
Kritik am Schulsystem
Pisa-Chef warnt vor Nachteilen für Schüler mit Migrationserfahrung
An deutschen Schulen liegt einiges im Argen. Der Chef der Pisa-Studien macht auf einen gravierenden Missstand aufmerksam, deren größte Verlierer Kinder mit Migrationsgeschichte sind. Die Linke fordert mehr Anstrengungen. Benachteiligung in der Schule sei „untragbar“.
Montag, 28.07.2025, 14:45 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.07.2025, 22:23 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, bescheinigt dem deutschen Bildungssystem gravierende Mängel beim Umgang mit Kindern mit Migrationserfahrung. „Es ist ein riesiges Problem, wenn ein Bildungssystem sich nicht ausreichend und nicht erfolgreich um Kinder mit Migrationserfahrung kümmert“, sagte Schleicher der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.
„Und wenn dadurch ganze Schulen aus dem Gleichgewicht geraten. Das ist in Deutschland leider viel zu oft der Fall“, sagte Schleicher, der auch für den internationalen Schulleistungsvergleich Pisa verantwortlich ist.
Frühe Sprachvermittlung als Schlüssel
Als Gründe für die Schwierigkeiten nannte Schleicher mangelnde frühkindliche Bildung und eine falsche Verteilung von Ressourcen im Bildungssystem. Deutschland verteile das Geld nicht klug. „Die Schulen mit den größten Herausforderungen brauchen die meisten Ressourcen“, sagte der Chef der Pisa-Studie. Gut ausgestattete Kitas mit klarem Bildungsauftrag seien der beste Weg, um sicherzustellen, dass alle Mädchen und Jungen die Sprache ausreichend beherrschten, sagte Schleicher. Dazu gehörten verbindliche Sprachtests und frühe Diagnostik.
„Hier wird in Deutschland zu wenig getan“, kritisierte er. Wenn die sprachliche Grundlage bei zu vielen Kindern in einer Klasse fehle, werde es für die Lehrerinnen und Lehrer schwer. Sie bräuchten mehr Unterstützung.
Schleicher äußerte Verständnis für Eltern, die für ihre Kinder die bestmögliche Schule auswählen. „Natürlich kann ich Eltern verstehen, wenn sie ihre Kinder lieber auf eine Schule schicken wollen, an der es die entsprechenden Probleme nicht gibt. Wer wünscht sich nicht die beste Bildung für seine Kinder?“, fragte der Experte.
Linke: Benachteiligung untragbar
Nicole Gohlke, Sprecherin für Bildungspolitik der Fraktion Die Linke, lobt den Vorstoß von Schleicher: Er treffe mit seiner Kritik den Nagel auf den Kopf. „Es ist untragbar, dass Kinder mit Migrations
oft benachteiligt werden, weil ihnen frühzeitig die nötige Unterstützung und Ressourcen fehlen“, erklärte Gohlke.
Die soziale Schere klaffe weiter auseinander. „Wir haben eine soziale Schieflage bei der Verteilung der Mittel. Doch es fehlt der politische Wille, die katastrophalen Zustände im Schulsystem dauerhaft zu bekämpfen und die strukturellen Verfehlungen im Schulsystem anzugehen“, so Gohlke weiter. Sie fordert Personal, Ressourcen, gute Betreuungsschlüssel und eine Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte und Erzieher:innen. „Allen Kindern müssen die gleichen Startbedingungen ermöglicht werden.“ (dpa/epd/mig) Leitartikel Panorama
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