Oberverwaltungsgericht Münster
Dozentin Aslan durfte Lehrauftrag nicht entzogen werden
Nach einem umstrittenen Tweet über rechte Tendenzen in der Polizei verlor die Dozentin Bahar Aslan ihren Lehrauftrag an der NRW-Polizeihochschule. Das war rechtswidrig, wie das OVG Münster nun entschieden hat.
Montag, 18.12.2023, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 18.12.2023, 16:57 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die nordrhein-westfälische Polizeihochschule hat der Dozentin Bahar Aslan unrechtmäßig den Lehrauftrag entzogen. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) bestätigte in einem am Montag veröffentlichten Urteil (AZ: 6 B 1034/23) eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (AZ: 4 L 1374/23) und wies eine Beschwerde des Landes NRW zurück. Der Widerruf des Lehrauftrags, den die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW) Aslan erteilt hatte, sei rechtswidrig, erklärte das OVG. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die gemeinsam mit Aslan geklagt hatte, begrüßte das Ergebnis. Der Verein kritisierte allerdings, das Gericht habe sich nicht mit den Grundrechten der Lehrerin und Dozentin auseinandergesetzt.
Widerruf des Lehrauftrags nach Tweet
Aslan ist beamtete Lehrerin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen und nimmt seit 2022 nebenamtlich Lehraufträge an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW für die Lehrveranstaltung „Interkulturelle Kompetenz“ wahr. Am 20. Mai hatte sie eine Kurznachricht auf Twitter veröffentlicht, in der es heißt: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund/* innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht“. Die Hochschule widerrief darauf den bereits erteilten Lehrauftrag für den Zeitraum vom Januar 2024 bis zum April 2024.
Das Gericht in Münster betonte zwar, dass es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei, aus dem Tweet „auf Mängel in Bezug auf ihre Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zu schließen“. Die Entscheidung, den Lehrauftrag zu widerrufen, sei dennoch rechtswidrig. Das Gericht bemängelte, die Hochschule habe diese in fehlerhafter Weise auf weitere sachfremde Umstände gestützt. Dabei verwiesen sie auf das Argument der Hochschule, Aslan hätte eine Nebentätigkeitsgenehmigung für die Arbeit an der Hochschule benötigt. Dies sei nicht erforderlich. Zudem hätte der Widerruf nicht darauf gestützt werden dürfen, dass Dritte der Hochschule gegenüber infolge des Tweets Drohungen ausgesprochen haben sollen, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster.
Gesellschaft für Freiheitsrechte begrüßt Entscheidung
Laura Kuttler, Juristin und Projektkoordinatorin der GFF, begrüßte den Beschluss als Erfolg. Allerdings sei es enttäuschend, dass das Gericht „die grundrechtlichen Dimensionen des Falls nicht explizit beleuchtet hat“. Das OVG habe damit aus Sicht des Vereins die Chance verpasst, die Meinungsfreiheit zu stärken, hieß es. Aslan betonte, unliebsame Meinungen und Ansichten zu äußern, die Defizite und Missstände in Staat und Gesellschaft benennen, sei „konstituierend für den demokratischen Willensbildungsprozess“.
Aslan hatte bereits im September mit einem Eilantrag gegen die Beendigung des Lehrauftrags durch die Hochschule beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Erfolg. Die daraufhin erhobene Beschwerde des Landes Nordrhein-Westfalen hat das Oberverwaltungsgericht nun zurückgewiesen. Der Post Aslans und die Reaktion der Hochschule hatten zu einer Debatte über Rassismus in der Polizei und Erfahrungen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte geführt. (epd/mig) Aktuell Recht
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