
Gleichbehandlung
Keine Mindestlohn-Ausnahmen für ausländische Saisonkräfte
Viele Erntehelfer kommen nur für die Hochsaison. Könnten für sie Ausnahmen vom Mindestlohn gelten? Der Agrarminister zeigte sich offen dafür. Doch nun ergab eine interne Prüfung etwas anderes. Die Linke kritisiert: Die Prüfung passe zur Union.
Dienstag, 15.07.2025, 14:43 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.07.2025, 11:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mindestlohn-Ausnahmen für ausländische Saisonkräfte in der Landwirtschaft sind nach einer Prüfung des Bundesagrarministeriums rechtlich nicht möglich. Dies ergebe sich etwa aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz, teilte das Ressort mit. Der Mindestlohn sei als absolute Untergrenze gesetzlich verankert. Dies gelte für alle Jobverhältnisse, auch für kurzfristig Beschäftigte und Saisonkräfte. Zunächst berichtete die „Rheinische Post“ darüber.
Minister Alois Rainer hatte sich aufgeschlossen für Branchenforderungen nach Ausnahmen gezeigt und die Bewertung in Auftrag gegeben. Der CSU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Mir war sehr wichtig, diesen Weg sorgfältig zu prüfen.“ Viele Betriebe stünden unter erheblichem Druck – besonders da, wo noch echte Handarbeit gefragt sei wie bei Obst und Gemüse.
Bauernverband warnt vor höheren Preisen
Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach angesichts des Prüfungsergebnisses von einem „schwarzen Tag“ für die Erzeugung von Obst, Gemüse und Wein. „Diese Entscheidung lässt jedes Bekenntnis zu einer heimischen Landwirtschaft zu einer Farce werden“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die Produktion werde ins Ausland verlagert. „Unsere heimischen Erzeugnisse bei Obst und Gemüse werden deutlich teurer werden, und die Inflation wird massiv angeheizt.“
Der Bauernverband hatte vorgeschlagen, dass ausländische Saisonarbeitskräfte nur 80 Prozent des Mindestlohns erhalten sollten. Das Bundesarbeitsministerium wies bereits direkt darauf hin, dass dies unzulässig sei. Der Vorschlag hatte breite Kritik ausgelöst. Ausländische Saisonarbeitskräfte arbeiteten ohnehin in prekären Verhältnissen für den Mindestlohn, der ihnen durch überteuerte Unterkünfte teilweise wieder aus der Tasche gezogen werde. Der gesetzliche Mindestlohn steigt bis 2027 in zwei Stufen auf 14,60 Euro pro Stunde.
Andere Entlastungen für Landwirte
Rainer sagte, die schrittweise Erhöhung stelle viele Höfe vor große Herausforderungen. Am Ende müsse sich der Anbau wirtschaftlich tragen. „Deshalb setzen wir auf Entlastungen an anderer Stelle.“ So würden Bürokratiekosten reduziert, die Stromsteuer gesenkt, und es gebe wieder Entlastungen beim Agrardiesel. „Auch künftig sollen qualitativ hochwertige und bezahlbare Lebensmittel aus unserer Heimat auf den Tisch kommen.“
Ina Latendorf, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, kritisiert, dass die Union Ausnahmen vom Mindestlohn überhaupt in Erwägung gezogen hat: „Es ist immer wieder erstaunlich, wie gern die Union sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen will, wenn es ihr nicht in den Kram passt. Dass Landwirtschaftsminister Rainer gewillt war, auf die Forderung nach Mindestlohn-Ausnahmen für Saisonkräfte in der Landwirtschaft ernsthaft einzugehen, fügt sich ins Bild“. Der Mindestlohn dürfe kein Spielball zur Erfüllung von Lobbyinteressen sein. „Die Arbeitsbedingungen in der Saisonarbeit sind hart genug und die Arbeit von Saisonkräften ist nicht weniger wert, als die heimischer Beschäftigter“, erklärt Latendorf. (dpa/mig) Leitartikel Panorama
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