Illegale Pushbacks
EU-Bürgerinitiative gegen „dreckigen und rassistischen Grenzschutz“
Mit einer Bürgerinitiative soll Druck auf die EU-Kommission ausgeübt werden, Gewalt gegen Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen zu unterbinden. Für die Petition werden EU-weit eine Million Unterschriften benötigt. Zeugin berichtet: An der Grenze sind Menschenrechte wertlos - dort zählt nur die Rasse.
Sonntag, 21.01.2024, 10:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 20.01.2024, 23:06 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Eine aus Italien kommende „Europäische Bürgerinitiative“ fordert die Einhaltung des Verbots von Folter und unmenschlicher Behandlung an den Außengrenzen der EU. Hintergrund der Petition seien die vielen dokumentierten Fälle von Gewalt gegen Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen und auch an Landesgrenzen innerhalb der Europäischen Union, sagte Mitinitiatorin Maria Cristina Francesconi am Freitag in Berlin. Schutzsuchende würden von der EU-Grenzpolizei an Einreisen in die EU gehindert oder mit sogenannten illegalen Pushbacks wieder zurückgeschoben.
Eine „Europäische Bürgerinitiative“ sei ein Mittel der direkten Demokratie auf EU-Ebene. Im konkreten Fall müssen bis zum 10. Juli eine Million Menschen aus der EU die Initiative mit dem Titel „Stopborderviolence – Artikel 4: Folter und unmenschliche Behandlungen an den europäischen Grenzen stoppen“ mit ihrer Unterschrift unterstützen, um in Brüssel Erfolg zu haben, sagte Francesconi. Dann muss sich die EU-Kommission mit der Initiative beschäftigen. Bislang gibt es nur 12.000 Unterschriften.
Francesconi nennt die Initiative eine „Bewegung gegen Unmenschlichkeit“. Gebraucht werde jeder und jede Engagierte: „Wir brauchen in dieser hoch gepuschten Stimmung eine einzige starke Stimme in Europa.“ Unterstützt wird die Initiative unter anderem vom Bündnis Griechenland Solidarität Berlin, von Respekt für Griechenland e.V. und Borderline Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V..
„Schwarzbuch Pushbacks“ dokumentiert 12.000 Fälle
Ein 2020 erschienenes „Schwarzbuch Pushbacks“ habe allein bis dahin über 12.000 derartige Fälle an den EU-Außengrenzen dokumentiert, sagte Harald Glöde von Borderline Europe. Das illegale Vorgehen gegen Schutzsuchende werde aber regelmäßig von den EU-Regierungen negiert und gedeckt. So soll es nach Glödes Einschätzung der Abschreckung dienen, zum Beispiel Menschen ertrinken zu lassen.
Die Straflosigkeit der Täter führe wiederum dazu, dass diese immer brutaler und rücksichtsloser agierten. „Das passiert auch in unseren Namen und mit unseren Steuergeldern“, mahnte Glöde. Mittlerweile gebe es einen Gewöhnungseffekt, beispielsweise an „angebliche Schiffsunglücke“. Zugleich grabe sich das Narrativ der Gefahr durch sogenannte „illegale Migration“ in die Gesellschaft ein: „Deshalb ist es wichtig, jetzt ‚Stopp‘ zu sagen.“
„Dreckige und rassistische Grenzschutzpolitik“
Die heute in Dresden lebende Iranerin Parvin A. kennt das aus eigenem Erleben und spricht von einer „dreckigen und rassistischen Grenzschutzpolitik Europas“. Die junge Frau wurde nach eigenen Angaben auf ihrer Flucht aus dem Iran sechsmal von griechischen Grenzern in die Türkei zurückgeschoben, dabei schwer misshandelt und rechtswidrig inhaftiert. „Alles war geheim, wir wurden nicht mal angehört und auch nicht bürokratisch registriert, obwohl das unser Recht ist“, berichtete A..
An der Grenze seien Menschenrechte für Menschen wie sie wertlos. Es zähle nur die Rasse. Seit sechs Jahren sei sie auf der Suche nach Schutz, sagte A., die nach eigener Aussage vor dem klerikal-faschistischen Mullah-Regime im Iran flüchten musste: „Vergleichen sie das mal der Situation der Ukraine-Flüchtlinge.“ Europa müsse einen anderen Weg finden, mit seinen Grenzen umgehen, „ohne Gewalt und Pushbacks“. (epd/mig) Aktuell Panorama
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