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Body-Cam-Aufnahme zeigt Polizeigewalt gegen Schwarzen Häftling

Body-Cam-Bilder empören USA

Weiße Gefängniswärter prügeln Schwarzen Häftling zu Tode

Ein brutaler Gewaltexzess in einer New Yorker Haftanstalt kostet einen Schwarzen Sträfling das Leben – und 13 Weißen Strafvollzugsbeamte den Job. Videoaufnahmen der verstörenden Szenen lösen Entsetzen aus und befeuern abermals eine Rassismus-Debatte.

Sonntag, 05.01.2025, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 04.01.2025, 12:02 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die verstörenden Gewaltszenen vom 9. Dezember 2024 stammen von Körperkameras der beteiligten Strafvollzugsbeamten. An diesem Abend wird der Häftling Robert Brooks, 43 Jahre alt, Schwarz, von einem anderen Gefängnis in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Marcy im Oneida County verlegt. Die Videoaufnahmen zeigen, wie Brooks in einen Untersuchungsraum der Haftanstalt getragen wird, wo ihn mehrere Beamte auf eine Liege drücken. Zu diesem Zeitpunkt trägt er Handschellen, die Hände hinter dem Rücken fixiert.

Zu sehen ist unter anderem, wie der 43-Jährige von einem Uniformierten mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen wird und benommen liegen bleibt; ein anderer zerrt ihn im Würgegriff wieder in die Höhe, ein Dritter drischt ebenfalls mit der Faust und einem Schuh auf ihn ein. An einer Stelle stemmt einer der massigen Wärter seinen Stiefel erst in den Unterleib, dann gegen den Oberkörper des Mannes, obendrein hagelt es weitere Schläge.

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Weiße, lachende Beamte

Weitere Szenen zeigen noch mehr solcher Gewaltauswüchse, wobei die Uniformierten, die auf Brooks einprügeln, alle weiß zu sein scheinen. Kein Umstehender schreitet ein, mindestens ein lachender Beamter scheint mit einem Kollegen zu feixen. Was gesagt wird, ist nicht zu hören, aber Brooks leistet offenkundig zumindest keinen Widerstand, auch Provokationen sind nicht zu erkennen.

Stellenweise ist der Blick auf den misshandelten Häftling verdeckt, dann sieht man sein blutverschmiertes Gesicht, später liegt er regungslos und nur noch in Unterhose auf dem Rücken, während ihn eine Pflegekraft zu behandeln scheint.

Öffentliche Empörung nach Videobildern

Am nächsten Morgen wird Brooks in einem Krankenhaus für tot erklärt. Das offizielle Obduktionsergebnis steht den Ermittlungsbehörden zufolge noch aus. Erste Untersuchungen hätten jedoch ergeben, dass Brooks vermutlich infolge von Hals- und Nackenverletzungen sowie „Gewalteinwirkung von außen“ gestorben sei, hieß es. Mutmaßliche Todesursache: Er sei wohl erstickt.

Öffentliche Aufmerksamkeit erhielt der inzwischen gut drei Wochen alte Fall erst, nachdem New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James die Videoaufnahmen veröffentlicht hat. Die kürzlich der Öffentlichkeit gezeigten Bilder lösten breite Empörung aus.

Gouverneurin Kathy Hochul teilte in einer Stellungnahme mit, sie sei „entsetzt und schockiert“ von der „sinnlosen Tötung“ des Häftlings – und habe die Entlassung von 13 JVA-Beamten und einer medizinischen Pflegekraft angeordnet. Medienberichten zufolge wurde Brooks 2017 wegen eines tätlichen Angriffs auf seine Ex-Partnerin zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Bürgerrechtler prangern „Kultur der Gewalt“ an

Eine Anwältin der Hinterbliebenen prangerte an, Brooks sei „gewaltsam zu Tode geprügelt worden von Beamten, deren Job es war, seine Sicherheit zu gewährleisten“. Für seine Angehörigen seien die Aufnahmen schwer zu ertragen, aber nun könne sich die Öffentlichkeit wenigstens ein eigenes Bild machen.

Die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten zeigte sich „fassungslos“ ob der dokumentierten Gewalt, die zuständige Aufsichtsbehörde kündigte „institutionelle Reformen“ an. Bürgerrechtsgruppen wie die American Civil Liberties Union (ACLU) forderten energische Schritte gegen die „Kultur der Gewalt“ und Verantwortungslosigkeit in New Yorker Gefängnissen – in der Haftanstalt Marcy seien die Missstände seit Jahren bekannt.

Rassismus an der Tagesordnung

Tatsächlich hielt ein unabhängiger Untersuchungsbericht der Correctional Association of New York (CANY) im Oktober 2022 fest, dass Misshandlungen durch Gefängniswärter und rassistische Diskriminierung in Marcy laut Schilderungen von Insassen an der Tagesordnung seien. Der „New York Times“ zufolge sind die meisten Häftlinge Schwarze und Latinos, mehr als 90 Prozent der Bediensteten aber weiß.

CANY-Direktorin Jennifer Scaife sagte nach Ansicht der Videoaufnahmen, es sei „einfach nur abstoßend“, dass einige Beteiligte auch noch amüsiert wirkten, während Brooks vor ihren Augen zu Tode geprügelt werde.

Erinnerungen an Fall in Kasseler Flüchtlingsunterkunft

Die Bilder aus den Body-Camps der US-Amerikanischen Beamten erinnern an Aufnahmen aus der Kasseler Flüchtlingsunterkunft aus dem Jahr 2021. Auf dem Video war zu sehen, wie ein Sanitäter einem auf einer Trage liegenden und fixierten Asylbewerber mit voller Wucht seine Faust ins Gesicht rammt. Zwei im Raum anwesende Polizeibeamte unternehmen nichts.

Die Ermittlungsverfahren gegen den Sanitäter und die Polizeibeamten wurde später eingestellt. Begründung: Der Verdacht, der Sanitäter habe den auf der Trage liegenden Syrer vorsätzlich ins Gesicht geschlagen, habe sich nicht erhärtet. Es gebe Zweifel daran, dass der Faustschlag das Gesicht des Asylbewerbers getroffen habe. (dpa/mig) Aktuell Ausland

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