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Bundesverwaltungsgericht

Polizei darf Zimmer in Flüchtlingsunterkünften betreten

Zimmer in Flüchtlingsunterkünften können einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zufolge als Wohnung angesehen werden. Dennoch dürften Polizisten die Zimmer unter bestimmten Voraussetzungen spontan betreten.

Donnerstag, 15.06.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 15.06.2023, 20:12 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Zimmer in Flüchtlingsunterkünften können nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als Wohnungen angesehen werden, die einem besonderen grundrechtlichen Schutz unterliegen. Zugleich stufte es das Gericht in Leipzig am Donnerstag aber als rechtmäßig ein, wenn die Polizei das Zimmer eines Flüchtlings betritt, um ihn zur Abschiebung abzuholen. Das bloße Betreten eines Zimmers oder einer Wohnung sei keine Durchsuchung, für die laut Verfassung eine vorherige Anordnung eines Richters nötig wäre.

Das Gericht in Leipzig hatte sich mit zwei Fällen aus Baden-Württemberg befasst, in denen sich Geflüchtete gegen das Betreten ihrer Zimmer durch Behörden, Security beziehungsweise die Polizei gewehrt hatten. (Az.: BVerwG 1 CN 1.22 und BverwG 1 C 10.22) In den konkreten Fällen setzten sich die Geflüchteten nicht durch.

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Gericht: Abschiebung ist „Verhütung einer dringenden Gefahr“

Im ersten Fall hatten Flüchtlinge geklagt, die in der Erstaufnahmeeinrichtung in Freiburg gelebt hatten. Ihr Antrag sei unzulässig, weil sie längst nicht mehr in der Unterkunft wohnen. In der Vorinstanz beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hatten die Kläger noch teilweise Recht bekommen. Die Hausordnung in Freiburg wurde nach Auszug der Kläger geändert.

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Im zweiten Fall wehrte sich ein Geflüchteter, der nachts in einem Zimmer in der Aufnahmeeinrichtung in Ellwangen von der Polizei aufgesucht wurde, weil er nach Italien abgeschoben werden sollte. Dieses Vorgehen beanstandete das Bundesverwaltungsgericht nicht. Das Betreten des Zimmers sei „zur Verhütung einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ erforderlich gewesen, weil es darum gegangen sei, den Kläger noch am selben Tag nach Italien zu bringen.

Menschenrechtler kritisieren Urteil, Migrationsministerin begrüßt es

Ein Bündnis um die Gesellschaft für Freiheitsrechte und Pro Asyl, das die Klagen unterstützt hatte, kritisierte das Urteil. Einerseits bejahe das Gericht die Unverletzlichkeit der Wohnung für Geflüchtete, andererseits schränke es den Schutz durch die Hintertür wieder ein. „Das Bündnis sieht in dem Urteil die Bestätigung der anhaltenden Praxis, die Rechte von Geflüchteten unzulässig zu beschneiden, um migrationspolitische Zeichen zu setzen“, hieß es. Das Bündnis prüfe nun einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Info: Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität hat den Redebeitrag eines der Kläger veröffentlicht. Er durfte ihn vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht verlesen.

Die baden-württembergische Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) begrüßte das Urteil. „Es ist gut, dass in wichtigen Punkten jetzt höchstrichterlich Rechtssicherheit hergestellt ist“, sagte Gentges am Donnerstag in Stuttgart. Das Gericht habe keine rechtlichen Anforderungen formuliert – weder für die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen noch für die Durchführung von Abschiebungen aus Unterkünften. (dpa/mig) Aktuell Recht

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