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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

Glaubwürdigkeitskrise

Apropos AfD, welche Folgen das konsequente Erodieren der Glaubwürdigkeit von Demokratie und ihren Akteuren hat, lässt sich derzeit vorzüglich an den USA ablesen.

Von Montag, 22.07.2024, 12:02 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.07.2024, 12:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Kapitalismus im Endstadium“ lautete die Analyse schon seit 20 Jahren, von „marktkonformer Demokratie“ war dann vor 10 Jahren die Rede und heute heißt es eben, die USA seien immer schon eine Republik, aber nie eine Demokratie gewesen. Ein verurteilter Sexualstraftäter wird in Folge dessen auf einem christlich-fundamentalistischen Ticket (vermutlich) erneut ins Weiße Haus einziehen können, dessen Sohn DJT Junior gerade über seine Tochter (sinngemäß) sagte, was sein Vater dereinst über dessen eigene Tochter sagte: „Schon ein scharfes Gerät die Kleine, verdammt sexy. Also ich würd sie daten.“ Sweet Home Alabama.

Als seinen Vize hat sich der Senior passenderweise einen ausgesucht, der beiden Töchtern auch noch die Abtreibung verweigern würde. Und während J. D. Vance noch in 2022 den Fall eines 10-jährigen Vergewaltigungungsopfers angeführt hatte, um zu behaupten, er sei ja nicht generell gegen Abtreibungen, hatte er schon damals eine Ausnahme für Vergewaltigungsopfer per se abgelehnt – und sich seitdem im Turbo-Modus weiter radikalisiert.

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Nirgends wirst du mehr Abschaum und Verkommenheit versammelt finden als in der Republikanischen Partei. Sorry, George Lucas. Immerhin, das muss man Lucas wohl zugutehalten, war das vor 50 Jahren in der Form noch nicht vorhersehbar. Dazu passt übrigens folgende Anekdote: Die App Grindr beschrieb die Republican National Convention, irgendwie ja auch das Jahrestreffen der Homophoben und Schwulenfeinde, gerade als ihren Super Bowl. Folge: die Server waren überlastet, die Apps ist immer wieder abgestürzt; es gab schlicht zu viele Zugriffe in zu kurzer Zeit.

„Während Minister einzelne Strohfeuer (wie zuletzt das COMPACT-Magazin) löschen können, fließen beispielsweise der AfD weiter Millionen Euro an Steuergeldern zu.“

Die Trumpisten haben dafür natürlich auch eine Erklärung: Demokratische Männer müssen sich auf die Convention geschlichen haben, um massenhaft homosexuelle Kontakte zur Geschlechtsverkehrsanbahnung auszulösen – und so die Republikanische Partei in Verruf zu bringen. Heutzutage reicht das vielen als Erklärung offensichtlich bereits aus.

Und während man sich hierzulande dabei noch wohlig gruseln kann, in dem Wissen, dass das alles ja doch weit weg ist, ist es trotz alledem eben doch so, dass in den europaweiten Wahlen gerade rechte Parteien massiv gestärkt wurden – selbst in den Parlamentswahlen in Frankreich, in die sich derzeit viele einen linken Wahlsieg einbilden, hat der Rassemblement National ein Rekordergebnis eingefahren.

Diese Wahlergebnisse – und die damit zusammenhängenden Gelder – zahlen in der Hauptsache auf den Aufbau rechter Strukturen und die Delegitimierung von Demokratie ein. Während Minister einzelne Strohfeuer (wie zuletzt das COMPACT-Magazin) löschen können, fließen beispielsweise der AfD weiter Millionen Euro an Steuergeldern zu – und ein Parteiverbot ist immer noch fern. Mehr noch: Ein kurzer Blick auf das, was die taz letzte Woche über die neue angebliche Bauern-Partei DLW zusammengetragen hat, reicht, um sie ebenfalls grob im AfD-Mileu zu verorten, aber ohne direkt deren, pardon, Stallgeruch zu haben; auch ehemalige Wähler der Querdenker um Die Basis werden sich ihrerseits nicht dem demokratischen Spektrum zugewandt haben. Hinzu kommt dann noch die offene Kooperation der AfD mit anderen rechtsextremen Parteien.

„Mit jedem Monat, so zeigt sich so einmal mehr, den die AfD weiterexistiert, sägt sie an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.“

Gerade erst fand im Schleswig-Holsteinischen Neumünster (neben Bremen das einzige Bundesland, in dem die AfD derzeit nicht auf Landtagsebene vertreten ist) ein Vernetzungstreffen unter dem Motto „Tag des Vorfelds“ statt, das zeigt, wie die AfD daran arbeitet, rechtsextreme Organisationen und Personen in Vorfeldorganisationen der AfD zu transformieren und zu koordinieren, die, wie rechtsextreme Verlage zum Beispiel, in der Lage sind, Menschen zu erreichen, die die AfD sonst womöglich nicht erreicht.

Mit jedem Monat, so zeigt sich so einmal mehr, den die AfD weiterexistiert, sägt sie an dem Ast, auf dem wir alle sitzen: die Glaubwürdigkeit demokratischer Institutionen und damit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, unserem Grundgesetz. Sie erweitert skrupellos ihr Portfolio an zum Teil erwiesen verfassungswidrigen Vorfeldorganisationen und Einzelpersonen. Und sie lockt immer neue Menschen in die Fänge der Algorithmen der sogenannten social media, die, selbst wenn sie keinen weit rechts stehenden, narzisstischen Milliardären gehören, dann ihr Übriges tun. Meinung

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