
Verbraucherschutz
Härtere Compliance-Prüfungen für internationale Spielanbieter gefordert
Immer mehr Menschen verbringen ihre digital. Spielen im Netz ist längst Alltag. Für nicht Wenige wird aus dem Spaß aber eine Falle, nämlich dann, wenn das Spielen zur Sucht wird. Studien zeigen: Migranten sind überdurchschnittlich oft betroffen. Denn nationale Schutzmechanismen greifen nur bedingt, weil internationale Kontrolle kaum möglich ist.
Dienstag, 18.11.2025, 0:51 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 19.11.2025, 10:59 Uhr Lesedauer: 6 Minuten |
Aufsichtsbehörden wollen weltweit, dass Glücksspielanbieter im Ausland strengere Kontrollen unterzogen werden. Dabei steht immer wieder in der Kritik, wie Lizenzen für Anbieter im Ausland vergeben werden und auch, wie diese Werbung für sich machen. Auch Geschäftspartner, die von den Behörden kontrolliert werden, spüren die Folgen der Neuerungen bereits.
Lange Zeit war der Umgang mit internationalen Anbietern kein Thema – wie Geldflüsse überwacht werden, wer die Nutzer sind oder wie grenzüberschreitende Sanktionen durchgesetzt werden könnten. Nun sind aber die ausländischen Plattformen in den Blick geraten. Verbraucherschützer kritisieren dabei, dass ein Teil der Anbieter schlichtweg nicht alle Compliance-Vorgaben einhält und zudem in regulierten Märkten immer aktiver wird.
Warum weltweit verstärkt geprüft wird
Insgesamt wächst das Glücksspiel sehr schnell und die Anbieter sind auf der ganzen Welt unterwegs, ihre Plattformen erreichen die Nutzer in mehr als einem Land. Das bringt ein Kontrollproblem mit sich. Wenn ein Anbieter z.B. in einem Land eine Lizenz hat, aber in vielen anderen Ländern mit seinen Plattformen unterwegs ist, greifen die heimischen Schutzmechanismen nur bedingt. Die Aufsichtsbehörden reagieren mit der Forderung nach strengeren Kontrollen.
Die Risiken sind vielfältig: hohe Ein- und Auszahlungen, bei denen Nutzer möglicherweise anonym bleiben, Affiliate-Netzwerke, die Werbung über die Landesgrenzen hinweg betreiben. Ein anderes Problem ist auch die Datenlage. Über die Betreiber- und Kundenportfolios global den Überblick zu behalten ist oft schwierig. Damit haben Verbraucherschützer sowie auch notwendige Behörden einen Anlass, ein bisschen nachzujustieren.
Selbstexklusion und Offshore-Angebote in Australien
In Australien stellen Regulierer fest, dass sich Nutzer, die sich in Selbstausschlussregister eingetragen haben, nun bei ausländischen Anbietern neu anmelden. Diese sind meist nicht von der lokalen Aufsicht erfasst. Sie also zu belangen wird dadurch ziemlich schwierig. Das sorgt auch bei Verbraucherschützern für großen Unmut.
Ein anderer Streitpunkt sind Zahlungen und Werbemaßnahmen, die Nutzer in regulierten Märkten erreichen, obwohl der Anbieter aus einem Land operiert, in dem sich die Lizenz- oder Kontrollanforderung deutlich einfacher hält. Solche Grauzonen bieten eine Hintertür für die Risiken.
Die britische Reformagenda
In Großbritannien verfolgt die zuständige Behörde ein Modell, in dem Anbieter bei erhöhtem Risiko intensivere Prüfungen durchführen müssen, etwa wenn monatliche Nettodeposits bestimmte Schwellen überschreiten. Ab Februar 2025 liegt dieser Schwellenwert bei 150 Pfund.
Gleichzeitig wird das Design von Spielen reguliert, Marketing kommuniziert und Altersverifikation verschärft. Damit signalisiert die britische Agenda: Kontrolle darf nicht nur symbolisch sein, sie muss operational spürbar werden. Für internationale Anbieter bedeutet das: Wer britische Nutzer oder Märkte adressiert, sieht sich gezwungen, Prozess- und Technikaufwand zu erhöhen, auch wenn die Lizenz nicht im Vereinigten Königreich sitzt.
Rechtliche Schachzüge in Europa
In der EU steht ein zentraler Konflikt im Raum. Lizenzgeber wie Malta ermöglichen es Anbietern, mit geringerer Kontrolle Märkte in anderen Mitgliedstaaten zu adressieren. Die EU-Kommission sieht darin eine Gefährdung des Verbraucherschutzes und der gerichtlichen Durchsetzbarkeit.
Ein Schlüsselaspekt: Wenn ein Verbraucher in Staat A einen Anspruch gegen einen Anbieter mit Sitz in Staat B hat, aber der Sitzstaat B Verfahren blockiert oder Urteile nicht anerkennt, verliert der Schutz seine Wirkung. Daher fordern Verbraucherschützer und Aufsichtsbehörden, dass Anbieter auch dann in Kontrolle genommen werden können, wenn sie formal in einem Lizenzstaat operieren, der laxere Vorgaben kennt.
Lizenzreformen in Übersee
Die Karibik-Lizenzsitze wie Curaçao standen im Fokus, weil dort lange Zeit ein Sub-Lizenzmodell mit entsprechend begrenzter Regulierungsdurchdringung galt. Der neue Regulierungsrahmen dort verschärft die Anforderungen. Betreiber müssen direkte Lizenznehmer sein, statt Sub-Brands, und sie müssen verantwortlicher handeln.
Für internationale Anbieter bedeutet dies, dass der Kostendruck steigt, weil technische Systeme für KYC, AML, Monitoring und Reporting erforderlich werden. Und wer bisher auf Lizenzarbitrage setzte, verliert diesen Spielraum schrittweise. Verbraucherschützer werten das als wichtigen Schritt, weil so Anbieter-übergreifende Kontrolle realistischer wird.
Nationale Kontrollmaßnahmen in Deutschland und den Niederlanden
Auch auf nationaler Ebene wird die Schraube angezogen. In Deutschland betont die zuständige Behörde, dass der Kampf gegen illegale Anbieter im Fokus bleibt und dass auch für lizenzierte Anbieter künftig höhere Anforderungen gelten.
In den Niederlanden diskutiert der Gesetzgeber eine Mindestaltersgrenze von 21 Jahren für riskantere Produkte und eine klarere Trendüberwachung. Zwischen diesen Maßnahmen und der operativen Realität liegen jedoch Umsetzungsfragen: Wie genau werden etwa Anbieter aus Drittstaaten überwacht, die nicht in den Niederlanden ansässig sind, aber niederländische Nutzer erreichen? Für Verbraucher- und Marktbeobachter steht fest, dass die nationale Agenda härter wird.
Affiliate-Marketing, Grau-Markt-Kanäle und Verbraucherschutz
Ein besonders kritischer Bereich sind Affiliate-Netzwerke und Marketing-Kanäle, die Anbieter mit laxeren Regimes nutzen, um Nutzer in regulierten Märkten anzusprechen. Diese Kanäle umgehen teilweise nationale Selbst-Exklusionsmechanismen, Identitätsprüfungen oder finanzielle Überwachung. Besonders riskant ist, dass viele dieser Partnerseiten scheinbar unabhängige Vergleichsportale oder „Testberichte“ vortäuschen, tatsächlich aber von denselben Betreibern oder Agenturen kontrolliert werden, die an Provisionen pro Spieler beteiligt sind. Dadurch entsteht ein intransparentes Geflecht aus Werbung, Empfehlung und wirtschaftlichem Eigeninteresse.
Nicht selten lautet die Empfehlung von Verbraucherschützern: Kontrolle nicht nur beim Betreiber ansetzen, sondern auch bei seinen Partnern. Typische Risikoindikatoren sind:
- exzessive Nutzung von Boni oder Freispielen
- hohe Auszahlungen ohne ausreichende Identitätsprüfung
- Werbung, die gezielt Nutzer anspricht, die bereits in nationalen Systemen ausgeschlossen sind
Solche Praktiken schaffen einen Vorteil für Anbieter, die in Staaten mit geringer Kontrolle operieren, und einen Nachteil für reguliertes Online-Glücksspiel, das sich an strenge Vorgaben halten muss. In der Praxis bedeutet das, dass seriöse Unternehmen unter erhöhtem Wettbewerbsdruck stehen, während Graumarktstrukturen von schwachen Kontrollsystemen profitieren und Marktanteile sichern, ohne die gleichen Compliance-Kosten tragen zu müssen.
Auswirkungen auf Betreiber und Marktstruktur
Für Betreiber internationaler Strukturen steigen die Anforderungen spürbar. Compliance-Infrastruktur, Risikomanagement, Datenanalyse, weltweite Reporting-Pflichten – all das beansprucht Ressourcen und Kapital. Gleichzeitig wächst der Druck. Wer in mehreren Märkten aktiv ist, kann nicht länger darauf setzen, dass ein Land nur Mindestüberwachung verlangt.
Die Folge: Der Wettbewerb verschiebt sich. Anbieter mit robusten Prozessen gewinnen an Reputation und Marktanteil. Risikoanbieter könnten sich zurückziehen oder überholen lassen. Verbraucherschützer sehen darin eine positive Entwicklung, weil bessere Auswahl und Transparenz langfristig den Markt stabilisieren.
Für Verbraucher bleibt wichtig, dass die internationale Expansion von Plattformen nicht dazu führt, dass Schutzmechanismen aufgeweicht werden. Die Herausforderung lautet daher: Kontrolle darf nicht zum Hemmnis für Innovation werden. Aber ohne Kontrolle verliert sie ihre Bedeutung.
Die Debatte hat begonnen. Wer glaubt, dass das Geschäft mit internationalen Glücksspielanbietern ohne Regulierung weitergehen kann, unterschätzt die Entschlossenheit von Behörden und Verbänden. Die Ära, in der Anbieter lediglich eine Lizenz erwerben und dann global agieren, geht zu Ende. Konkurrenz mit verantwortungsvollem Ansatz rückt in den Vordergrund. Und zum Teil gelingt das bisher nur mit öffentlicher Forderung nach klareren Regeln und strengeren Kontrollen. (em) Panorama
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