
Bayern
SPD will Verfassungstreue von ehrenamtlichen Richtern prüfen
Ein Neonazi als ehrenamtlicher Richter? In Bayern sieht die SPD diese reale Gefahr. Sie fordert deshalb eine verbindliche Verfassungstreue-Mussregel für das Schöffenamt. Das CSU-geführte Justizministerium beschwichtigt.
Dienstag, 21.10.2025, 17:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.10.2025, 13:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ehrenamtliche Richterinnen und Richter in Bayern sollen nach dem Willen der SPD künftig glaubhaft ihre Treue zur Verfassung bekunden. „Wir dürfen unter keinen Umständen zulassen, dass Verfassungsfeinde über das Schöffenamt unseren Rechtsstaat unterwandern und extremistisches Gedankengut auf der Richterbank platzieren. Wer in Bayern Recht spricht, muss verfassungstreu sein – egal, ob Berufs- oder Laienrichter. Da darf es keine Zweifel geben“, sagte Fraktionschef Holger Grießhammer der Deutschen Presse-Agentur in München.
SPD fordert „Muss-Regelung“ zur Verfassungstreue
Der Gesetzentwurf der SPD sieht eine sogenannte „Muss-Regelung“ hinsichtlich der Verfassungstreue vor. „Es wird ein zwingender Ausschlussgrund für die Berufung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter bei Zweifeln am Bestehen der Verfassungstreue geschaffen“, heißt es in dem Entwurf. Sollten bei bereits eingesetzten Schöffen im Nachhinein Zweifel aufkommen, soll dies als „gröbliche Amtspflichtverletzung“ zu einer Abberufung führen.
Hintergrund ist Bestrebungen rechtsextremer Organisationen, die gezielt versuchen, über das Ehrenamt als Schöffinnen und Schöffen in Gerichtsentscheidungsprozesse einzudringen. Bekannt ist beispielsweise ein Aufruf eines Neonazi-Netzwerks in einem Telegram-Kanal mit rund 150.000 Abonnent:innen. Mehrere Kommunen beklagen, dass extremistische Gruppierungen von einer zu laschen Kontrolle profitieren, sofern sie überhaupt stattfindet, weil es nur wenige Bewerbungen für das Amt gibt.
Es gab bereits mehrere Aufrufe und Warnungen aus der Zivilgesellschaft und von Verbänden der Ehrenamtlichen Richterinnen und Richter, eine verbindliche Prüfung der Verfassungstreue vor der Ernennung zu etablieren. Auch mehr Transparenz bei Auswahl und eine Liste der Kandidatinnen und Kandidaten sei nötig.
Justizministerium hält Gesetz auf Landesebene nicht für zielführend
Das CSU-geführte Justizministerium betonte auf Anfrage, dass die Justiz sich bereits jetzt mit besonderem Nachdruck dafür einsetze, dass Schöffinnen und Schöffen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stünden. Ziel sei es, sicherzustellen, dass Personen mit extremistischen oder verfassungsfeindlichen Überzeugungen – egal aus welcher Richtung – der Zugang zum Schöffenamt bereits frühzeitig versagt werden könne. Dazu müssten in den Bewerbungsformularen unter anderem Fragen zu Mitgliedschaften in extremistischen Organisationen beantwortet werden. Die von der SPD geforderte Regelung auf Landesebene sei dagegen nicht zielführend, es brauche ein bundesweit einheitliches Gesetz.
Die SPD beruft sich bei Ihrer Forderung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2008, wonach die Pflicht zur Verfassungstreue nicht nur für Berufsrichter, sondern auch für ihre ehrenamtlichen Kollegen, die Schöffen, gelte. Dies folge aus der Funktion ehrenamtlicher Richter als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte Organe staatlicher Aufgabenerfüllung. Die Grundentscheidung der Verfassung schließe es aus, dass der Staat zur Ausübung von Staatsgewalt Bewerber für Ämter, die mit der Ausübung staatlicher Gewalt verbunden sind, zulasse, wenn diese die demokratische Grundordnung ablehnten und bekämpften.
Schöffen werden in Bayern immer für fünf Jahre ernannt
Schöffen werden in Bayern jeweils für fünf Jahre ernannt. Die Wahlen für die nächste Amtsperiode vom 1. Januar 2029 bis 31. Dezember 2033 werden im Laufe des Jahres 2028 stattfinden. Sie haben in der Regel keine juristische Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen. 2024 waren rund 4.800 Schöffen in der Strafgerichtsbarkeit berufen. (dpa/mig) Aktuell Politik
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