
Dilemma
Sachsen braucht Pflegepersonal aus dem Ausland – und wählt AfD
In Sachsen fehlt Pflegepersonal. Deshalb richtet das Land sein Blick ins Ausland. Ein schwieriges Unterfangen mit langen Anerkennungsverfahren. Es gibt aber noch ein anderes Problem: Mehr als jeder Dritte Sachse wählt die AfD – und macht das Land unattraktiv für ausländische Fachkräfte.
Montag, 03.03.2025, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.03.2025, 6:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Sachsen sucht händeringend nach Pflegepersonal und richtet dabei den Blick auch ins Ausland. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) drängt auf mehr Tempo bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. „Es muss unser Ziel sein, Anerkennungsverfahren einfacher, schneller und effektiver auszugestalten, ohne die Patientensicherheit zu gefährden“, sagte Köpping der Deutschen Presse-Agentur. Man brauche aber auch die Gewähr, dass nur hinreichend qualifizierte Personen die Anerkennung erhalten.
„Der zunehmende Fachkräftemangel ist eine riesige Herausforderung für das gesamte Gesundheitswesen. Damit die Menschen überall in Sachsen auch in Zukunft bestmöglich pflegerisch versorgt werden können, brauchen wir stabile Ausbildungszahlen in den Pflegeausbildungen und dürfen auch nicht die bereits in der Pflege tätigen Personen aus dem Blick verlieren“, betonte die Ministerin. Man könne es sich nicht leisten, auf Pflegefachkräfte aus dem Ausland zu verzichten.
Anerkennungsverfahren ist ein langer Weg
Für viele von ihnen sei es häufig ein langer Weg, bis sie die erforderliche Berufserlaubnis in den Händen hielten, sagte Köpping. Das Verfahren zur Anerkennung sei dabei nur eine Hürde, die es zu überwinden gelte. Köpping hatte sich vor gut einem Jahr selbst auf die Reise gemacht, um Pflegekräfte in Brasilien für eine Arbeit in Sachsen zu gewinnen. Unlängst besuchte sie in einer Einrichtung in Pulsnitz junge Menschen aus dem südamerikanischen Land, die momentan eine Qualifizierung machen und hier arbeiten wollen.
Auch die Linken im Landtag halten mehr Bemühungen um Pflegekräfte für notwendig. „Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird auch in Sachsen rasant ansteigen. Alle sollen in Würde altern. Das erfordert nicht nur bezahlbare Eigenanteile, die niemanden zum Sozialfall machen, sondern vor allem genug kompetentes Personal in den Heimen und bei Pflegediensten“, erklärte Linke-Chefin Susanne Schaper. Offensichtlich gelinge es trotz teurer Anwerbe-Programme kaum, qualifizierte Leute aus dem Ausland zu gewinnen.
37 Prozent für die rechtsextreme AfD
Schaper hatte unlängst eine Kleine Anfrage im Parlament zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Jahr 2023 gestellt. Aus den Zahlen ging hervor, dass von 495 Anerkennungsverfahren in dem betreffenden Jahr 420 abgeschlossen und 30 genehmigt wurden. Betroffene können damit sofort in dem Beruf arbeiten. Wie viele inzwischen davon nach einer Qualifizierung eine Anerkennung erhielten, blieb offen. Offen bleibt auch, ob und wie lange sie nach einem erfolgreichen Anerkennungsprozess im Land bleiben.
Experten warnen immer wieder vor den Folgen des Rechtsrucks im Land. Je stärker rechtsextreme Kräfte werden, umso unattraktiver werde Sachsen für potenzielle Fachkräfte mit Wurzeln im Ausland. Bei der Bundestagswahl hatten 37,3 Prozent der sächsischen Wähler der rechtsextremen AfD ihre Stimme gegeben und die Partei mit Abstand zur stärksten Kraft im Land gemacht.
Anerkennung von Gesundheitsberufen an hohe Hürden geknüpft
„Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Wir müssen mehr Menschen qualifizieren, die schon in Sachsen leben. Dabei muss es auch um soziale Kompetenz geben, Fachkompetenzen lassen sich erlernen“, argumentierte Schaper. Auch bei derzeit erwerbslosen oder bei zugewanderten Menschen gebe es sicher ein Potenzial.
Im Sinne des Patientenschutzes ist der Zugang zu Gesundheitsberufen an besonders hohe Voraussetzungen geknüpft. Das gilt sowohl für inländische wie für ausländische Absolventen. Neben einer erfolgreich absolvierten Ausbildung müssen sie die erforderlichen Deutschkenntnisse, eine gesundheitliche Eignung und die moralische Zuverlässigkeit (Führungszeugnis) vorweisen.
Chef der Arbeitsagentur drängt gleichfalls auf Tempo
„Wir wissen, dass Berufsanerkennungen sorgfältig geprüft und auf unsere Standards hin bewertet werden müssen. Das braucht Zeit. Aber je schneller diese Berufe anerkannt und die ausländischen Fachkräfte in Arbeit gebracht werden, umso schneller erhalten auch die Menschen und Einrichtungen in Sachsen dringend benötigte Hilfe oder Unterstützung“, sagte Klaus-Peter Hansen, Chef der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen, der Deutschen Presse-Agentur.
Nach Angaben der Arbeitsagentur sind von den rund 3.500 Berufen in Deutschland etwa 280 reglementiert. Dazu gehören auch Gesundheits- und Pflegeberufe. Bei reglementierten Berufen sind die Tätigkeiten rechtlich geschützt. Neben einer bestimmten Qualifikation sind häufig weitere Voraussetzungen für die Berufszulassung erforderlich. Bei Pflegeberufen ist in Sachsen der Kommunale Sozialverband zuständig. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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