Flüchtlingspolitik
Länder und Kommunen wollen mehr Geld vom Bund
In der Flüchtlingspolitik zeigen sich die Kommunen und die Bundesländer einig. Kurz vor dem geplanten Flüchtlingsgipfel richten sie ihre Forderungen gegen den Bund. Und der bekommt nun auch aus der Ampel-Koalition Gegenwind. Der Regierungssprecher hält dagegen. Kritik erntet die Debatte von der Linkspartei.
Montag, 08.05.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.05.2023, 14:41 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Vor dem geplanten Flüchtlingsgipfel am Mittwoch bleiben die Fronten zwischen Ländern und Kommunen auf der einen und dem Bund auf der anderen Seite verhärtet. Auch in der eigenen Ampel-Koalition wird die Position der Bundesregierung inzwischen kritisch gesehen: Die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, forderte mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Geflüchteten.
Die Landesregierungen stimmten sich am Montag mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände über ihre gemeinsamen Forderungen ab. „Am Mittwoch müssen Ergebnisse erzielt werden“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, der Deutschen Presse-Agentur. Dass die kommunalen Spitzenverbände zu dem Treffen in Berlin nicht eingeladen wurden, fände er „falsch“. Er habe dennoch keinen Zweifel, dass die Länder die Interessen der Kommunen nach Kräften mitvertreten“.
Länder und Kommunen gegen den Bund
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, betonte, Länder und Kommunen stünden Seite an Seite. „Die finanziellen Mittel des Bundes müssen sich an der tatsächlichen Zahl der zu uns geflüchteten Menschen ausrichten, mit einmaligen Pauschalzahlungen ist es nicht getan“, sagte der SPD-Politiker. Die Kommunen forderten zudem, dass der Bund die Kosten der Unterbringung wieder zu 100 Prozent trage.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst warf der Bundesregierung als Co-Vorsitzender der MPK vor, die Lage vor Ort weitgehend zu ignorieren. „Die Hilferufe aus Städten und Gemeinden werden aus Berlin abgetan“, sagte der CDU-Politiker.
Zankapfel: Versorgungskosten
„Wir haben ja gesehen, dass die Kommunen im letzten Jahr wirklich Unfassbares geleistet haben, vor allem mit den Menschen, die aus der Ukraine gekommen sind, die schnell in Bildungsinstitutionen und Arbeit gebracht wurden“, sagte Grünen-Parteichefin Lang am Sonntagabend im ARD-“Bericht aus Berlin“. Gleichzeitig sehe sie aber auch, dass es dabei große Probleme gebe und an bestimmten Stellen zu Belastungen komme. Vor allem das „mangelnde Geld“ sei ein Problem. Von der Bundesregierung war die Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung bisher abgelehnt worden.
Die Kosten zur Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden ist Zankapfel zwischen Bund und Ländern. Dass der Bund die Länder dabei finanziell unzureichend unterstütze, geht aus einem Papier der Länderfinanzminister hervor, das nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagabend einvernehmlich abgestimmt worden ist. Darin beklagen die Länder Kürzungen bei Kostenübernahmen durch den Bund und infolgedessen eine völlig unzureichende Finanzausstattung angesichts wachsender Belastungen.
Regierungssprecher: Bund trägt großen Anteil
Die Landesfinanzminister machen diese Rechnung auf: „Ein Großteil der Leistungen des Bundes sind befristet und fallen ab 2024 weg“, bilanzieren sie. Geregelt sei derzeit lediglich die jährliche Flüchtlingspauschale über 1,25 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu hätten die Länder vom Bund in den Jahren 2022 und 2023 dafür 4,5 Milliarden beziehungsweise 2,8 Milliarden Euro erhalten. „Im Jahr 2016 betrug die Zahlung von Bund sogar 9,1 Milliarden Euro“, halten sie mit Blick auf die zurückliegende Fluchtbewegung fest.
Der Bund trägt nach eigenen Angaben bereits einen erheblichen Teil der Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. „Der Bund hat in den vergangenen Jahren sich massiv in der Finanzierung auch der Flüchtlingskosten engagiert und hat mehr und mehr auch der Kosten übernommen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. „Richtig ist, dass die Kommunen vor finanziellen Herausforderungen stehen“, sagte Hebestreit. Für deren Finanzsituation trügen aber die Länder die Verantwortung, direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen seien rechtlich nicht vorgesehen. „Insofern kann der Bund da auch nur bedingt helfen.“ Gleichzeitig sei es nicht akzeptabel, wenn die Kommunen wegen Geldmangel nötige Aufgaben nicht übernähmen, es brauche Unterstützung. Darüber müsse nun gesprochen werden.
Asylrechtsverschärfungen lösen keine Probleme
Auf Kritik stößt die Debatte bei der Linkspartei. „Anstatt humanitäre und pragmatische Lösungen für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten zu suchen, geht es in der Asyldebatte momentan nur um Härte und Restriktionen. Das hilft keiner einzigen Kommune und schürt noch dazu rassistische Ressentiments“, erklärte Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, am Montag in Berlin. Die Leidtragenden seien die Asylsuchenden.
Die Linkspolitikerin kritisiert, die Länder und der Bund wollten auf dem Flüchtlingsgipfel massive Verschärfungen im Migrationsrecht auf den Weg bringen. „Die Ampel wirft ihr Versprechen eines fortschrittlichen Paradigmenwechsels in der Migrationspolitik damit vollends über Bord und setzt die Abschottungspolitik Horst Seehofers fort – sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene“, so Bünger. Probleme bei der Unterbringung dürften nicht instrumentalisiert werden, um aufenthaltsrechtliche Verschärfungen durchzusetzen. Das Asylrecht sei ein Menschenrecht, „das keine Obergrenze kennt“, erklärte die Linkspolitikerin. (dpa/mig) Aktuell Politik
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