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Flüchtlingspolitik

Faeser kündigt „flexible Schwerpunktkontrollen“ an Schleuserrouten an

Tut sie es oder tut sie es nicht? Viel ist in den vergangenen Tagen darüber gerätselt worden, was die Bundesinnenministerin denn nun plant an den Grenzen zu Polen und Tschechien. Dort kommen derzeit viele Asylbewerber an. Jetzt hat sich Faeser im Bundestag erklärt.

Mittwoch, 27.09.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 27.09.2023, 15:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Über die Landgrenze zu Österreich hinaus will Bundesinnenministerin Nancy Faeser aktuell keine stationären Grenzkontrollen bei der EU-Kommission beantragen. Für die Zukunft schließt sie dies jedoch nicht aus.

Die SPD-Politikerin stellte am Mittwoch in einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages Pläne für verstärkte Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen vor. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen sagte sie den Abgeordneten, die geplanten Maßnahmen „entlang der Schleuserroute“ sollten „lageabhängig auch an der Grenze“, „wechselnd und flexibel“ sein. Mit Tschechien habe sie eine ähnliche Zusammenarbeit wie mit der Schweiz vereinbart, dazu gehörten auch Kontrollen auf der tschechischen Seite der Grenze.

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„Das sind keine effektiven Maßnahmen“, kritisierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). Faeser, die Spitzenkandidatin der hessischen SPD für die Landtagswahl am 8. Oktober ist, warf er vor, sie habe die Bevölkerung aus wahltaktischen Gründen in den vergangenen Tagen mit verwirrenden Äußerungen zu Grenzkontrollen getäuscht.

Stationäre Kontrollen in Bayern seit 2015

Nach der Sitzung erklärte die Ministerin, die flexiblen Kontrollen seien effektiv gegen Schleuserkriminalität, beeinträchtigten aber den Alltag der Pendler im Grenzgebiet nicht so stark. Nun müsse man schauen, welche Wirkung die zusätzlichen Kontrollen entfalten. Stationäre Kontrollen, die bei der EU-Kommission beantragt werden müssen, schloss Faeser für die Zukunft nicht kategorisch aus.

Seit Herbst 2015 gibt es stationäre Kontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich. Diese erstmals vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der EU-Kommission notifizierten Kontrollen wurden seither immer wieder verlängert.

FDP fordert schnellere Abschiebung

Aufgrund der gestiegenen Zahl von Asylbewerbern hatten Landesinnenminister der CDU Faeser aufgefordert, solche Kontrollen auch an den Grenzen zu Tschechien und Polen zu beantragen. Wer an der Grenze ein Asylbegehren äußert, kann im Regelfall jedoch auch bei stationären Grenzkontrollen nicht gleich abgewiesen werden. Das heißt: Ihr Antrag auf Asyl muss individuell geprüft werden. Deshalb bezweifeln Experten, dass Grenzkontrollen die Zahl der ankommenden Asylsuchenden senken.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: „Menschen, die nicht aus humanitären Gründen hierherkommen und keine Bleibeperspektive haben, müssen zügiger abgeschoben werden.“ Er sprach sich dafür aus, dass Asylverfahren in Drittstaaten durchgeführt werden sollten. Bislang verfolgt die Bundesregierung solche Pläne allerdings nicht. Auch hat sich bisher kein Staat außerhalb der Europäischen Union angeboten, in dem Asylbewerber dann auf den Abschluss ihres Verfahrens warten könnten.

Die Bundespolizei hat von Jahresbeginn bis Ende August insgesamt rund 71.000 „unerlaubte“ Einreisen festgestellt. Hauptherkunftsländer sind Syrien, Afghanistan, die Türkei und der Irak. Im gleichen Zeitraum stellten mehr als 204.000 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag – rund 77 Prozent mehr als in den ersten acht Monaten des Vorjahres. Trotz des Anstiegs bleiben die Zahlen weit hinter den Werten aus den Jahren 2015 und 2016.

Faeser setzt auf EU-Asyl-Reform

„Der entscheidende Schritt“ für die Verringerung der Asylzahlen sei die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, sagte Faeser. Die dafür zwischen den Innenministern abgestimmten Pläne sehen unter anderem eine Asyl-Vorprüfung an den Außengrenzen und eine Rückführung von Menschen ohne Schutzanspruch direkt von dort vor.

Ob das Reformpaket noch vor der Europawahl im kommenden Jahr verabschiedet werden kann, ist aber noch offen. Unter anderem Deutschland hatte Bedenken gegen eine sogenannte Krisenverordnung angemeldet. Der dazu vorgelegte Entwurf sieht etwa vor, dass in Krisensituationen der Zeitraum verlängert werden könnte, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt. Faeser zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass man hierbei zu einer Einigung kommen werde. (dpa/mig) Aktuell Politik

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