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Bundeswehrsoldat (Symbolfoto) © 123rf.com

„Aus Afghanistan nichts gelernt“

Rufe nach Notfallplänen für Ortskräfte in Mali

Vor zwei Jahren kamen in Afghanistan nach dem Abzug internationaler Truppen die Taliban an die Macht, mit dramatischen Konsequenzen für die afghanischen Ortskräfte. Nun läuft der Abzug aus Mali. Unklar ist, was mit den lokalen Angestellten passiert.

Mittwoch, 16.08.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 17.08.2023, 6:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Angesichts des geplanten Bundeswehrabzugs aus dem westafrikanischen Krisenland Mali mehren sich Rufe nach Notfallplänen für die Ortskräfte deutscher Institutionen. Das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte vermisst ein Konzept für den Umgang mit lokal Beschäftigten von Bundeswehr, Auswärtigem Amt oder der deutschen Entwicklungshilfe. „Wenn Deutsche evakuiert werden müssen und die Ortskräfte zurückbleiben, dann haben wir aus Afghanistan nichts gelernt“, sagte der Vorsitzende Marcus Grotian dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch diese Situation zeichne sich derzeit wieder ab.

Der Verein hat sich einst zur Unterstützung afghanischer Ortskräfte gegründet und hilft inzwischen weltweit Menschen, die im Ausland als Ortskräfte für Bundeswehr, Polizei, Entwicklungszusammenarbeit oder Auswärtiges Amt tätig sind. Grotian war selbst 2011 als Soldat im afghanischen Kundus. Es gehe darum, „wie der Staat mit seinen Angestellten umgeht“, sagte er.

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Abzug bis zum Jahresende

Die Bundeswehr will bis zum Jahresende aus dem westafrikanischen Mali abgezogen sein. Dort sind deutsche Streitkräfte Teil der Blauhelm-Mission Minusma, die ebenfalls endet. Grund ist, dass dort nach zwei Putschen Militärs an der Macht sind, die den UN-Einsatz zur Stabilisierung des Landes immer wieder behindert haben. Die Sicherheitslage verschlechtert sich derweil. Vor wenigen Tagen eskalierten in den Tuareg-Gebieten im Norden Malis, wo sich auch Terrorgruppen tummeln, die Kämpfe.

Rund 1.000 deutsche Blauhelme sind in Mali noch am Standort Gao im Einsatz und etwa 100 in der nigrischen Hauptstadt Niamey. Für den Minusma-Einsatz der Bundeswehr sind aktuell 63 Ortskräfte tätig, davon 62 in Mali und eine Person im benachbarten Niger, wo ein wichtiger Lufttransportstützpunkt ist.

Sorge über Verschlechterung der Sicherheitslage

Der „Spiegel“ berichtete am Wochenende über ein Schreiben mehrerer malischer Übersetzer der Bundeswehr, die sich besorgt über eine mögliche Verschlechterung der Sicherheitslage äußern. „Wir fürchten mögliche Vergeltungsmaßnahmen nach dem Abzug dieser Mission“, zitiert das Nachrichtenmagazin aus dem Schreiben.

Der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende der Enquete-Kommission des Bundestages zu den Lehren aus Afghanistan, Michael Müller, forderte daher im „Tagesspiegel“, dass „bis zum Abzug etwaig bedrohte Ortskräfte, die mit uns in Mali zusammengearbeitet haben, identifiziert und dann auch rechtzeitig evakuiert werden“. Auch der Abgeordnete Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, mahnte, zeitnah konkrete Wege zu finden, „wie wir das Bedrohungsszenario der Schutzsuchenden lösen können“. Dazu stünden die zuständigen Ministerien offenbar auch im Austausch.

273 nationale Mitarbeitende in Mali beschäftigt

Die deutschen Entwicklungsprojekte sollen in Mali derweil weiterlaufen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), die derzeit durch Westafrika reist, sagte nach Angaben eines Sprechers, die deutschen Organisationen seien dort „sehr anerkannt“ und setzten Projekte fort, wo es möglich sei. Mit der Regierung in Bamako werde nicht zusammengearbeitet. Schulze fügte mit Blick auf Ortskräfte hinzu: „Wir wollen nicht aufhören, in diesem Land zu arbeiten, wir brauchen die Menschen, die uns da vor Ort unterstützen.“

Für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die im Auftrag der Bundesregierung weltweit Entwicklungsvorhaben umsetzt, arbeiten in Mali 273 nationale Beschäftigte. Ihre Sicherheit habe für die GIZ oberste Priorität, sagte ein Sprecher dem epd. Die Schutzpläne würden regelmäßig aktualisiert. Bisher lägen dem Bundesunternehmen keine Gefährdungsanzeigen nationaler Kolleginnen und Kollegen vor, hieß es. In Afghanistan waren Gefährdungsanzeigen die Voraussetzung dafür, dass lokale Beschäftigte sich über das Ortskräfteverfahren um eine Aufnahme in Deutschland bewerben konnten. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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