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Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) (Archiv) © Odd Andersen/AFP

Alabali Radovan im Gespräch

Ministerin: Von Entwicklungshilfe profitieren deutschen Unternehmen

Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) spricht über ihre erste große Auslandsreise nach Südafrika, knapper werdende Budgets, Fluchtursachen und warum Entwicklungshilfe der deutschen Wirtschaft zugutekommt. Eine „Win-win-win-Situation“?

Von Montag, 28.07.2025, 14:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.07.2025, 14:21 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Frau Alabali Radovan, Ihre erste große Auslandsreise führt Sie nach Südafrika. Was ist Ihr Eindruck von dem Land – und was nehmen Sie mit zurück nach Deutschland?

Reem Alabali Radovan: Südafrika ist ein Land mit einer reichen, aber auch turbulenten Geschichte – das spürt man bis heute. Was ich mitnehme, ist der große Wunsch nach noch engerer Zusammenarbeit mit Deutschland. Deutschland wird als Partner sehr geschätzt – insbesondere in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Südafrika wirbt sehr gezielt um deutsche Investitionen.

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Investitionen auf dem afrikanischen Kontinent gelten oft als riskant. Wie wollen Sie Unternehmerinnen und Unternehmer überzeugen, hier zu investieren?

Da muss man stark differenzieren: Südafrika ist die größte afrikanische Volkswirtschaft mit sehr guten Investitionsbedingungen. Für international erfahrene Unternehmen ist das Risiko überschaubar. Die Herausforderung liegt eher darin, diejenigen zu überzeugen, die noch gar nicht in Afrika aktiv sind.

Für interessierte Unternehmen bietet die Bundesregierung Beratung und auch gezielte Förderung an, denn es gibt hier großes Potenzial für europäische und deutsche Investitionen. Ich sehe es auch als meine Aufgabe, das sichtbarer zu machen. Afrika ist ein Kontinent der Zukunft.

Sehen das auch die deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer so, mit denen Sie auf Ihrer Reise sprechen konnten?

Die Unternehmerinnen und Unternehmer, mit denen ich gesprochen habe, sind sehr zufrieden in Südafrika. Viele wollen ihre Investitionen ausweiten. Das spiegelt sich auch in einer aktuellen Umfrage der Deutschen Außenhandelskammer wider: Über 600 deutsche Unternehmen sind in Südafrika aktiv – und 44 Prozent von ihnen wollen ihr Engagement noch ausbauen.

Braucht es dafür bessere Rahmenbedingungen?

Es gibt bereits gute Fördermöglichkeiten – etwa über die Entwicklungsfinanzierungsbank KfW oder Ausschreibungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. In der Koalition diskutieren wir auch über weitere Instrumente wie Gewährleistungsrahmen, also rechtlich und finanziell abgesicherte Staatszusagen, um Risiken abzufedern. Vor allem braucht es aus meiner Sicht aber eine bessere Kommunikation, das heißt: mehr Sichtbarkeit, mehr Vernetzung. Die Schnittstelle zu schaffen von Unternehmerinnen und Unternehmen einerseits und einer nachhaltigen Entwicklung unserer Partnerländer andererseits – darin sehe ich meine zentrale Rolle.

Wirtschaftsförderung im Ausland ist eigentlich Sache des Wirtschaftsministeriums. Wie teilen Sie sich die Aufgaben?

Wir stehen im guten Austausch. Das Wirtschaftsministerium kümmert sich um klassische Außenwirtschaftsförderung. Unser Fokus liegt auf der Entwicklungszusammenarbeit. Aber genau dort entstehen auch Möglichkeiten für die Wirtschaft: Wenn wir zum Beispiel in Südafrika den Übergang zu erneuerbaren Energien unterstützen, sind deutsche Unternehmen mit ihrem Know-how gefragt. Es geht mir darum, diese Bereiche zu verknüpfen.

Wie profitieren die Menschen vor Ort von solchen Investitionen aus dem Ausland?

Mein Ziel ist eigentlich eine „Win-win-win-Situation“. Zum einen profitieren die Unternehmen bei wirtschaftlichem Erfolg. Zum anderen eröffnet wirtschaftliche Entwicklung den Partnerländern Zukunftsperspektiven. Aber besonders wichtig ist mir, dass es bei den Menschen ankommt. Es geht mir darum, dass gute, fair bezahlte Arbeitsplätze geschaffen und Menschenrechte eingehalten werden. Es darf nicht nur um billigere Arbeitskräfte gehen, sondern um eine nachhaltige Wertschöpfung vor Ort.

Kann Südafrika auch ein Vorbild für andere Länder auf dem Kontinent sein?

Durchaus, es gibt hier einige Vorzeigeprojekte. Aber Afrika ist nicht gleich Afrika. Südafrika ist die größte Volkswirtschaft auf dem Kontinent, in Westafrika ist es Nigeria, in Nordafrika Ägypten. Alle diese Länder haben großes Potenzial, vor allem im Energiebereich. Aber dann gibt es auch noch die am wenigsten entwickelten Staaten mit völlig anderen Voraussetzungen. Diese Länder sind stärker auf öffentliche Gelder angewiesen.

Genau diese öffentlichen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit schrumpfen. Laut dem Haushaltsentwurf für 2025 soll Ihr Etat um fast eine Milliarde Euro sinken, für 2026 sind weitere Kürzungen geplant. Bemühen Sie sich auch deshalb um mehr deutsche Investitionen auf dem afrikanischen Kontinent?

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit war schon immer Teil der Entwicklungszusammenarbeit. Es sind auch die Partnerländer, die sich mehr wirtschaftliche Kooperation wünschen.

Aber natürlich geht es bei der Entwicklungszusammenarbeit weiterhin ganz stark um die Bekämpfung von Hunger, Armut und sozialer Ungleichheit. Wir wollen auch weiterkommen im Bereich globale Gesundheit, darüber habe ich mit dem südafrikanischen Gesundheitsminister gesprochen. Diese wichtigen Herausforderungen dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.

Können sich Ihre Partnerländer überhaupt noch auf Deutschland verlassen angesichts der Haushaltslage?

Ja. Klar, es gibt Kürzungen. Aber wir bleiben trotzdem ein verlässlicher Partner in der Welt. Für Gavi, die globale Impfallianz, haben wir beispielsweise kürzlich 600 Millionen Euro zugesagt und sind damit größter EU-Geber. Wir sind ohnehin seit dem Rückzug der USA aus der Entwicklungszusammenarbeit in vielen Bereichen wichtigster Geber. Deutschland kann als starker internationaler Partner mehr Verantwortung übernehmen.

Und trotzdem müssen Sie Abstriche machen. In welchen Regionen oder bei welchen Projekten wird sich das Entwicklungsministerium künftig weniger engagieren?

Wir werden uns nicht aus ganzen Regionen zurückziehen. Wir orientieren uns eher thematisch. So liegt zum Beispiel beim Thema Fluchtursachen oder Krisenprävention ein Fokus auf dem Nahen und Mittleren Osten, dem Sahel und dem Horn von Afrika.

Gesundheit fördern wir eher über multilaterale Instrumente wie Gavi oder den Global Fonds gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria. Wir können nicht alles parallel machen. Deshalb ziehen wir uns aus der bilateralen Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit zurück und konzentrieren die Mittel. In meinem Haus läuft bis zum Jahresende ein großer Reformprozess, in dem wir die Mittel neu priorisieren. (epd/mig) Aktuell Interview Politik

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