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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

Kulturkämpfer am Anschlag

Die CDU inszeniert sich als Bollwerk gegen Geflüchtete, treibt den Rechtsruck voran, lässt sich von dubiosen Milliardären einladen und schweigt zu Gaza – ein Kulturkampf nach US-Vorbild.

Von Montag, 25.08.2025, 10:02 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.08.2025, 15:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Als sich im letzten Jahr hohe Vertreter der CDU/CSU mit den obersten Kulturkämpfern des Trumpismus trafen, war es nur eine dunkle Ahnung. Mittlerweile ist klar, dass die Union den rechten Kulturkampf nach amerikanischem Vorbild, zwar nicht ganz so polternd, inhaltlich jedoch eins zu eins, nach Deutschland importiert.

Von der harten Abwehr aller Schutzbedürftigen als Abkehr von der christlichen Idee, über Sprechverbote durch den Kulturstaatsminister, der Bildungseinrichtungen, Fernsehsendern und Kunstschaffenden vorschreiben will, wie sie reden und schreiben dürfen, bis hin zu einer als Neutralität verkauften neuen Homo- und Queerphobie, die Betroffene aus der öffentlichen Wahrnehmung verbannen will; von knallhartem Antifeminismus über die Politisierung des Bundesverfassungsgerichts bis hin zum Einsatz der Bundestagspolizei gegen renitente oppositionelle Politiker: das playbook ist immer das Gleiche.

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Da passt es, dass die Union ihre eigenen Versammlungen nicht nur von dubiosen Milliardären ausrichten lässt, die rechtspopulistische Lügenschleuder finanzieren, sondern sich auch auf einer solchen Veranstaltung, die angeblich so neutrale Bundestagspräsidentin Klöckner dann nicht einmal entblödet, die Rechtspostille nuis (sprich: noise, engl für „Krach“) mit der Berliner tageszeitung zu vergleichen, die viele aus nostalgischer Verklärung noch als „links“ oder „alternativ“ verschubladen. Von Neutralität gegenüber den rechten Hasspredigern hier jedenfalls keine Spur.

„Die Union feiert ihre Unmenschlichkeit gar noch in der „Reduzierung der Flüchtlingszahlen“…“

Die Union feiert ihre Unmenschlichkeit gar noch in der „Reduzierung der Flüchtlingszahlen“, ganz so, als ob es weniger Leid in der Welt gäbe, weil es nicht mehr über unsere Grenzen schafft. Sie marginalisiert Minderheiten, die sich gerade so ihren Platz in der Mehrheitsgesellschaft erkämpft haben. Sie verbietet, was nicht in ihr protofaschistoides Weltbild passt und nennt andere Verbotsparteien. Und die SPD ist natürlich wie immer mit dabei, weil sie halt immer mit dabei ist. Entsprechend konnte Merz denn auch gerade neue Forderungen erheben, dass die SPD dringend auf einen fremdenfeindlicheren und industriefreundlicheren Kurs einschwenken müsse, als es ihr Kurs ohnehin schon ist.

So passt es ins Bild, dass auch die Meldung des IPC, im Gazastreifen gebe es nun definitiv eine Hungersnot, in der Bundesregierung wenig Beachtung erfahren hat. Dass Hunger bewusst herbeigeführt und als Waffe eingesetzt wird, naja, schlimme Sache das, kann man nichts machen, tja, was gibt’s heut eigentlich in der Kantine zu Essen? „Hilfreich“, wenn sich dann ein Polizist bei einem Raubüberfall in ein Handgemenge verwickeln lässt, an dessen Folgen er stirbt.

Gaza was?“

Denn man könnte zwar einwenden, dass es sich dabei um ein Berufsrisiko für jene handelt, die tagtäglich mit Waffen hantieren und in einer solchen Situation nicht ausreichend auf die eigene Sicherheit achten – aber der andere war ja ein Ausländer! Und überhaupt tragen immer mehr Menschen Messer bei sich. Polizisten sind also einer immer größeren Gefahr ausgesetzt, vor der man sie schützen muss. Gaza was?

Nur gut, dass die Aachener CDU im dortigen Lokalwahlkampf eine adäquate Antwort auf diese Gefahr gefunden hat: Passend zum Jahrestag der Gewalttat von Solingen verteilt sie Messer mit der Aufschrift „Solingen“ an die Bürger. Hundepfeife, ick hör‘ dir trapsen. (mig) Meinung

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