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Menschen in Äthiopien am Wasserbrunnen © mathess/123rf.com

OECD-Bericht

Industrieländer geben weniger Geld für Entwicklungshilfe aus

Die öffentliche Entwicklungshilfe ist 2024 laut der OECD erstmalig seit fünf Jahren wieder gesunken. Auch Deutschland hat eine wichtige internationale Zielmarke nicht erreicht – und die künftige Regierung plant weitere Kürzungen im Etat. Kampf gegen Fluchtursachen sieht anders aus.

Mittwoch, 23.04.2025, 10:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.04.2025, 17:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Industrieländer haben im vergangenen Jahr weniger Geld für die öffentliche Entwicklungshilfe ausgegeben als in den Jahren zuvor. Wie die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris mitteilte, sank die Entwicklungshilfe der Geberländer nach vorläufigen Zahlen im Jahr 2024 auf 212,1 Milliarden US-Dollar (rund 186,6 Milliarden Euro). 2023 lag die Summe bei 223,3 Milliarden US-Dollar (rund 196,5 Milliarden Euro).

Damit wurde der seit fünf Jahren anhaltende Anstieg der internationalen Entwicklungsgelder unterbrochen. Die OECD führt den Rückgang der Gelder um 7,1 Prozent (inflationsbereinigt) zum einen auf geringere Beiträge der Industriestaaten an internationale Organisationen zurück. Auch die bilaterale Hilfe sank, bedingt durch weniger Unterstützung für die Ukraine, reduzierte humanitäre Hilfe und niedrigere Kosten für Geflüchtete in den Geberländern.

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Insgesamt entsprach die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) rund 0,33 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Geberländer. Damit wurde das UN-Ziel, mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, abermals weit verfehlt.

Deutschland verpasst Anforderungen

Norwegen, Luxemburg, Schweden, Dänemark erreichten das sogenannte 0,7-Prozent-Ziel laut den vorläufigen Daten der OECD. Deutschland verpasste die Anforderung knapp mit einem Anteil von 0,67 Prozent. Im vergangenen Jahr lag die deutsche Quote noch bei 0,82 Prozent. Insgesamt hat Deutschland im vergangenen Jahr 32,4 Milliarden Dollar (rund 28,5 Milliarden Euro) an Entwicklungsgeldern ausgegeben. Der Großteil der Gelder kam mit rund 36 Prozent aus dem Haushalt des Entwicklungsministeriums.

Trotz sinkender Zahlen betonte die geschäftsführende Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD): „Deutschland ist ein verlässlicher Partner.“ Man unterstütze andere Länder nicht nur aus internationaler Solidarität, sondern auch, weil Deutschland auf internationale Zusammenarbeit angewiesen sei. Die Hilfsorganisation Oxfam hingegen nannte die Einsparungen in der Entwicklungszusammenarbeit „rücksichtslos und kurzsichtig“ und warnte vor den langfristigen Folgen für globale Stabilität, Frieden und Sicherheit. Auch der entwicklungspolitischen Dachverband Venro sprach von einem „fatalen Signal“.

Entwicklungshilfe ist auch Fluchtursachenbekämpfung

Gezielte Entwicklungszusammenarbeit gilt als eine der wichtigsten Stellschrauben zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Wenn Mittel für Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsversorgung oder Klimaschutz in wirtschaftlich benachteiligten Regionen gekürzt werden, steigen vielerorts die Migrationsbewegungen. Die Aussichtslosigkeit in Herkunftsländern trifft insbesondere junge Menschen hart – nicht selten bleibt ihnen nur die Flucht.

Gleichzeitig verschärfen viele Geberländer, darunter auch Deutschland, ihre Asyl- und Migrationspolitik. Während also weniger Mittel in die Ursachenbekämpfung fließen, werden Schutzsuchende an den Grenzen abgewiesen oder in Drittstaatenmodelle ausgelagert. Diese Entwicklung wird von Hilfsorganisationen und Menschenrechtsverbänden zunehmend kritisiert.

Ausgaben für Geflüchtete angerechnet

In die ODA-Quote eingerechnet werden öffentliche Gelder, die für die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung armer Länder ausgegeben werden – und in dem Zusammenhang auch an internationale Organisationen fließen können. Auch Ausgaben für Geflüchtete, die in den Geberländern versorgt werden, können angerechnet werden, wie es beispielsweise Deutschland tut. Diese Praxis steht als Rechentrick stark in der Kritik. Denn nach Abzug der Flüchtlingshilfe im Inland läge die deutsche ODA-Quote für 2024 nach Angaben des Bundesentwicklungsministeriums bei 0,54 Prozent.

Die USA waren 2024 mit rund 63,3 Milliarden US-Dollar (rund 55,6 Milliarden Euro) der größte Geber und trugen 30 Prozent zur Gesamtsumme der Entwicklungsgelder bei. Aufgrund der von der Trump-Regierung angekündigten Kürzungen der Entwicklungsgelder und der humanitären Hilfe ist im kommenden Jahr mit deutlich größeren Einschnitten bei der öffentlichen Entwicklungshilfe zu rechnen. Der Rückgang reiht sich in einen weltweiten Trend ein: Großbritannien hat angekündigt, die ODA-Quote von 0,5 auf 0,3 Prozent zu reduzieren, und auch die voraussichtlich nächste deutsche Regierung aus Union und SPD hat eine Absenkung der Gelder angekündigt. (epd/mig) Aktuell Panorama

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