
In Ämtern und Behörden
Beauftragte verlangt besseren Schutz vor staatlicher Diskriminierung
Wer in staatlichen Stellen Rassismus erfährt, kann sich aufgrund der Rechtslage nur schwer wehren. Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes dringt auf Besserung. Menschen seien im Restaurant besser vor Diskriminierung geschützt als auf dem Amt.
Dienstag, 01.07.2025, 13:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.07.2025, 13:24 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, beklagt einen mangelhaften Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Wer sich beispielsweise auf dem Bürgeramt, im Kontakt mit der Polizei oder an der Universität unfair behandelt fühle, habe kaum Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, sagte Ataman am Dienstag in Berlin. Sie forderte eine Ausweitung der geltenden Gesetze.
Ataman bezog sich darauf, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) lediglich Situationen am Arbeitsplatz sowie bei der Nutzung von privaten Dienstleistungen und Gütern regelt. Der Kontakt mit staatlichen Stellen ist nicht erfasst. Dort greift zwar Artikel 3 des Grundgesetzes, wonach die Benachteiligung aufgrund von Geschlecht, Abstammung und weiteren Merkmalen verboten ist. Aber das Grundgesetz „bietet keine konkrete Möglichkeit, sich gegen eine Diskriminierung zu wehren“, sagte Ataman: „Ich finde es falsch, dass Menschen im Restaurant besser vor Diskriminierung geschützt sind als auf dem Amt.“
In einer Telefonumfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die Ataman leitet, gaben 19 Prozent der Befragten an, sie seien bei einer Behörde oder einem Amt schon einmal schlechter behandelt worden, etwa wegen ihres Geschlechts oder Alters. Neun Prozent stuften ihre Erfahrung als Diskriminierung ein.
Ataman warnt vor Folgen von Diskriminierung
Bei bestimmten Gruppen waren die Quoten deutlich höher: 33 Prozent der Menschen mit familiären Migrationsbezügen und 30 Prozent der Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung berichteten von einer schlechteren Behandlung. Von Diskriminierung sprachen 17 beziehungsweise 13 Prozent.
Ataman warnte vor den weitergehenden Folgen solcher Erfahrungen: „Wer vom Staat benachteiligt wird, kann das Vertrauen in die Demokratie verlieren.“ Konkret forderte sie eine Ausweitung des AGG auf staatliche Stellen in Bundeszuständigkeit wie die Bundesagentur für Arbeit und die Bundespolizei. Außerdem sollten alle Bundesländer Antidiskriminierungsgesetze verabschieden, um die Bereiche in Länderzuständigkeit abzudecken, beispielsweise Bildungseinrichtungen. Bisher gibt es so ein Gesetz nur im Land Berlin.
Gutachter empfehlen mehr Schutz
Ataman stützte ihre Argumentation auch auf ein Rechtsgutachten von fünf Fachleuten im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle. Darin heißt es, dass „auch Bereiche des hoheitlichen Handelns explizit antidiskriminierungsrechtlich zu regeln“ seien. Um die Lücke zu schließen, empfiehlt das Gutachten „ein einheitliches und umfassendes Bundesantidiskriminierungsgesetz“.
Die Leiterin der Ombudsstelle für das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz, Doris Liebscher, schloss sich den Forderungen an. Die Ombudsstelle, die Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützt, helfe nicht nur in Einzelfällen, sondern habe auch schon konkrete strukturelle Verbesserungen erreicht. Sie würde es daher begrüßen, „wenn der rechtliche Schutz vor Diskriminierung vereinheitlicht wird“ und unabhängig davon sei, „wo man wohnt und mit welcher öffentlichen Stelle, Bund oder Land, man zu tun hat“, sagte Liebscher. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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