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Essensausgabe in einem Slum in der Nähe von Delhi, Indien. © Florian Lang/Welthungerhilfe

Kampf gegen Fluchtursachen auf Eis

UN warnen vor dramatischen Einschnitten bei humanitärer Hilfe

Reiche Industrienationen beklagen hohe Flüchtlingszahlen, gleichzeitig muss das UN-Welternährungsprogramm wegen ausbleibender Spenden vielerorts Essensrationen kürzen. Allein die USA haben bisher fünf Milliarden US-Dollar weniger zugesagt als im Jahr zuvor.

Dienstag, 12.09.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.09.2023, 15:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Millionen von Menschen könnten in den kommenden Monaten wegen ausbleibenden Hilfsgeldern an den Rand einer Hungersnot gedrängt werden. Aufgrund von Finanzierungsengpässen müssten die Essensrationen in vielen Einsätzen gekürzt werden, erklärte das UN-Welternährungsprogramm (WFP) am Dienstag in Rom. Die Ernährungslage von etwa 24 Millionen Menschen könnte sich dadurch in den kommenden zwölf Monaten dramatisch verschlechtern. Sie stünden dann kurz vor einer Hungersnot.

Nach Angaben der UN-Organisation leiden derzeit 345 Millionen Menschen unter akutem Hunger. Davon sind 40 Millionen Menschen von extremem Hunger betroffen. Bei dieser Einstufung steigt das Risiko, zu verhungern.

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Die Finanzierungslücke beim WFP für das laufende Jahr liegt nach eigenen Angaben bei 60 Prozent. Das sei das höchste Defizit in der Geschichte der 1961 gegründeten Organisationen. Fachleute des Welternährungsprogramms befürchteten, dass ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird, bei dem die Verhungernden auf Kosten der Hungernden gerettet würden.

Beiträge der größten Geber unter Vorjahresniveau

Für die Engpässe seien vor allem die steigenden humanitären Bedarfe verantwortlich, denen die schlechte wirtschaftliche Lage und knappe Regierungsbudgets gegenüberstünden, hieß es aus dem WFP.

Tatsächlich liegen die Beiträge der drei größten Geber – der USA, Deutschlands und der EU – bisher deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Die USA etwa stellten dem WFP für das laufende Jahr knapp 2,1 Milliarden US-Dollar bereit – etwa fünf Milliarden weniger als 2022 (etwa 7,2 Milliarden US-Dollar). Auch die bisherigen Zusagen aus Deutschland liegen nach Angaben des WFP mit knapp 537 Millionen US-Dollar unter der Summe des Vorjahres (knapp 1,8 Milliarden US-Dollar).

Drastische Einschnitte auch in Deutschland absehbar

WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain mahnte mehr Unterstützung an. Angesichts einer Rekordzahl hungernder Menschen brauche es mehr Hilfe, sagte McCain und warnte auch vor einer Zunahme von Konflikten und Unruhen.

Indes sind für das kommende Jahr bei der deutschen humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit drastische Einschnitte absehbar. Obwohl die Bundesregierung in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie verspricht, ihr Engagement weiter zu verstärken, wird die humanitäre Hilfe voraussichtlich um ein Drittel gekürzt. Der Posten soll laut Entwurf für den Haushalt 2024 von derzeit 3,3 Milliarden Euro auf knapp 2,2 Milliarden schrumpfen. Der Entwicklungsetat dürfte, wenn der Bundestag nicht interveniert, um 5,3 Prozent reduziert werden – von knapp 12,2 Milliarden Euro in diesem Jahr auf gut 11,5 Milliarden Euro im Jahr 2024.

„Zu lange weggeschaut“ wiederholt sich

Massive Einschnitte bei der humanitären Hilfe und ungehörte Warnrufe der Nothilfeorganisationen haben schon 2015 zu massiven Fluchtbewegungen in Richtung Europa geführt. Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte später davor, diese Fehler zu wiederholen. Bei einer Regierungserklärung im März 2018 sagte sie mit Blick auf die Folgen des arabischen Frühlings auch selbstkritisch, dass zu lange weggeschaut worden sei. „Zur ganzen Wahrheit gehört, dass wir zu spät erkannt haben, wie Millionen syrischer Flüchtlinge Zuflucht im Libanon und Jordanien fanden und nach Jahren mangelnder Mittel der internationalen Hilfsorganisationen weder genug zu essen noch zu trinken, geschweige denn Bildung für ihre Kinder hatten“, sagte sie.

Nach Angaben des Welternährungsprogramms gab es bei fast der Hälfte der Einsätze bereits Kürzungen, darunter in Krisenländern wie Afghanistan, Haiti, der Demokratischen Republik Kongo und Syrien. (epd/mig) Aktuell Panorama

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