
Herzlos - und rechtswidrig?
Österreich schiebt Familien auf die Warteliste
Österreich setzt den Familiennachzug für Geflüchtete faktisch aus – auf unbestimmte Zeit. Kritiker warnen: Die Regelung könnte nicht nur herzlos, sondern auch rechtswidrig sein.
Sonntag, 27.04.2025, 15:07 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 27.04.2025, 15:07 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Es ist ein Signal, das vor allem Familien trifft: Geflüchtete in Österreich müssen künftig damit rechnen, ihre Angehörigen auf unbestimmte Zeit nicht nachholen zu können. Der Nationalrat hat den Weg für eine Pause beim Familiennachzug frei gemacht – und nimmt damit in Kauf, dass Kinder und Eltern weiter getrennt bleiben.
Anträge auf Familienzusammenführung können zwar weiterhin gestellt werden, doch die Behörden müssen sich künftig nicht mehr an die gesetzliche Frist von sechs Monaten halten. Für viele Familien bedeutet das eine zermürbende Wartezeit ohne klare Perspektive. Besonders bitter: Kinder, die noch im Herkunftsland leben und dort keine Bezugsperson mehr haben, bilden eine der wenigen Ausnahmen – ein schwacher Trost für Tausende andere.
Inszenierung als Schutzmaßnahme
Die neue Regelung tritt in Kraft, sobald die Regierung sowie der Nationalrat Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sehen. Was genau darunter fällt, bleibt vage – ein Einfallstor für willkürliche Entscheidungen, warnen Kritiker. Auch rechtlich wackelt das Vorhaben: Ob die Verschleppung des Familiennachzugs mit europäischem Recht vereinbar ist, ist mehr als fraglich.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) inszenierte die Gesetzesänderung als Schutzmaßnahme für das Bildungssystem. Mehr als 17.000 Menschen seien in den vergangenen zwei Jahren nach Österreich nachgezogen, viele davon schulpflichtige Kinder – eine Überforderung für die Schulen, so Karner. Zudem bemühte er das Bild einer „massiven Steigerung“ der Jugendkriminalität – ohne jedoch differenzierte Zahlen zu liefern.
Rechtspopulisten kritisieren: Regelung nicht hart genug
Die Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos feierte den Schritt als „wichtiges Signal“. Rechtspopulisten von der FPÖ fanden ihn hingegen nicht hart genug: Der Nachzug werde nur verzögert, nicht verhindert, klagten sie.
Während die Regierung von Ordnung spricht, wächst bei Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen die Sorge: Österreich, so der Eindruck, verabschiedet sich Stück für Stück vom Schutzgedanken des Asylrechts – und lässt Familien die Rechnung zahlen. (mig) Aktuell Ausland
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