
Freiräume bei Abschiebungen
Neun EU-Länder fordern Lockerung von Menschenrechten
Neun EU-Länder wollen mehr Freiräume bei der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer – und kritisieren den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Aus Straßburg kommt eine deutliche Antwort.
Sonntag, 25.05.2025, 13:42 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.05.2025, 14:02 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Neun EU-Länder fordern in einer gemeinsamen Erklärung mehr Freiräume bei der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer. In einem offenen Brief sprechen sie sich für eine Diskussion über die Auslegung „internationaler Konventionen“ bei heutigen Herausforderungen wie der Migration aus. Was einst richtig gewesen sei, sei möglicherweise nicht mehr die Antwort von morgen.
Der Brief entstand auf Initiative Dänemarks und Italiens, unterzeichnet haben ihn zudem Österreich, Belgien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen und Polen – Länder, die in der Flüchtlingspolitik einen harten Kurs einfordern. Die neun Unterzeichner kritisieren in dem Schreiben, dass die Interpretation der Europäischen Menschenrechtskonvention in manchen Abschiebefällen zum Schutz der falschen Personen geführt habe – konkret geht es um die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Mehr Entscheidungsfreiheit gefordert
Die Unterzeichner gehen auch darauf ein, dass viele Migranten auf legalem Weg nach Europa gekommen seien und sich integriert hätten. Andere hätten sich jedoch gegen eine Integration entschieden und sich in Parallelgesellschaften isoliert. Es sei unverständlich, wenn manche Menschen in den Aufnahmeländern Straftaten begingen. Das sei nur eine Minderheit der Einwanderer, bedrohe aber die Grundlagen der Gesellschaften.
„Wir sollten auf nationaler Ebene mehr Spielraum bei der Entscheidung haben, wann kriminelle Ausländer ausgewiesen werden, zum Beispiel in Fällen schwerer Gewaltverbrechen und Drogenkriminalität“, fordert die Ländergruppe in dem Brief. Sie bräuchten auch mehr Entscheidungsfreiheit dabei, wie die Behörden kriminelle Ausländer verfolgen könnten, die nicht abgeschoben werden könnten.
Europarat wehrt sich gegen Kritik
Der Europarat tritt der Kritik entgegen. In einer von Rechtsstaatlichkeit bestimmten Gesellschaft dürfe keine Justiz politischem Druck ausgesetzt sein, erklärte Generalsekretär Alain Berset. „Institutionen, die Grundrechte beschützen, können sich nicht politischen Zyklen beugen.“ Der Gerichtshof dürfe nicht zur Waffe gemacht werden – weder gegen Regierungen noch von ihnen. Berset warnte in seiner Reaktion auch, der Gerichtshof sei das einzige internationale Gericht, das über Menschenrechtsverletzungen im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine urteile. „Dies sollte nie untergraben werden.“
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg, forderte von der Bundesregierung, sich dem Vorhaben der Unterzeichner entgegenzustellen. „Der europäische Mechanismus zum Schutz von Grund- und Menschenrechten darf nicht zugunsten rechtspopulistischer Diskurse geopfert werden“, fügte er hinzu. Diese Initiative löse kein einziges Problem der Migrationspolitik, lege aber gleichzeitig „die Axt an Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsschutz in Europa“.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat. Die von der EU unabhängigen Organe des Gerichts setzen sich für den Schutz der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten ein. Grundlage ist dabei die Europäische Menschenrechtskonvention. (dpa/mig) Aktuell Politik
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