Dahme-Spreewald
Parteiloser wird neuer Landrat – AfD ist Verlierer
Kein Herzschlagfinale, sondern eine klare Sache: Der parteilose Kandidat hat den Landratsposten in Dahme-Spreewald mit deutlichem Vorsprung vor dem AfD-Bewerber gewonnen. Der Sieger hat viel vor, der Verlierer schaut auf die nächste Wahl. Und eine Forscherin warnt.
Montag, 13.11.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.11.2023, 11:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach der Wahl des parteilosen Kandidaten Sven Herzberger zum künftigen Landrat im Kreis Dahme-Spreewald rechnet der Landkreistag mit einer guten Zusammenarbeit. Der Vorsitzende des Landkreistags, Siegurd Heinze, wünschte Herzberger am Montag Erfolg und Weitsicht. „Wir sind zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit konstruktiv und zielführend sein wird, zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises und des Landes Brandenburg“, sagte Heinze, der Landrat des Nachbarkreises Oberspreewald-Lausitz ist.
Der parteilose Einzelbewerber und Zeuthener Bürgermeister Herzberger erhielt bei der Stichwahl am Sonntag nach dem vorläufigen Ergebnis 64,8 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der 54-Jährige wurde bei der Stichwahl von allen Parteien außer der AfD unterstützt. Der AfD-Kandidat und Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré kam auf 35,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,9 Prozent und war damit fast so hoch wie im ersten Wahlgang mit 50,8 Prozent.
Herzberger bekam vor allem nahe Berlin viele Wählerstimmen, Kotré kam im Amt Unterspreewald mit 46,8 Prozent auf seinen höchsten Wert. Bei der Briefwahl war Herzberger deutlich stärker, lag aber auch in der Urnenwahl vorn.
AfD-Kandidat schaut schon auf die Kommunalwahl
Die AfD hat mit der Niederlage ihres Bewerbers das Ziel eines bundesweit zweiten Landratspostens zwar verpasst. Kandidat Steffen Kotré hat aber bereits die Kommunalwahl im kommenden Jahr im Blick. „Wir werden jetzt unsere Kandidaten mobilisieren und mit doppelter Stärke im Vergleich zu 2019 in den Vertretungen sein. Der Trend spricht für die AfD“, zeigte sich der Bundestagsabgeordnete überzeugt. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband seit 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.
Herzberger will als neuer Landrat zusammenführen
Herzberger gilt als integrativer Mensch. Als neuer Landrat werde er „nicht spalten, sondern zusammenführen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Als Landrat will der Parteilose vor allem die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken und den strukturschwächeren Süden mehr mit dem Norden vernetzen. Zur Fachkräftegewinnung macht er sich für einen Ausbildungscampus stark. Gute Bildung und genügend Schul- und Kitaplätze sind ihm wichtig. Neue Straßen will Herzberger vor allem in Zusammenhang mit Radwegen denken.
Anders als andere Regionen verzeichnet Dahme-Spreewald seit Jahren Zuzug. Dabei profitiert der Kreis von der Nähe zu Berlin und von guter Infrastruktur. Wirtschaftlich ist der Landkreis einer der stärksten in Ostdeutschland. Doch auch er hat wie andere Kommunen in Deutschland mit Herausforderungen zu kämpfen – etwa dem Ärzte- und Fachkräftemangel, der Energiewende oder der Integration.
Forscherin der BTU warnt vor einfachen Antworten
Die Rechtsextremismusforscherin Heike Radvan von der Brandenburgischen-Technischen Universität Cottbus-Senftenberg plädiert dafür, sich gründlich mit dem Wahlergebnis auseinanderzusetzen. „Es gibt Gemeinden, in denen eine deutliche Mehrheit für die AfD stimmt und der demokratische Kandidat abgeschlagen ist“, sagte sie. „Das ist insofern sehr besorgniserregend, als dass der AfD-Kandidat sein rechtes Weltbild im Wahlkampf kaum verschleiert hat.“
Die SPD Brandenburg schrieb bei X (früher Twitter), durch den gemeinsamen Einsatz vieler Demokratinnen und Demokraten sei der Balken des AfD-Kandidaten im Vergleich zur Hauptwahl leicht gesunken. CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte: „Das Ergebnis zeigt, dass man vor der AfD keine Angst haben muss.“ Brandenburgs Grünen- Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher schrieb, Herzberger habe mit knapp zwei Drittel der Stimmen gegen den AfD-Kandidaten gewonnen. Linke-Landeschef Sebastian Walter sagte: Mit der Unterstützung durch fast alle Parteien sei bewiesen, dass Demokratie nur über Parteigrenzen hinweg funktioniere. (dpa/mig) Aktuell Gesellschaft
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