
EU fördert Rückkehr
UN: Flüchtlinge kehren in ihre Heimat in Syrien zurück
Laut UN sind über 1,5 Millionen Syrer seit dem Sturz Assads zurückgekehrt. Die EU setzt nun auf diesen Trend – und hebt Sanktionen auf, um die Rückkehr weiter zu forcieren. Gewaltexzesse überschatten jedoch Hoffnungen.
Dienstag, 27.05.2025, 11:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 28.05.2025, 7:32 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Vereinten Nationen berichten von einem „ermutigenden Trend“ der Rückkehr von geflüchteten Menschen in Syrien. Seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 seien mehr als eine Million Binnenflüchtlinge in ihre Heimatregionen zurückgekehrt, sagte die Direktorin des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe, Edem Wosornu, am Freitag in Genf.
Aus Nachbarländern seien mehr als 500.000 Flüchtlinge nach Syrien heimgekehrt. Allerdings bestünden in dem Land nach einem blutigen bewaffneten Konflikt weiterhin große Hürden für die Heimkehrer. Die Direktorin nannte einen Mangel an Sicherheit, beschädigte Wohngebäude, ungenügende Wasser- und Stromversorgung sowie Munitionsreste und Blindgänger. Insgesamt seien in Syrien 16,5 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe von außen angewiesen.
EU beschließt Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Syrien
Um die Rückkehr der geflüchteten Syrer in ihr Land zu fördern, haben Mitte vergangener Woche die Außenminister der EU-Staaten die vollständige Aufhebung von Wirtschaftssanktionen gegen Syrien beschlossen. Die EU hat die Hoffnung, dass nach einer Stabilisierung des Landes Hunderttausende syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können. Syrer hatten viele Jahre lang einen großen Teil der in der EU ankommenden Flüchtlinge ausgemacht.
„Jetzt ist es an der Zeit, dem syrischen Volk die Chance zu geben, sich zu vereinen und ein neues, inklusives, pluralistisches und friedliches Syrien aufzubauen – frei von schädlicher ausländischer Einmischung“, hieß es in einer einstimmig angenommenen Erklärung der Außenminister. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sagte, man gebe der neuen syrischen Führung eine Chance, erwarte aber eine Politik, die alle Bevölkerungsgruppen und Religionsgruppen einbeziehe.
Waffenembargo bleibt
Beibehalten werden sollen nach dem vereinbarten Vorgehen der EU-Minister nur Sanktionen gegen Personen und Organisationen, die Verbindungen zum Assad-Regime oder Verantwortung für die gewaltsame Unterdrückung des syrischen Volkes haben, sowie für Menschenrechtsverletzungen. Zudem bleiben auch Ausfuhrbeschränkungen für Waffen sowie Güter und Technologien, die zur internen Repression verwendet werden, vorerst in Kraft. Dazu gehören zum Beispiel auch Abhör- und Überwachungssoftware.
Syriens Außenminister Asaad al-Schaibani bezeichnete den Schritt als historisch. „Vielen Dank an die Länder der Europäischen Union und allen, die zu diesem Sieg beigetragen haben“, teilte er bei X mit. Das Außenministerium sprach von einem Wendepunkt in den europäisch-syrischen Beziehungen. Die Aufhebung der Sanktionen werde den Weg ebnen zu einem „stabilen Syrien beruhend auf Menschenrechten, wirtschaftlicher Erholung und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene“.
EU hofft auf weniger Flüchtlinge
Die EU-Staaten hatten bereits im Februar eine schrittweise Lockerung von Sanktionen vereinbart, um eine rasche wirtschaftliche Erholung sowie den Wiederaufbau und die Stabilisierung des Landes zu unterstützen. Maßnahmen im Energie-, Transport- und Bankensektor wurden zunächst bis Juni ausgesetzt. Unter anderem weitreichende Einschränkungen für die Zentralbank blieben zunächst aber bestehen. Der politische Beschluss zur vollständigen Aufhebung der Wirtschaftssanktionen muss nun noch technisch umgesetzt werden. Dies ist in den kommenden Tagen geplant.
Die EU schließt sich mit dem Vorgehen dem Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump an. Dieser hatte bereits zuvor die Aufhebung aller US-Sanktionen angekündigt. Die EU hat auch die Hoffnung, dass nach einer Stabilisierung des Landes Hunderttausende syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können. Syrer hatten viele Jahre lang einen großen Teil der in der EU ankommenden Flüchtlinge ausgemacht.
Gewaltexzesse überschatten Hoffnungen
Dass die Aufhebung der Sanktionen ungeachtet der jüngsten Gewaltausbrüche zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Syrien erfolgt, erklärte die EU mit mangelnden Alternativen. Zwar gebe es weiter Zweifel, ob sich die Regierung in die richtige Richtung bewege, sagte die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas. Aus ihrer Sicht habe man aber keine Wahl. Man müsse es dem Land ermöglichen, sich zu stabilisieren, um eine Entwicklung wie in Afghanistan zu vermeiden.
Zuletzt war es in Syrien zu heftigen Kämpfen zwischen Angehörigen der drusischen Minderheit und sunnitischen Milizen gekommen. Bereits im März gab es in der westlichen Küstenregion Syriens blutige konfessionelle Kämpfe zwischen Regierungstruppen der neuen Machthaber und Assad-treuen Milizen.
Sanktionserleichterungen als Prävention
Experten sehen Sanktionserleichterungen aus westlichen Staaten auch als Prävention gegen den Einfluss Dritter. Andauernde Sanktionen würden das Land weiter abhängig von ehemaligen Assad-Verbündeten wie dem Iran und Russland machen. „Dies würde erneutem Extremismus, regionaler Instabilität und dem Wiederaufleben des Islamischen Staats Tür und Tor öffnen“, analysiert etwa die US-Denkfabrik Atlantic Council.
Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg hatte eine Rebellenkoalition unter Führung der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad gestürzt. Ende Januar wurde HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa zum Interimspräsidenten ernannt. (epd/dpa/mig) Leitartikel Panorama
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