
Studie
Private Unterbringung hat Integration von Ukrainern beschleunigt
Privat untergebracht, besser integriert: Eine neue Studie zeigt, dass private Gastgeber ukrainischen Geflüchteten das Ankommen erleichtern – und Kommunen entlasten. Forscher fordern ähnliche Bedingungen für alle Geflüchteten.
Donnerstag, 18.09.2025, 10:54 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 18.09.2025, 10:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ukrainische Geflüchtete, die nach Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 in privaten Haushalten unterkamen, haben sich innerhalb eines Jahres deutlich besser in Deutschland eingelebt als Landsleute in staatlichen Unterkünften oder selbst angemieteten Wohnungen. Das zeigt eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungseinrichtungen.
Gemessen wurde, wie gut sich die Menschen bis Sommer 2023 in sechs Bereichen integriert hatten: sozial, psychologisch, alltagspraktisch, sprachlich, wirtschaftlich und politisch. Das Ergebnis: In privaten Haushalten lebende Ukrainer erzielten signifikant höhere Werte bei sozialer, psychologischer und alltagspraktischer Integration. Bei Sprachkenntnissen, Arbeitsmarktintegration und politischem Wissen gab es hingegen keine Unterschiede.
Besonders entscheidend war der persönliche Kontakt zwischen Gastgeberinnen und Geflüchteten. Viele erhielten Hilfe bei Behördengängen, Anträgen, Übersetzungen, bei der Suche nach Arbeit, Wohnungen oder Kinderbetreuung, konstatieren die Studienautoren. Mehr als 60 Prozent der Befragten blieben bis zu vier Monate bei ihren Gastgeberinnen, über 80 Prozent zahlten dafür nichts. Häufige gemeinsame Mahlzeiten trugen zum Ankommen bei. Der Wohnort selbst – ob wohlhabend oder migrationsfreundlich – hatte der Studie zufolge dagegen kaum Einfluss.
Experte fordert private Unterbringung für alle Geflüchtete
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Privatunterbringung ein wichtiger Baustein für die frühe Integration Geflüchteter ist“, erklärte Niklas Harder, Co-Autor der Studie und Co-Leiter der DeZIM-Abteilung Integration. Mit Blick auf künftige Situationen plädiert er für eine staatliche Förderung privater Unterbring. „Dazu gehört, die rechtlichen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass nicht nur Ukrainerinnen und Ukrainer Wahlfreiheit beim Aufenthaltsort haben“, erklärte Harder weiter.
Tatsächlich hatte die Integration von ukrainischen Geflüchteten andere Ausgangsbedingungen: Durch die sogenannte EU-„Massenzustromrichtlinie“ von 2022 mussten Ukrainer keinen Asylantrag stellen, bekamen statt Asylbewerberleistungen Bürgergeld und damit mehr staatliche Hilfe. Schließlich konnten sie ihren Aufenthaltsort frei wählen und Angebote privater Unterstützerinnen annehmen – anders als viele Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan, die zunächst in zentralen Unterkünften leben mussten und viele Monate und Jahre in Asylverfahren feststeckten.
Private Unterbringung entlastet Kommunen
Rund 1,1 Millionen Ukrainer leben derzeit in Deutschland. Nach Angaben der Bundesregierung wohnen die meisten in eigenen Wohnungen oder bei Bekannten, etwa ein Viertel in Gemeinschaftsunterkünften. Die Studie legt auch nahe, dass eine gezielte Förderung privater Unterbringung nicht nur die Integration beschleunigt, sondern auch Kommunen entlastet.
Die Forscher werteten Daten der Plattform #UnterkunftUkraine sowie eine Umfrage unter 1.700 Geflüchteten aus, die zwischen Februar und Juli 2022 nach Deutschland kamen. Erstellt wurde die DeZIM-Studie in Zusammenarbeit mit der University College London, der ETH Zürich, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Immigration Policy Lab an der Stanford University. Veröffentlicht wurde sie im Fachjournal Nature Human Behaviour. (mig) Aktuell Gesellschaft
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