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Polizist am Computer © de.depositphotos.com

Stresstest

AfD im Staatsdienst: Wie rechts darf ein Beamter sein?

Beamte sollen alle Menschen gleich behandeln – egal ob Yusuf, Ali oder Josef. Doch was, wenn der Sachbearbeiter AfD-Mitglied ist? Die Einstufung der Partei als rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz wirft heikle Fragen auf.

Mittwoch, 07.05.2025, 13:59 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 07.05.2025, 14:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Was passiert, wenn Ali einen Antrag stellt – und ihm gegenübersitzt jemand, der zur AfD steht? Kann Yusuf sicher sein, dass er bei der Polizei nicht anders behandelt wird als Josef? Spätestens seit das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, steht die Frage im Raum: Wie rechts darf ein Beamter sein?

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte gegenüber dem Boulevardblatt „Bild“: „Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss.“ Auch Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) kündigte eine Prüfung an: Ein Flickenteppich sei zu vermeiden, weshalb er das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Bremerhaven auf die Tagesordnung setzen wolle.

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Innenminister differenziert

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) äußerte sich ähnlich: „Angehörige des öffentlichen Dienstes und insbesondere Beamtinnen und Beamte müssen mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Bei Mitgliedern einer als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Partei wird man dies nicht ohne weiteres annehmen können.“

Dagegen mahnt Baden-Württembergs Innenministerium zur Vorsicht. Eine Sprecherin betonte: „Pauschale Entscheidungen“ seien derzeit „nicht angezeigt“. Wichtig sei ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) betonte im WDR die rechtlichen Hürden: „Man muss, wenn man jemanden aus dem öffentlichen Dienst entfernen will, nachweisen, dass genau diese Person ihre Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt hat.“

Dobrindt gegen pauschale Konsequenzen

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), sieht es ähnlich: „Es gibt keine pauschalen Konsequenzen für Beamte, die sich zur AfD bekennen. Die Verfassungstreue, die von Beamten gefordert ist, kann nur einzelfallspezifisch in Betrachtung genommen werden“, sagte er im Boulevardblatt, „Bild“.

Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack indes prüft bereits Konsequenzen. Jeder Beamte mit einer AfD-Mitgliedschaft müsse dienstrechtlich auf seine persönliche Verfassungstreue überprüft werden. „Angesichts der Tragweite dieser Thematik ist es aber von besonderer Bedeutung, die möglichen Konsequenzen gründlich zu prüfen“, betone Sütterlin-Waack. Allerdings befinde man sich bereits in der „Finalisierung von Regelungen“, um den öffentlichen Dienst schon vor der Einstellung resilienter vor Verfassungsfeinden zu machen.

In Sachsen lehnt Innenminister Armin Schuster (CDU) eine grundsätzliche Überprüfung ab. „Eine anlasslose Gesinnungsprüfung oder einen neuen Radikalenerlass wird es in Sachsen nicht geben“, sagte er der „taz“. Anders verhalte es sich lediglich bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin geht einen Schritt weiter: „Die Einstufung durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem kann aus unserer Sicht durchaus Auswirkungen für sämtliche Beamte haben“, erklärte GdP-Sprecher Benjamin Jendro.

Demokratischer Stresstest

Neben juristischen und verwaltungsorganisatorischen Fragen steht ein weiterer Aspekt auf einem ganz anderen Blatt: das Vertrauen der Bevölkerung. Besonders Menschen mit Migrationsgeschichte, nicht-deutschem Namen oder Personen, die nicht aufgrund ihres Aussehens nicht deutsch gelesen werden, könnten in Zukunft Zweifel daran haben, fair behandelt zu werden – wenn klar ist, dass ihnen ein Staatsbediensteter gegenübersitzt, der sich mit der AfD identifiziert.

Wenn es um die AfD geht, wird die politische Debatte auffällig juristisch, differenziert und zurückhaltend geführt – doch gesellschaftlich geht es um mehr: nämlich um das Vertrauen in einen Staat, der für alle da sein muss. Wenn Yusuf den Eindruck gewinnt, anders behandelt zu werden als Josef, ist dieses Vertrauen erschüttert. Und genau deshalb ist die Frage, wie rechts ein Beamter sein darf, viel mehr als eine juristische Spitzfindigkeit, sondern ein demokratischer Stresstest. (mig) Aktuell Panorama

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