Naturkatastrophen
Honduras ist mit den Folgen der Klimakrise überfordert
Große Teile Zentralamerikas liegen im sogenannten Dürrekorridor. Dazu gehört auch der kleine Staat Honduras. Doch die Regierung hat nicht die Klimakrise im Fokus, sondern die Bekämpfung der massiven Gewalt.
Von Lisa Kuner Donnerstag, 12.10.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 02.10.2023, 17:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Anfang November 2020 erlebte Dunia Rodríguez die schlimmsten Tage ihres Lebens. Der Hurrikan Eta traf auf Honduras mit starken Überflutungen. „Das Wasser stieg so schnell“, erinnert sich die 39-jährige Honduranerin aus Cruz de Valencia nahe der nördlichen Stadt La Lima. Kurz darauf traf ein zweiter Hurrikan, Iota, das Land. „Eta hat uns zerstört, Iota hat uns völlig fertig gemacht“, sagt Rodríguez. Rund 100 Menschen starben in Honduras an den Folgen der beiden Wirbelstürme.
In der Wissenschaft ist umstritten, ob sich die Anzahl von Hurrikans durch die Klimakrise verändert. Als sicher gilt aber, dass sie durch höhere Meerestemperaturen an Geschwindigkeit gewinnen. Es gibt also nicht unbedingt mehr Hurrikans, aber die Hurrikans werden stärker und zerstörerischer.
„Wir sind nicht nur vielen Klimarisiken ausgesetzt, es gibt gleichzeitig auch keinerlei politische Vorbereitungen auf Krisen und Katastrophen“, fasst Mercy Ayala Claros zusammen. Sie arbeitet bei der honduranischen Nichtregierungsorganisation ERIC-SJ zu Menschenrechten. Nach den Hurrikans hätten wochenlang Familien auf der Straße gelebt, weil ihre Häuser zerstört waren und es nur ungenügend Notunterkünfte gab.
Besonders anfälliges Gebiet
Ortswechsel in die Provinz La Paz: Die Region liegt im sogenannten Dürrekorridor. Das ist ein rund 1.600 Kilometer langes Gebiet, das sich durch die zentralamerikanischen Länder Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua zieht. Manchmal werden auch noch Teile von Mexiko und Panama dazu gezählt. Das Gebiet gilt als besonders anfällig für die Folgen der Klimakrise. Anhaltende Trockenheit macht Landwirtschaft in der Region zunehmend schwierig. Es kommt schon jetzt immer wieder zu Ernteausfällen und infolgedessen zu Ernährungsunsicherheit und Hunger.
Besonders in Zeiten des Wetterphänomens El Niño gab es in der Region zuletzt anhaltende Dürre. Im El-Niño-Jahr 2009 wurden große Teile der Ernte zerstört und der Hunger in der Region nahm sprunghaft zu.
Auf Landwirtschaft angewiesen
Wie viele ländliche Regionen in Lateinamerika ist La Paz auf Landwirtschaft angewiesen. In der Region leben viele Indigene Lenca, so auch in der Gemeinde Santiago de Puringla. Anfang Juli ist es fast unerträglich heiß dort. Das sei nicht immer so gewesen, erzählen die Anwohner. „Wir spüren den Klimawandel immer mehr“, erzählt die 29-jährige Nancy Pineda. Sie organisiert die indigene Jugend in der Region. Immer wieder verlören die Menschen hier ihre Ernte, weil es zu heiß und trocken ist. Durch die zusätzliche Hitze durch El Niño könnten die Ernteausfälle auch in diesem Jahr wieder besonders schlimm werden.
Politisch steht der Klimawandel in Honduras trotzdem nicht im Fokus: Seit Anfang 2022 wird das Land von der demokratisch gewählten Präsidentin Xiomara Castro regiert. Davor regierte acht Jahre lang Juan Orlando Hernández Alvarado. Ihm wird vorgeworfen, Honduras in einen „Narco-Staat“ umgebaut zu haben. Laut einer gängigen Definition ist das ein Staat, in dem der verbotene Drogenhandel mit seiner Macht und seinem Reichtum alle rechtmäßigen Institutionen durchdringt. Seit vergangenem Jahr ist Alvarado in den USA in Haft.
„Gute Absichten“ reichen nicht
Die neue Regierung habe „gute Absichten“ meint Mercy Ayala. Aber die allein reichten nicht, um das letzte Jahrzehnt Straflosigkeit, Misswirtschaft und Korruption auszugleichen. Es gebe viel zu viel zu tun. Aktuell steht vor allem die Verbesserung der Sicherheitslage im Fokus, mithilfe eines Ausnahmezustandes und vielen Polizei- und Militärkontrollen soll die hohe Mordrate gesenkt werden. Klimaschutz und -adaption scheinen in der nationalen Politik eher zweitrangig.
Auf die Klimakrise reagieren muss die Bevölkerung trotzdem: Nach den Hurrikans hätten sich die Menschen rund um La Lima miteinander solidarisiert, erzählt Mercy Ayala. Der Wiederaufbau sei eine Gemeinschaftsaufgabe gewesen. Auch die Indigenen Lenca in der Region La Paz denken, dass sie in Zukunft noch besser zusammenarbeiten müssen, um der Klimakrise zu begegnen. Nancy Pineda erzählt beispielsweise davon, dass indigene Gemeinden dort Saatgutbanken anlegen, um auch nach dem Verlust von Ernten weiterarbeiten zu können. Zusammenhalt allein wird allerdings kaum reichen, um es mit der Klimakrise, Korruption und extremer Armut gleichzeitig aufzunehmen. (epd/mig) Aktuell Ausland
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