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Eine notwendige Zumutung

Doku „Das Deutsche Volk“ über die Attentate von Hanau

Berlinale 2025: Fünf Jahre nach dem Hanau-Attentat zeigt eine Dokumentation den Kampf der Hinterbliebenen um Aufarbeitung. Eine notwendige Zumutung, ein erschütterndes Zeitdokument.

Von Donnerstag, 20.02.2025, 13:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.02.2025, 13:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Vor genau fünf Jahren, am 19. Februar 2020, erschoss ein Rechtsextremer in Hanau neun junge Menschen in Bars. Den Hinterbliebenen und ihrem Kampf um Anerkennung und Aufarbeitung widmet sich die Dokumentation „Das Deutsche Volk“ (Kinostart: Herbst 2025) von Marcin Wierzchowski, der in der Sektion „Berlinale Special“ seine Premiere feierte.

Mehr als vier Jahre begleitete der Regisseur die Familien der Ermordeten, vor allem die Eltern des getöteten Hamza Kurtovi , den Bruder des ermordeten Gökhan Gültekin, die Mutter von Sedat Gürbüz und den Vater von Vili Viorel Paun. In seiner 132 Minuten langen, in Schwarz-Weiß gedrehten, unkommentierten Dokumentation lässt er der Wut und Trauer der Angehörigen, aber auch ihrem unermüdlichen Engagement gegen das Vergessen viel Raum.

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Eltern, die ihre Trauer abarbeiten

Das ist zuweilen im besten Sinne eine emotionale Zumutung, etwa wenn die Familien erzählen, wie sie in den Stunden nach dem rassistischen Attentat versucht haben, ihre Kinder zu erreichen und erst erfahren, was geschehen ist, als ein Polizist eine Liste der Opfer mit den Worten einleitet: „Und jetzt diejenigen, die es nicht geschafft haben“.

Die Dokumentation zeigt, wie die Eltern sich an ihrer Trauer abarbeiten, die Handys ihrer Kinder weiterhin täglich aufladen, an ihren Schuhen riechen oder die blutige Kleidung aufbewahren. Man beobachtet mit zunehmendem Erstaunen die Hilflosigkeit der deutschen Behörden, einen empathischen Umgang mit den Hinterbliebenen zu finden und eine transparente Aufklärung voranzutreiben.

Ein erschütterndes Zeitdokument

Anklagend die Fragen der Angehörigen: Warum war der Notausgang der Bar verschlossen, in der der Attentäter anfing zu schießen? Wieso hatte ein psychisch auffälliger Täter noch einen Waffenschein? Warum lagen die Leichen der Opfer teilweise 20 Stunden am Tatort? Es irritiert, wenn diese Fragen mit ungefilterter emotionaler Wucht an überforderten Mandatsträgern abprallen, die sich nicht anders zu helfen wissen, als sich hinter Phrasen und Beschwichtigungen zu verschanzen.

Die Doku kulminiert in der Debatte, wo das Denkmal für die Opfer in Hanau aufgestellt werden soll. Auf dem zentralen Marktplatz, wo es sich die Familien wünschen, lehnen es Stadtrat und Oberbürgermeister ab, weil „die Hanauer“ das nicht akzeptieren würden. „Aber unsere Kinder waren doch auch Hanauer!“, ruft die Mutter des getöteten Sedat Gürbüz verzweifelt und Hamza Kurtovi s Vater Armin fordert: „Man muss die Leute mit dieser Tat konfrontieren, jeden Tag.“ Ein erschütterndes Zeitdokument. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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