
Sachsen-Anhalt
Pflege wächst dank ausländischer Kräfte
Immer mehr ausländische Pflegekräfte arbeiten in Sachsen-Anhalt. Doch das Land bleibt für viele nur eine Zwischenstation. Problem ist der zunehmende Rechtsruck. Nicht deutsch gelesene Menschen sind oft Opfer rassistischer Gewalt.
Dienstag, 20.05.2025, 13:38 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 20.05.2025, 13:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In Sachsen-Anhalt arbeiten immer mehr ausländische Kräfte in der Pflege. Wie die Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage mitteilte, waren Ende Juni letzten Jahres 2.400 ausländische Beschäftigte in den Berufen der Gesundheits- und Altenpflege tätig. Das entspricht einem Plus von mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damals lag die Zahl noch bei 1.990. Der Beschäftigungszuwachs in der Pflege wird laut Agentur inzwischen ausschließlich durch ausländische Beschäftigte getragen.
Insgesamt zählte die Pflegebranche im Land Ende 2023 mehr als 53.800 Beschäftigte – ein Zuwachs von 31 Prozent seit 2013, wie das Statistische Landesamt jüngst mitteilte.
Problem: Rechtsruck im Land
Das Arbeitsministerium in Sachsen-Anhalt sieht die Entwicklung als dringend notwendig. „Ausländische Pflegekräfte sind eine unverzichtbare Stütze, um die pflegerische Versorgung in unserem Land aufrechtzuerhalten“, hieß es. Dennoch verließen viele gut integrierte Fachkräfte das Land wieder. Sachsen-Anhalt sei aktuell eher ein Transitland für migrantische Fachkräfte. Um der Abwanderung entgegenzuwirken, werde verstärkt auf soziale Begleitung, gezielte Förderung und Integrationsmaßnahmen gesetzt, so das Ministerium.
Beobachtern zufolge spielt allerdings weniger die fehlende Integration als vielmehr der zunehmende Rechtsruck in dem Bundesland eine entscheidende Rolle. Menschen, die aufgrund ihres Aussehens nicht deutsch gelesen werden, fühlten sich unsicher, da sie immer wieder Anfeindungen ausgesetzt sind. Opferberatungen beklagen seit Jahren eine Zunahme von gewalttätigen Übergriffen, die immer öfter im öffentlichen Raum stattfinde. Sie fordern mehr Programme gegen Rechtsextremismus. Erhebungen zufolge erleben auch ausländisch gelesene Pflegekräfte Rassismus im Job.
Neue Partnerländer für die Pflege
Diesen Herausforderungen zum Trotz bleibt ein Vorzeigeprojekt die Ausbildung salvadorianischer Jugendlicher im Pflegezentrum „Am Lerchenberg“ in Wittenberg. Dort werden junge Menschen ausgebildet – etwa mit Sprachkursen und sozialer Begleitung. Für den Ausbildungsstart im September 2025 ist eine weitere Gruppe mit 15 Teilnehmern vorgesehen. Aufgrund begrenzter Sprachschulkapazitäten in El Salvador könne das Projekt jedoch nicht stark ausgeweitet werden. Laut Bundesagentur für Arbeit bestehen inzwischen ähnliche Kooperationen auch mit Mexiko, Kolumbien und Brasilien.
Ein ursprünglich geplantes Förderprogramm mit sogenannten „Job Buddys“, die ausländische Auszubildende und Fachkräfte bei Sprachkursen, Behördenkontakten oder der Kinderbetreuung unterstützen sollten, wurde vom Landtag im Februar gestoppt. Das Arbeitsministerium bezeichnete diese Entscheidung als bedauerlich, da besonders kleinere Unternehmen dadurch entlastet worden wären.
Dennoch bleibt die Fachkräftegewinnung laut Ministerium eine zentrale Herausforderung. Das Land investiert demnach in Qualifizierungsprogramme und individuelle Unterstützungsangebote. Seit dem Start des Landesprogramms „Assistierte Ausbildung für die Pflegehilfe“ haben mehr als 1.400 Auszubildende sozialpädagogische und fachliche Unterstützung erhalten. Anfang Mai wurde zudem eine Ausbildungsoffensive beschlossen, mit der gezielt junge Migrantinnen und Migranten für eine berufliche Laufbahn in Sachsen-Anhalt gewonnen werden sollen. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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