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Polizei im Einsatz (Archiv) © de.depositphotos.com

Länderumfrage

Mindestens 400 „Einzelfälle“ – Polizisten unter Extremismusverdacht

Rechtsextremismus gibt es auch in den Sicherheitsbehörden. Eine aktuelle Recherche zeigt, mindestens 400 Polizeibeamte stehen im Verdacht. Ausgegangen werden muss von einer viel höheren Dunkelziffer.

Donnerstag, 04.04.2024, 13:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 04.04.2024, 13:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Länder werden nach einem Bericht des „Sterns“ Disziplinar- oder Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Gesinnung oder Unterstützung einer Verschwörungsideologie geführt. Das habe eine Abfrage in den 16 Innenministerien ergeben, meldet das Magazin. Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings deutlich höher liegen, da Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen keine aktuellen Zahlen hätten liefern können, berichtete das Magazin.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte dem „Stern“: „Polizistinnen und Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern extremistische Ansichten verfolgen, sind eine große Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit.“ Diese Menschen wolle er in der Polizei nicht haben, sagte der CDU-Politiker.

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Gefahr sei so groß wie nie

Den Polizeibeauftragten des Bundestags, Uli Grötsch (SPD), zitiert das Magazin mit den Worten: „Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren.“ Die Gefahr sei so groß wie nie.

Ermittlungen wegen möglicher Extremisten in den Reihen der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern gibt es seit Jahren immer wieder. Bereits 2022 hatte das Bundesinnenministerium einen Lagebericht dazu veröffentlicht. Damals wurde bekannt, dass binnen drei Jahren 327 Mitarbeiter wegen nachweislicher Bezüge zum Rechtsextremismus oder zur Szene der Reichsbürger aufgefallen waren. Mit einer neuen Fassung des Berichts wird in der ersten Jahreshälfte gerechnet.

Einzelfall in der Kritik

Politiker standen wiederholt in der Kritik, weil sie nach Bekanntwerden rechtsextremer Umtriebe im Sicherheitsapparat von „Einzelfällen“ gesprochen hatten. Experten kritisieren solche Aussagen, die Politik spiele das Problem damit herunter. In der Gesamtzahl sei die Quote der Verdächtigen zwar niedrig, im Sicherheitsapparat habe jeder Fall allerdings ein besonders hohes Gewicht, weil insbesondere Polizeibedienstete frei von jedem Verdacht sein müssten, sie stünden nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratisch Grundordnung. So werde auch die Anzeigebereitschaft innerhalb des Sicherheitsapparates nicht gefördert, wenn Kollegen von rechtsextremen Umtrieben erfahren.

Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagte der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke: „Die Ermittlungen zeigen klar und deutlich, dass in den Reihen der Polizei eine hohe Sensibilität gegenüber extremistischen Umtrieben von Beschäftigten besteht.“ Beamte, die nachgewiesenermaßen rechtsextremistische Haltungen verträten oder Verschwörungserzählungen verbreiteten, hätten in der Polizei nichts zu suchen. Das Disziplinarrecht müsse daher konsequent angewendet werden.

Lob für Demokratiepaten

Wichtig sei jedoch ebenso, „dass bei falschen Verdächtigungen die volle Rehabilitation der fälschlich Beschuldigten wieder hergestellt wird“, sagte Kopelke der Deutschen Presse-Agentur. Angesichts von rund 330.000 Polizeibeschäftigten von Bund und Ländern sei die Zahl jener, gegen die ermittelt werde, sehr gering.

Als positives Beispiel hob der GdP-Vorsitzende ein Projekt der Polizei Niedersachsen hervor, wo sogenannte Demokratiepaten freiwillig im Einsatz sind. Aufgabe dieser Freiwiligen ist es unter anderem, im polizeilichen Umgang mit populistischen und demokratiegefährdenden Erscheinungen beratend zu wirken. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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