
„Christianismus“
Studie: Islamfeindlichkeit beruht auf Fremdenhass
Wer regelmäßig in die Kirche geht, ist laut Studie nicht islamfeindlicher als andere. Was wirklich hinter Vorurteilen steckt – und wie Rechtspopulisten das Thema nutzen.
Montag, 24.11.2025, 12:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 24.11.2025, 12:21 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Islamfeindlichkeit entsteht in Westeuropa vor allem durch „fremdenfeindliche und autoritäre Einstellungen“. Dies hat eine Studie der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) in Mainz ergeben. Der individuelle christliche Glaube spiele bei antimuslimischen Vorurteilen hingegen kaum eine Rolle. Die Studie widerspreche damit der weit verbreiteten Annahme, dass Religion maßgeblich für islamfeindliche Einstellungen sei.
Für die Studie seien Daten von knapp 75.000 Personen aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden analysiert worden. Als Grundlage habe ein Fragebogen gedient, der zentrale rechtspopulistische und rechtsextreme Einstellungen erfasste.
Kein Zusammenhang von eigener Religiosität und Islamfeindlichkeit
Der Zusammenhang zwischen persönlicher Religiosität und Islamfeindlichkeit sei in allen vier Ländern praktisch gleich null, sagt Kai Arzheimer, Leiter des Arbeitsbereichs Innenpolitik und politische Soziologie an der JGU. „Menschen, die regelmäßig in die Kirche gehen oder sich einer christlichen Tradition zuordnen, sind also nicht systematisch islamfeindlicher als Menschen ohne religiösen Glauben.“ Deutlich nachweisbar sei hingegen der Zusammenhang zwischen Islamfeindlichkeit und autoritären Einstellungen.
„Diese Ergebnisse sind wichtig, um zu verstehen, warum einige rechtspopulistische Parteien in Westeuropa sich als Verteidiger angeblicher ‚christlicher Werte‘ gegen eine vermeintliche islamische Bedrohung inszenieren“, erklärt Arzheimer. In der Forschung wird diese Strategie als „Christianismus“ bezeichnet – also die politische Instrumentalisierung christlicher Identität. Dass diese Strategie funktionieren kann, erklärt der Politikwissenschaftler damit, dass sie echten christlichen Glauben klar von anti-muslimischen Ressentiments trennt.
Christentum als kulturelles Symbol
„Akteure der radikalen Rechten haben ein Narrativ geschaffen, in dem das Christentum als kulturelles Symbol einer angeblichen westlichen Zivilisation erscheint, während der Islam als Bedrohung für ‚unsere‘ Identität dargestellt wird“, so Arzheimer weiter. „Damit erreichen sie eine breite, zunehmend säkulare Wählerschaft, die zugleich offen ist für nationalistische und einwanderungskritische Botschaften.“
Die Studie zeigt laut Arzheimer auch, wie rechtspopulistische Parteien es vermeiden, als offensichtlich rassistisch erkannt zu werden – nämlich indem sie das Christentum nicht als Glaubenssystem darstellen, das auf Demut, universellen Werten und Mitgefühl beruht, sondern als kulturelles Abgrenzungsmerkmal. Arzheimer weiter: „Dieses Vorgehen fügt sich in eine Strategie, die Kulturen als unvereinbare Gegensätze inszeniert – und in der Wissenschaft als ‚zivilisatorischer Populismus‘ bezeichnet wird.“ (dpa/mig) Aktuell Gesellschaft
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