bewegung in die Sache kommt“. „Die Regierung sollte Afghaninnen und Afghanen mit gültigen Aufnahmezusagen zügig nach Deutschland holen“, sagte er.
Von der Opposition kommt weiter Kritik. Dobrindt habe die Frage nicht beantwortet, warum er Aufnahmezusagen blockiere, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Marcel Emmerich, dem epd. Die Innenpolitikerin Schahina Gambir (Grüne) sagte auch mit Blick auf diejenigen, die wahrscheinlich nicht einreisen dürfen, Dobrindt erkenne seine Verantwortung nicht an. „Seine Haltung ist erschütternd“, sagte sie.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte ebenfalls Dobrindts Haltung, nicht alle Aufnahmezusagen gleichermaßen anzuerkennen. Er nehme in Kauf, die Betroffenen „ihren Peinigern in Afghanistan auszuliefern. Es ist schwierig, überhaupt angemessene Worte für diese Menschenverachtung zu finden“, sagte sie. (epd/mig) Aktuell Politik
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- „Wie im Gefängnis“ Geflüchtete Frauen beklagen plötzliche…
- Täuschung Hamas gefeiert nach Einbürgerung: Berlin zieht Pass zurück
- BMI beruft Islamkritiker Neuer „Islamismus“-Beraterkreis löst Zweifel und Kritik aus
- Weitere Niederlage für Dobrindt 52 Afghanen mit Aufnahmezusage fliegen nach Deutschland
- Wegweisendes Urteil Arbeitserlaubnis für Pflegeausbildung nicht nötig
- Sachsen-Anhalt Kampagne für mehr Migranten in Kitas offenbart…