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Menschen in Berlin (Archiv) © Emmanuele Contini/AFP

Studie offenbart tiefe Vorurteile

Jeder Zweite glaubt an „Islamisierung“ Deutschlands

Fast die Hälfte der Deutschen meint, der Islam unterwandere die Gesellschaft. Noch mehr sind überzeugt, man dürfe „nichts Schlechtes über Ausländer sagen“. Eine neue Studie zeigt, wie weit rechtspopulistische Denkmuster in der Mitte der Gesellschaft verankert sind.

Montag, 27.10.2025, 12:52 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.10.2025, 12:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Anteil der Deutschen mit einem rechtspopulistischen Weltbild ist laut einer Studie der Universität Hohenheim konstant. Er liege bei 17 Prozent, in der AfD-Anhängerschaft bei 84 Prozent, teilte die Universität in Stuttgart mit. Für die jährliche Erhebung befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Forscher im August und September 4.057 Bundesbürger ab 16 Jahren. Den Befragten wurden 18 Aussagen vorgelegt. Sie sollten angeben, wie stark sie diesen Aussagen zustimmen oder wie stark sie diese ablehnen.

„Rechtspopulisten verwenden immer wieder die gleichen Erzähl-Elemente“, beobachtet der Kommunikations- und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider und zählt auf: „1. Es gibt einen einheitlichen ‚Volkswillen‘. 2. Dieser wird von inneren und äußeren Mächten unterdrückt. 3. Zu den inneren Mächten zählen die politischen Eliten und die Massenmedien. 4. Zu den äußeren Mächten zählen die EU, die Globalisierung und der Islam.“

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Islam und Ausländer – tiefe Vorurteile

Zur Einstellung gegenüber dem Islam gibt die Studie weitere Einblicke. Danach stimmt knapp jeder Zweite (49 Prozent) der Aussage ganz oder teilweise zu, die deutsche Gesellschaft werde durch den Islam unterwandert. In Ostdeutschland (57 Prozent) erntet diese Aussage deutlich mehr Zustimmung als in Westdeutschland (48 Prozent).

Deutlicher fällt das Meinungsbild der Befragten zu folgender Aussage aus: „In Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist zu gelten.“ Hier stimmten 64 Prozent der Befragten der Aussage voll oder eingeschränkt zu. Ähnliches Bild auch im Ost-West-Vergleich: 72 bzw. 63 Prozent.

Geheime Organisationen, Medienlügen, Volksbetrug

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, glaubt gut ein Viertel der Befragten, dass geheime Organisationen großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Ein Fünftel sei davon überzeugt, Massenmedien würden die Bevölkerung „systematisch belügen“. Knapp ein Viertel meine, die Regierenden „betrügen das Volk“. In Ostdeutschland stimmten sogar 35 Prozent dieser Aussage zu. 25 Prozent der Befragten meinten: „Die Regierung verschweigt der Bevölkerung die Wahrheit.“ In Ostdeutschland lieg der Anteil bei 37 Prozent.

Im Osten Deutschlands sei der Anteil der Befragten mit einem solchen Weltbild höher (28 Prozent) als im Westen (15 Prozent). Je höher die formale Bildung der Befragten, desto geringer sei der Anteil derjenigen, die über ein populistisches Weltbild verfügen. Am höchsten sei der Anteil bei den 45- bis 59-jährigen Männern (23 Prozent), am niedrigsten bei den über 60-jährigen Frauen (9 Prozent).

Größte Unterschiede zwischen Grüne- und AfD-Wählern

„Der größte Unterschied besteht zwischen der Anhängerschaft der Grünen und der Anhängerschaft der AfD: 84 Prozent der AfD-Anhängerschaft haben ein populistisches Weltbild. Bei der Anhängerschaft der Grünen ist es noch nicht einmal ein Prozent“, so Prof. Brettschneider. Es sei gerechtfertigt, überwiegend von „Rechtspopulismus“ zu sprechen. Denn unter den Befragten, die sich politisch selbst als stark rechts einstufen, beträgt der Populismus-Anteil 68 Prozent. Unter den Befragten, die sich politisch selbst als stark links einstufen, liegt der Anteil bei sechs Prozent.

Bemerkenswert findet der Politikwissenschaftler ein weiteres Ergebnis: „Menschen mit einem populistischen Weltbild beurteilen die Lebensqualität in ihrem Bundesland deutlich schlechter als in allen anderen. Sie blicken auch weniger optimistisch in ihre persönliche Zukunft. Und sie glauben überdurchschnittlich oft, dass früher alles viel besser war.“ Es läge nahe, hier auch eine Verbindung zur häufigen Nutzung von Social-Media-Plattformen zu ziehen. „Auf einigen Social-Media-Kanälen überwiegen negative Meldungen. Sie verbreiten Weltuntergangs-Stimmung. Und wer sich dann – durch Algorithmen gesteuert – dem Doomscrolling hingibt, glaubt irgendwann, die Welt sei dem Untergang geweiht“, so der Experte. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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